Greenwashing adé

In 7 Schritten zur regenerativen Nachhaltigkeit

13.08.2024 von Anne M. Schüller
Umweltverträgliche Formen des Wirtschaftens werden für alle Unternehmen zum Muss. Die Transformation in eine regenerative, klimapositive Gesellschaft erfordert jedoch erhebliche Anstrengungen. Dieser Sustainability-Ratgeber für IT-Dienstleister hilft, sie zu bewältigen

Die "grüne" Economy nimmt mächtig Fahrt auf. Im Zusammenspiel mit digitalen Technologien entwickelt sie sich zum Geschäft der Zukunft. Wer die Lebensqualität der Menschen verbessert, dem Wohl des Planeten dient und die Welt ernsthaft zu einem besseren Ort machen will, den unterstützen wir gern. Solche Anbieter sind in der Lage, die besten Mitarbeitenden und die besten Kunden für sich zu gewinnen, eine mitteilungsfreudige Gefolgschaft von Anhängern um sich zu scharen und reichlich positives öffentliches Interesse auf sich zu ziehen.

Aus dem früheren, unerbittlichen Wachstumsparadigma um jeden Preis, das die bewusste Zerstörung des Planeten in Kauf nahm, wird eines, das auf umwelt- und sozialverträglichen Wohlstand zielt. Bereits 1994 hat der britische Autor John Elkington dafür den Begriff der "Triple Bottom Line" geprägt, wonach ein Unternehmen neben der ökonomischen auch eine ökologische und eine soziale Bilanz vorlegen soll: mit den Kategorien Planet, People und Profit. Nicht nur das Zahlenwerk, auch die moralische Bilanz muss fortan stimmen, um zukunftsfähig zu sein.

Etikettenschwindel und Absichtsgedöns

In einer Stepstone-Studie aus dem Jahr 2023 sagten mehr als drei Viertel der 12.000 Befragten in Deutschland, dass das Thema Nachhaltigkeit für sie einen hohen Stellenwert bei der Arbeitgeberwahl hat. Und nicht nur das. Unter dem Begriff "Climate quitting" nimmt ein neues Phänomen Fahrt auf: Beschäftigte kündigen ihren Job, weil ihr Unternehmen ihrer Ansicht nach nicht genug für den Klimaschutz tut.

Doch immer noch versuchen viele Anbieter, bestehende Geschäftsmodelle so lange wie möglich zu schützen. Viel "Grünes" wird versprochen, doch wenig passiert. In Wirklichkeit haben ganze Industriezweige kaum Interesse daran, dass sich etwas ändert, weil das ihrem Profit - zumindest kurzfistig - schadet. "Greenwashing" ist insofern ein glasklares Zeichen dafür, hintendran zu sein, Trends verschlafen zu haben oder wie bisher weitermachen zu wollen.

Statt in Nachhaltigkeit zu investieren, werden Millionen in verlogene Werbung gesteckt. Willige Agenturen, die die hinterlistigsten Täuschungsmanöver ersinnen, gibt es anscheinend genug. Die Folge: Vertrauensschwund in die Unternehmen. Hinzu kommen weitere Umweltschäden, weil die Konsumenten sich aufgrund irreführender Werbeversprechen für Produkte entscheiden, die gar nicht umweltfreundlich sind.

Doch die Öffentlichkeit wird davon hören. Vieles wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Jeder Beschäftigte kann im Web darüber berichten, was hinter den Kulissen tatsächlich läuft. "Grüne" Vorgaukeleien werden enttarnt, Pseudo-Aktionen eiskalt überführt. Keine noch so gut gemachte Schönwetterkampagne kann auf Dauer darüber hinwegtäuschen, was ein Anbieter in Wirklichkeit treibt.

Zunächst das Ambitionsniveau klären

Eigentlich jedes Unternehmen macht in Sachen Umwelt- und Klimaschutz irgendetwas. Grundsätzlich ist auch jede Initiative begrüßenswert. Doch eine umfassende Strategie mit einem gemeinsamen Vorgehen wie aus einem Guss ist wirkungsvoller. Bevor Sie damit starten, gilt es zunächst, das Ambitionsniveau zu klären. Wollen Sie:

In jedem Fall gilt: Sustainability darf nicht in eine Abteilung gesperrt werden. Sie betrifft jeden im Unternehmen über alle Bereiche hinweg. Interdisziplinäres Agieren ist ein Muss. Das bedeutet: In jedem Bereich gibt es Verantwortliche für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Diese sind fortan die "Evangelisten" in Sachen Grün. Sie kümmern sich als crossfunktionale Gruppe um die Priorisierung der Aktivitäten, um das Maßnahmendesign und eine Umsetzung, die durch und durch wahrhaftig ist.

Nachhaltigkeitsstrategie in 7 Schritten

Nachdem diese Punkte geklärt sind, empfehle ich folgenden 7-Schritte-Handlungsplan:

Alles kommt auf den "grünen" Prüfstand

Verantwortungsvolle nachhaltige Vorgehensweisen beginnen damit, sein bisheriges Handeln kritisch zu hinterfragen und sämtliche Produkte, Services und Lösungen auf den "grünen" Prüfstand zu stellen. Hierzu werden diese wie folgt analysiert:

• Sind sie wirtschaftlich sinnvoll und rentabel?

• Sind sie ökologisch fair und sozial gerecht?

Das lässt sich in Form einer Matrix sichtbar machen, wie die Abbildung unten zeigt. Dem gehen ausgiebige Analysen und Diskussionen voraus. Zunächst werden die Kriterien definiert, die die Begriffe "wirtschaftlich," "ökologisch" und "sozial" determinieren. Hiernach werden die zu betrachtenden Lösungen bepunktet und in die Matrix eingetragen.

Wirtschaftlich sinnvolle ökologisch-soziale Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit sollten sofort ergriffen werden.
Foto: Anne M. Schüller

Die anschließenden Entscheidungen ergeben sich aus den Positionen in den einzelnen Quadranten. Die Lösungen im oberen rechten Feld haben Top-Priorität. Bei denen oben links und unten rechts gibt es Optimierungsbedarf. Die Lösungen unten links sind zu stoppen. Nachdem das entschieden ist, machen sich Umsetzungstrupps an die Arbeit.

Eine solche Herangehensweise ist hochstrategisch. Am besten eignet sich dafür ein interdisziplinär und cross-hierarchisch besetzter Initialworkshop. Arbeiten Sie unbedingt mit einer qualifizierten Moderation, da es zu durchaus kniffligen Momenten kommen kann.

Ich empfehle darüber hinaus, den Anlass mit dem Impulsvortrag eines externen Nachhaltigkeitsspezialisten zu beginnen, um einen Blick über den Tellerrand zu gewinnen. Ohne Input von außen gerät man schnell in eine Art Echokammer. Neue Blickwinkel verhelfen zu einer breiteren Lösungslandschaft, stellen Etabliertes infrage und öffnen für neue gute Ideen auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft.

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