Wenn die spätsommerlichen Temperaturen die Messehallen auf der IFA in Berlin aufheizen, dann denken die Konsumenten kaum an Weihnachten. Ganz anders sehen das die Fachbesucher aus Vertrieb und Handel: Hier steht ganz klar das Jahresendgeschäft im Mittelpunkt. "Wir nehmen die IFA zum Anlass, mit unseren Partnern gemeinsam das Weihnachtsgeschäft zu planen. Der Zeitpunkt im September ist hierfür perfekt", bestätigt Intel-Geschäftsführer Christian Lamprechter. Auch Gerd Holl, General Manager digital Product & Services Central Europe bei Toshiba, hält den Ausrichtungszeitraum vom 6. bis 11. September für "ideal", um mit den Händlern "in die Weihnachtsplanung einzusteigen und Verkaufsgespräche zu führen".
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die IFA grundlegend verändert. Früher standen noch die Radio- und Fernsehanstalten im Mittelpunkt. Live-Sendungen von der IFA galten als die Prestigeprojekte. Noch immer sind insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender präsent, doch längst ist die IFA zu einem internationalen Handelsplatz für Unterhaltungselektronik und Weiße Ware geworden. Dazu trug sicher auch die Umstellung auf den jährlichen Zyklus bei. Bis 2005 fand die internationale Funkausstellung nur alle zwei Jahre statt. "Die IFA hat sich in den vergangenen Jahren erfolgreich von einer publikumsorientierten zu einer stark vom Fachhandel getriebenen Messe entwickelt", stellt Michael Dopmeier, Leiter Indirekter Vertrieb bei AVM, fest. Man treffe auf der Messe die Fachhandelpartner, um die aktuelle Zusammenarbeit zu festigen und künftige gemeinsame Vorgehensweisen abzustimmen und zu planen.
Durch die jährliche Ausrichtung kommt die IFA allerdings mit der Photokina in Köln in Konflikt, die früher immer im Wechsel mit der IFA stattfand und nun alle zwei Jahre fast zeitgleich zur IFA die Pforten öffnet. Da aber 2013 ein Photokina-freies Jahr ist, erfreut sich die IFA in diesem Jahr wieder an dem besonderen Interesse der Fotobranche. "Die IFA, an der wir im Wechsel mit der Photokina alle zwei Jahre teilnehmen, ist für Canon eine wichtige Plattform für Konsumenten und Händler. Wir haben auf der Messe die Möglichkeit, unser aktuelles Portfolio zu präsentieren und die Interaktion unserer Produkte besonders anschaulich machen zu können", betont Frank Offermanns, Trade Marketing Manager bei Canon. Auf diesem Weg bekomme man ein direktes Feedback, wofür sich die Konsumenten interessieren und wie neue Trends und Produktkonzepte vom Markt angenommen werden.
IFA statt CeBIT
Ein weiterer Erfolgsfaktor der IFA ist die zunehmende B2B-Ausrichtung der CeBIT. Viele IT-Hersteller, die sich mit ihren Produkten an private Endkunden richten, fühlen sich so bei der IFA besser aufgehoben. Andere wiederum sind auf beiden Messen präsent, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen. "Die IFA ist die führende Messe für Konsumentenelektronk und daher für uns als Monitorhersteller ein unverzichtbarer Bestandteil des Aktivitätenkalenders", berichtet Thomas Schade, Vice President EMEA bei MMD, der Vertriebsorganisation von Philips-Monitoren. Neben den privaten Anwendern seien auch die Einkaufsentscheider der Branche vor Ort, um die Geschäfte für die umsatzstarke Saison zu vereinbaren. "Die IFA ist das wichtigste Event im Bereich der Unterhaltungselektronik in Europa. Hier treffen wir alle unsere Kunden wie Retailer, Händler und E-Tailer an. Die IFA ist und bleibt somit einfach 'the place to be' in unserer Branche", ergänzt Miriam Franke, Senior Marketing Manager bei SanDisk.
So sieht es auch Roland Schweyer, Director IT Cluster & B2B bei Samsung: "Als eine der weltweit größten und bedeutendsten Messen für Consumer Electronics und Home Appliances gehört die IFA für Samsung zu den wichtigsten Termin im Jahr", bestätigt der Samsung-Manager. Hier könne man nicht nur die neuesten Produkt-Highlights ausstellen, sondern auch gebündelt an einem Ort in einem kurzen Zeitraum viele intensive Gespräche führen.
Fernsehen ist Taktgeber
Natürlich stehen aktuelle Trends oder Themen, die die Hersteller gerne als Trends sehen würden, im Mittelpunkt der Schau. Seit dem Siegeszug des Fernsehens waren die technischen Innovationen in diesem Bereich Taktgeber der IFA. Unvergessen ist die Einführung des Farbfernsehens auf der IFA 1969 durch Bundeskanzler Willy Brand. Nachdem die in den vergangenen Jahren propagierte 3-D-Revolution nicht so eingeschlagen hat wie erwünscht und erwartet, konzentrieren sich die Protagonisten nun auf andere Themen aus dem TV-Segment. Jetzt geht es eher um höhere Auflösungen jenseits von HDTV Ultra-HD), neue Bildschirmtechnologien wie OLED und die Einbindung des Fernsehgeräts in das Heimnetzwerk oder die Darstellung von Internetinhalten über Smart-TV. Ein weiteres Thema ist die Steuerung und Interaktion der Fernsehgeräte mit mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets.
Auch die Geschäftswelt bleibt von den CE-Trends nicht unberührt. Ursprünglich eher für private Endverbrauche konzipierte Geräte werden gerne auch im Business eingesetzt. Bestes Beispiel sind dafür Smartphones und Tablets. Bei den Ausstellern stehen zwar die Konsumenten im Vordergrund, doch viele Hersteller blicken über diesen Tellerrand hinaus: "Eine medienbruchfreie, konvergente und mobile Unternehmens-IT bildet vor dem Hintergrund der Technologietrends Cloud Computing, BYOD und Managed Information Services den Fokus unserer B2B-Ausrichtung", erläutert Samsung-Director Schweyer. Deshalb präsentiert der koreanische Konzern auch die B2B-Welt auf der IFA. So ist nicht nur der CE-Handel willkommen. Auch für ITK-Fachhändler und Systemhäuser steht das Samsung-Vertriebsteam im speziell in Halle 19 ("Palais") eingerichteten Fachhandelsbereich für Gespräche zur Verfügung.
Ein weiteres Beispiel demonstriert Canon: Zwar steht der IFA-Auftritt der Japaner vornehmlich im Zeichen des Kamerabereichs, doch auch die Dokumentenscanner mit Dokumentenmanagement- und Workflow-Lösungen finden ihren Platz im Canon-Zelt auf dem Sommergartengelände.
Im Haushalt wird alles vernetzt
Die Heimvernetzung ist längst über die reinen Router und PCs hinausgekommen. "Vernetzte Welten sind das Thema unserer Branche für heute und in Zukunft", meint Katja Förster, Unternehmenssprecherin beim TK-Distributor Komsa. Die Herausforderung für den Handel bestehe aber darin, Kunden durch praktische Anwendungsbeispiele von den Lösungen zu überzeugen. "Hier wollen wir mit unserem Messestand einen Impuls setzen", berichtet die Komsa-Sprecherin. Neben dem vernetzten Heim will Komsa auch Lösungen aus den Bereichen Healthcare und Outdoor präsentieren.
Die Vernetzung von CE-Geräten untereinander und ihre Verbindung mit Haushaltsgeräten, der Heizungsanlage oder der Beleuchtung sind ein weiterer Trend, der in den nächsten Jahren noch an Bedeutung gewinnen wird. Die Ausrichtung der IFA, bei der auch Haushaltsgeräte einen breiten Raum einnehmen, bietet somit die ideale Plattform für dieses Thema.
Auch bei AVM steht der Messeauftritt unter dem Motto "Alles für das Heimnetzwerk". "Wir präsentieren die moderne, einfache und sichere Heimvernetzung mit aktuellen und künftigen Fritz-Produkten", kündigt AVM-Vertriebschef Dopmeier an. Zudem will Dopmeier die Reseller in Berlin über neue Möglichkeiten durch LTE informieren. "Wir bieten den Fachhändlern die Möglichkeit, dem Endkunden ein Set aus bester Hardware und bestem Anschluss zu verkaufen, mit sehr großen Verdienstmöglichkeiten für den Handelspartner", verspricht er.
Smartphones und Tablets an jeder Ecke
Ganz neu ist der Smartphone- und Tablet-Trend zwar nicht, doch auch diese Produkte werden auf der diesjährigen IFA große Aufmerksamkeit erregen und den entsprechenden Raum einnehmen.
So schwinden zwischen den mobilen Produkten die Grenzen. Tablets kombiniert mit Tastaturen brechen in die Domäne der Notebooks und Netbooks ein. "Wir zeigen außergewöhnliche Gerätedesigns verschiedener Hersteller in einem riesigen Showcase", verkündet Intel-Chef Lamprechter. Dabei sollen die neuesten Geräte auf Basis der vierten Generation der Intel-Core-Prozessoren im Mittelpunkt stehen.
Auch zwischen Smartphones und Tablets schwinden die Grenzen. So wird es auf der IFA kompakte Tablets zu sehen geben, die nicht viel größer sind als übergroße Smartphones. Damit findet jeder das für ihn passende Gerät. In Halle 9 sind unter anderem mit ENO, Herweck und Komsa namhafte TK-Distributoren vertreten, die den Fachhändlern Hilfestellung bieten, ihren privaten und kommerziellen Kunden die auf sie zugeschnittenen Produkte anzubieten. (awe)