In einem aktuellen Urteil erläutert der Bundesgerichtshof (BGH), wie Eltern die Internetaktivitäten ihrer minderjährigen Kinder beaufsichtigen müssen. Denn immer wieder kommt es vor allem bei Internettauschbörsen zu Urheberrechtsverletzungen.
Im Kern fordert der BGH: Eltern müssen ihre Kinder über die Rechtswidrigkeit von Internettauschbörsen belehren und ihnen die Teilnahme daran verbieten. Anderenfalls verletzen sie ihre Aufsichtspflicht und werden schadensersatzpflichtig. Das kann schnell teuer werden. Forderungen in Höhe von mehreren tausend Euro sind nicht unüblich.
Tochter lädt illegal Musik aus dem Internet herunter
Im vorliegenden Fall (Aktenzeichen: I ZR 7/14) nutzten eine Mutter, ihr 16-jähriger Sohn und ihre 14-jährige Tochter gemeinsam einen Internetanschluss. Die Tochter räumte ein, über diesen Anschluss illegal Musikdateien aus einer Tauschbörse heruntergeladen zu haben. Die Mutter allerdings behauptete, die Tochter über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Musiktauschbörsen belehrt zu haben. Sie habe deshalb ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt und sei auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
BGH: belehren und verbieten
Zu diesem Fall führt der BGH in einer aktuellen Pressemitteilung (Nr. 92/2015) aus: "Zwar genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt."
Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 18
Raubkopien mit Dienst-Drucker hergestellt – Rauswurf Die Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung privater Raubkopien kann zu einer fristlosen Entlassung durch den Arbeitgeber führen.
Gekaufte Bewertungen und unlautere Werbung Wie ist es rechtlich zu werten, wenn in Bewertungsportalen oder auf Plattformen wie Youtube oder Facebook mit Empfehlungen geworben wird, die tatsächlich gar nicht oder aber nur gegen Vergünstigung abgegeben wurden?
Altersdiskriminierende Kündigung Kann ein Arbeitgeber keinen ausreichenden Beweis dafür anbieten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ einer Mitarbeiterin zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt, ist eine Entlassung unwirksam.
Urlaubskürzung und Elternzeit Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Das hat Auswirkungen auf die Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers.
Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen Die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen, die grundsätzlich dem Vermieter obliegt, wird in der Regel durch Renovierungsklauseln auf den Mieter abgewälzt. Hierzu sind drei wichtige Urteile ergangen.
Hälftige Haftungsverteilung bei Auffahrunfall im Einzelfall kann auch ein Betrunkener Anspruch auf Schadenersatz haben, sofern die Alkoholisierung keinen Einfluss auf den Ursachenhergang eines Verkehrsunfalls hatte.
Handelsvertreter oder angestellter Außendienstler? Erst durch die laufende Informationspflicht wird ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation eines Unternehmens eingebunden. Geht er dabei zu weit, kann das unliebsame Folgen für beide Seiten haben.
Ist eine nachträgliche Befristung wirksam? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 4.3.2015 (2 Sa 31/14) über eine nachträgliche Befristung eines zuvor unbefristeten Arbeitsverhältnisses entschieden.
Handwerkern Zutritt verweigert Der Bundesgerichtshof hat zur fristlosen Kündigung des Vermieters wegen verweigerter Instandsetzungsarbeiten entschieden.
Berechnung des Teilurlaubs – weniger Anspruch als gedacht Ein Zwölftel des Jahresurlaubs wird nur für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erworben. Dies kann zu deutlich geringeren Urlaubsansprüchen führen als angenommen.
Arbeitsvertrag – falsche Tatsachen vorgetäuscht Wer durch arglistige Täuschung oder eine widerrechtliche Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung gebracht worden ist, kann diese Erklärung anfechten. Stefan Engelhardt nennt ein Beispiel.
Wer arbeitet, hat Anspruch auf Bezahlung Werden über den Rahmen des Praktikums hinaus Leistungen erbracht, die von der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Art und Weise erheblich abweichen und die nur gegen Zahlung der üblichen Vergütung zu erwarten sind, muss hierfür die übliche angemessene Vergütung gezahlt werden
Kein Rückzahlungsanspruch bei Schwarzarbeit Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das Entgelt für Schwarzarbeit muss auch dann nicht zurückgezahlt werden, wenn die erbrachte Leistung mangelhaft ist.
2 x Arbeitgeber = 2 x Urlaub? Gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist.
Wie muss Belehrung aussehen?
Nach diesen Ausführungen des BGH stellt sich im beschriebenen Fall die Frage: Warum muss die Mutter für das Verhalten ihrer Tochter haften? Schließlich habe sie ihre Tochter doch über die Rechtswidrigkeit von Musiktauschbörsen belehrt. Das Problem für die Mutter: Sie hatte für ihre Kinder allgemeine Regeln zu einem "ordentlichen Verhalten" aufgestellt. Dies reiche insoweit nicht aus, so die Richter. Leider führt der BGH in seiner Pressemitteilung nicht weiter aus, wie eine konkrete Belehrung auszusehen hat.
In einem ähnlichen Fall (Aktenzeichen: I ZR 74/12) hatten die Karlsruher Richter es als ausreichend erachtet, dass die Eltern mit ihren Kindern immer wieder über das Thema des illegalen Downloads von Musik und Filmen aus dem Internet diskutiert und ihnen dies ausdrücklich untersagt haben. Ich persönlich notiere mir deshalb immer das Datum und den Anlass, wenn ich mit meinen Kindern mal wieder über das Internet und seine Gefahren diskutiere - auch wenn ich dafür von Freunden und Verwandten stets belächelt werde. (bw)