Eric Schmidt, ehemaliger Google-Chef, sieht zum Ende des Jahrzehnts jeden von uns digital vernetzt. Die digitale Transformation ist in vollem Gange, auch in den Unternehmen. Der Marktplatz wird zunehmend digital, seine Waren und Dienstleistungen sind fast sämtlich online zu haben. Laut einer Forrester Studie bestimmen die Kunden, wann, wo und wie sie Informationen aufnehmen.
Nach personalisierten Empfehlungen einkaufen, Strategiespiele mit Gleichgesinnten weltweit, Video on Demand-Downloads oder die Erledigung von Behördengängen sind aus unserem digitalen Leben nicht mehr wegzudenken. Aber waren da nicht auch noch die Identitäten?
Unternehmen, die sich digital engagieren, müssen das Identitätsmanagement in den Mittelpunkt ihrer Strategie stellen. Aber was ist Identitätsmanagement überhaupt, worum geht es dabei?
Identitätsmanagement! Was ist das?
In seiner einfachsten Form ist Identitätsmanagement (IM) die Erstellung und Verwaltung von Benutzern und Elementen sowie von Regeln für den Online-Nutzungsspielraum. Durch die Zahl der Anwendungen, Geräte und sonstigen Faktoren, die bei dieser Art von Entscheidungen berücksichtigt werden müssen, steigt jedoch die Komplexität. Dabei müssen für jede Anwendung (intern oder ausgelagert) die Identitätsmanagementfunktionen externalisiert werden, damit eine zentrale Verwaltung von Benutzern und Elementen sowie deren Anmelde- und Autorisierungsrichtlinien möglich ist. Bei bestimmten Unternehmen kann dies Hunderte oder Tausende von Apps mit Online- Interaktion umfassen, für die das Identitätsmanagement erforderlich ist.
Herkömmliche Identitätsmanagement-Systeme beruhen auf monolithischen Plattformen, die vornehmlich auf die Verwaltung von internen Mitarbeitern ausgelegt sind. Für die Entscheidungsfindung werden statische Regeln angewendet und die Integration weiterer Anwendungen wie auch die Erweiterung auf ein Vielfaches an Usern ist aufwändig. Die Möglichkeiten herkömmlicher IMs sind begrenzt und können langfristig den wachsenden Anforderungen nicht gerecht werden.
Die Identität ist also eine zentrale Anforderung für digitales Wachstum eines Unternehmens. Denn im Zeitalter von maßgeschneiderten Produkten und Diensten für den Kunden wachsen auch die Ansprüche an Identitätsverwaltungssysteme. Um mit Angeboten in den Bereichen Cloud-Computing, mobilen Systemen und Internet der Dinge wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es, einer Vielzahl von Kunden eine nahtlose, personalisierte Nutzerfahrung über mehrere Produkte und Endgeräte hinweg zu bieten.
Die Verwaltung von Identitäten spielt hierfür eine tragende Rolle und ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Wertversprechens eines Unternehmens. Dies fordert ein IM, das flexibel und beliebig skalierbar ist. Unternehmen müssen ihre Kunden identifizieren und auf relevante Art und Weise mit ihnen interagieren, unabhängig davon, ob sie über Laptop, Mobiltelefon, Tablet, von einem vernetzten Automobil oder von einem in der Kleidung integriertes, vernetztes medizinisches Gerät für die Nutzung zu Hause erfolgt.
Kundenzentriertes Identitätsmanagement:
Wer oder was interagiert? Welcher Nutzungsspielraum ist online möglich?
Der Ansatz des kundenzentrierten Identitätsmanagements (Identity Relationship Management, IRM) ist den Herausforderungen der Flexibilität, Skalierbarkeit und dem Internet der Dinge gewachsen. Oberstes Prinzip von IRM ist das Erfordernis eines unternehmensweit einheitlichen Identitätsmodells.
Dies ermöglicht es, die Verwaltung von Identitäten auf wiederholbaren Prozessen zu gründen und gestattet die Skalierung der Identitätsverwaltungs-Plattform auf Millionen zeitgleich verbundene Benutzer und Geräte. Jedem Endbenutzer wird ein Kundenprofil zugeordnet, das unternehmensweit und abteilungsübergreifend sichtbar ist. Zudem nutzen IRM-Systeme für zugriffs- und sicherheitsrelevante Entscheidungen den Echtzeitkontext. Anhand von diesen dynamisch erfassten Daten werden Kundenprofile erstellt, die dem Unternehmen ein anschauliches Bild von den Nutzungsgewohnheiten des Kunden vermitteln.
Die Vorteile von IRM liegen dabei auf der Hand - es erlaubt ein besseres Kennenlernen des Kunden. Zudem werden die Kundendaten nicht mehr siloartig in verschiedenen Geschäftsbereichen verwaltet, sondern alle Geschäftszweige übergreifend in eine zentrale Ansicht überführt und aufbewahrt. Sämtliche Geschäftseinheiten können dadurch schneller, einheitlicher und im Rahmen einer engeren Zusammenarbeit auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse reagieren. Die genaue Kenntnis der Nutzergewohnheiten ermöglicht es Unternehmen, ihr Angebot für jeden Kunden zielgerichtet und passgenau zu verbessern.
Wie lässt sich IRM in Unternehmen einsetzen?
Ein Anwendungsbeispiel dafür sind unter anderem Versicherungsunternehmen, bei denen Kunden jeweils mehrere Versicherungen abgeschlossen haben, z. B. eine Haftpflicht- und eine Lebensversicherung. Beide Produkte sind verschiedenen Geschäftsbereichen im Unternehmen angegliedert, für den Kunden bestehen verschiedene Policen und jeweils andere Sachbearbeiter. Die zentrale Identitätsverwaltung im Sinne von IRM bietet hierfür sowohl für die Versicherung als auch für den Kunden eine Erleichterung: Für den Kunden ist es einfacher, Änderungen, z.B. der Kontaktdaten, in all seinen Policen vornehmen zu lassen.
Dem Unternehmen wiederum bietet sich ein umfassendes Bild des Kunden und es kann auf Grundlage der hinterlegten Daten - z. B. Wohnort, Art der Policen und Versicherungswerte - besser verstehen, wie es ihn unterstützen kann. Die Versicherung erhält dadurch die Möglichkeit, dem Kunden weitere Produkte anzubieten, die diesen möglicherweise interessieren. Dieser erhöhte Nutzen durch personalisierte Angebote steigert die Zufriedenheit und stärkt die Kundenbindung.
Dieses Prinzip funktioniert auch im Rahmen von Connected Cars: Das Auto kann persönliche Daten aufzeichnen, speichern und so nutzen, dass den Bedürfnissen des Kunden entsprochen wird. Durch IRM können die gespeicherten Einstellungen des Kunden auch für das nächste Fahrzeug, das dieser bei dem Hersteller kauft, übertragen werden. Der Kunde wird also für seine Treue durch ein Produkt belohnt, das alle seine Vorlieben kennt.
Datenschutz und Sicherheit mit IRM
Auch im Hinblick auf Sicherheit und Datenschutz bietet IRM Vorteile für den Kunden: Da es auf eine dynamische Entscheidungsfindung ausgelegt ist, bestimmen kontextbasierte Parameter, ob und in welchem Umfang Zugriff gewährt wird. Beispielsweise können die Zugangsdaten des Nutzers - also Benutzername und Passwort - korrekt sein, doch erfolgt der Login über eine unbekannte IP-Adresse zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt, setzt das System weitere Verifizierungsmechanismen in Gang, um zu ermitteln, ob es sich bei dem Benutzer auch um die hinterlegte Identität handelt.
IRM unterstützt außerdem Standards wie OAuth2, OpenID Connect und SCIM sowie insbesondere User-Managed Access (UMA). Zweck von UMA ist es, die Kontrolle der Autorisierung von Online-Apps und -Diensten, Daten der jeweiligen Person weiterzugeben. Nutzer können dadurch selbst Autorisierungsrichtlinien definieren und die Art des Zugriffs bestimmen. Hier zeigt sich deutlich, dass im Kontext von IRM der Sicherheitsbegriff mehr umfasst, als "nur" den Schutz der Kundendaten: Er ist ein besonderer Bestandteil des Wertversprechens eines Unternehmens.
IRM kann die Markteinführungszeit beschleunigen
Nicht nur eine verbesserte Sicherheit kann Unternehmen dazu verhelfen, sich von den Mitbewerbern abzuheben. IRM erleichtert auch den Rollout neuer Produkte entsprechend der sich immer mehr verkürzenden Entwicklungs- und Produktzyklen. Durch Ausrichtung auf reproduzierbare Prozesse und die Möglichkeit, sämtliche Geräte anzubinden, ist die Implementierung neuer Identitäten schnell und einfach umsetzbar. Dies sollten sich Unternehmen frühestmöglich zu Nutze machen, um dem Mitbewerb einen großen Schritt voraus zu eilen.
IRM als Unternehmensstrategie
Unternehmen, die jederzeit und von jedem Ort, Gerät oder Element benutzerfreundliche Kundenanforderungen schaffen können, erfüllen deren Bedürfnisse und gewinnen rasch Neukunden hinzu. Voraussetzung dafür ist jedoch, der gestiegenen Bedeutung des Identitätsbegriffs Rechnung zu tragen und bei der Verwaltung von Identitäten den Kunden ins Zentrum zu rücken. Denn so kann es gelingen, neue Maßstäbe in der Kundenansprache zu setzen, geschäftliche Bedürfnisse abzustimmen und langfristig den Geschäftswert des Unternehmens zu steigern. Ziel ist der "Return on Identity". (rw)