Drei Jahre nach dem viel beachteten Erfolg in der Quizshow Jeopardy! des US-Fernsehens, bei dem ein Computer die besten menschlichen Quizteilnehmer besiegte, hat IBM Anfang Januar das System Watson als kommerziell verfügbare Technik "lernender Systeme" auf dem Markt gebracht.
Obwohl in vielen Watson-Artikeln immer wieder von einem Supercomputer Rede ist, ist das technisch nicht korrekt. Supercomputer sind im IT-Jargon HPC-Maschinen (High Performance Computer) die in erster Linie in "Massiver Parallelverarbeitung" laufen. Bei Watson dagegen setzt IBM auf so gängige Techniken wie Systeme mittlerer Größe mit Power-Prozessoren (Modell 750), Enterprise Linux von Suse als Betriebssysteme sowie schnell lernende Algorithmen für das Lesen großer, textbasierter Datenbanken.
Die als Service-Leistung aus der Cloud geplante neue Technologie hat sich seit der Quizshow technisch gewaltig verbessert: 24 Mal schneller, um 2.400 Prozent leistungsfähiger und 90 Prozent kleiner als das in Fernsehen eingesetzte System. Es konnte von der Größe eines Raumes auf die von drei "Pizza-Boxen" geschrumpft werden und ist so kommerziell leichter vermarktbar. Einsatzgebiete sind derzeit vor allem Medizin und Pharma, die Finanzwelt sowie die Kundendienste des Handels.
Starke Prozessoren für große Datenmengen
Wie Watson und andere Analytics-Projekte von Big Blue zeigen, setzt IBM stark auf Linux und OpenSource Komponenten zum Beispiel Apache Hadoop. Diese von der x86-Plattform bekannten Ansätze sollen auch auf IBM-Power-Prozessor-basierten Systemen für Erfolg sorgen. Enterprise Linux kommt dabei von Suse oder RedHat.
Als Antwort auf die im Linux-Markt vorherrschenden Intel Systeme mit 1- bis 4-Sockel setzt IBM auf eine speziell aufgelegte PowerLinux-Produktlinie. Dazu wurde zur kostengünstigen Aktivierungen von Prozessorkernen, Speicher und Softwarelizenzen für Virtualisierung ein Angebot mit dem Namen "Integrated Facility for Linux (IFL)" für den Betrieb von Linux Anwendungen auf den Power High-End Systemen angekündigt.
Der eingesetzte Power-Prozessor eignet sich nach Angaben von IBM wegen seiner vier parallelen Threads pro Prozessorkern und einer hohen Hauptspeicher- und I/O-Bandbreite besonders gut für die synchrone Analyse riesiger Datenmengen. Diese Aufgaben sind derzeit unter dem Schlagwort Big Data in aller Munde.
Für den Aufbau einer Private Cloud auf PowerLinux bietet IBM eine Lösung mit dem Software Stack - PowerVM Virtualisierung, PowerVC Management und SmartCloud Entry als Selfservice Komponente. Auf OpenStack basierende Cloud Lösungen auf der Grundlage der KVM Virtualisierung soll noch in diesem Jahr auf den PowerLinux Maschinen verfügbar gemacht werden.
PowerLinux unterstützt SAP-Anwendungen
Entsprechende kommerzielle Software auf PowerLinux soll entweder über eine wachsende Zahl von ISVs oder von IBM selbst angeboten werden. Schwerpunkte sind die Bereiche Cloud Computing, Big Data Analytics, Web-Applications- und SAP-Application-Server.
Klassisches Anwendungsfeld sind Web Applikationen. Sie sollen sowohl OpenSource basiert wie auch aufbauend auf den IBM WebSphere Application Server angeboten werden. Auch hier sei die hohe Prozessorleistung für Java Anwendungen von Vorteil, sagt IBM. Zusätzlich spare man bei kommerzieller Software deutlich an Lizenzkosten, auf jeden Fall aber Infrastrukturkosten, durch die geringere Anzahl benötigter Prozessoren. Die Sicherheit der PowerVM Virtualisierung ermögliche das Hosting von vielen parallelen Kunden.
SAP-Anwendungen werden nach Angaben von IBM bereits seit vielen Jahren unterstützt. Als Datenbanken kommen dafür IBM DB2 oder MaxDB zum Einsatz
IBM plant eine weitere Milliarde US Dollar in die Weiterentwicklung von Lösungen rund um Linux auf Power zu investieren. Das betrifft eigene Produkte und Leistungen, aber auch die Unterstützung von OpenSource Projekten und die kommerzieller Softwareanbieter. Dafür wurde ein Linux Kundencenter in Montpellier eröffnet, wo kostenlos Projekte in einer Cloudumgebung auf PowerLinux entwickelt und getestet werden können. (hal)