Krise? Welche Krise?

IBM strotzt vor Stärke

22.03.2009
IBM hätte die finanziellen Mittel, Sun Microsystems tatsächlich zu übernehmen. Aber auf welche Art und Weise ist Big Blue so stark geworden? Steve Janata* analysiert IBMs Partnerstrategie und die Auswirkungen einer Megafusion für den Channel.

IBM hätte die finanziellen Mittel, Sun Microsystems tatsächlich zu übernehmen. Aber auf welche Art und Weise ist Big Blue so stark geworden? Steve Janata* von der Experton-Group analysiert IBMs Partnerstrategie und Auswirkungen einer Megafusion für den Channel.

Zugegeben, es kommt nicht allzu häufig vor, zumal in diesen Zeiten, dass man sich als Analyst dazu genötigt sieht, einem Tanker dieser Größe zu bescheinigen, derart klar auf Kurs zu liegen. Aber im Falle von IBM bleibt einem derzeit gar nicht viel anderes übrig. Und damit sind gar nicht einmal die hervorragenden Zahlen gemeint, die IBM Quartal für Quartal abliefert. Das alleine ist zwar auch aller Ehren wert, spiegelt aber lediglich den Erfolg der Vergangenheit wider.

Viel beeindruckender ist die Tatsache, dass IBM derzeit zu den ganz wenigen Konzernen gehört, die nicht das Gefühl vermitteln, sich auf sich selber zu konzentrieren, sondern hauptsächlich auf seine Partner, die Kunden und deren Anforderungen und Lösungen. Nicht dass IBM keine Erfahrung damit hätte, wie man sich erfolgreich mit sich selbst beschäftigt. Nur derzeit scheint das nicht der Fall zu sein.

Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als hätte Big Blue keine Herausforderungen oder Probleme mehr zu meistern oder dass der Autor blind sei, aber IBM macht derzeit genau das, was die gesamte Branche ständig mantra-artig und selbstbeschwörend vorbetet, allerdings durch sträfliches Unterlassen zur hohlen Phrase hat verkommen lassen: die Krise als Chance nutzen!

Auch der geplante Coup mit der Übernahme von Sun Microsystems wäre durchaus als positiv zu werten, und demonstriert, dass IBM zurzeit die Schlagzahl hoch hält und es durchaus ernst meint mit dem aktiven Nutzen von sich bietenden Chancen.

Das zeigt sich auch an vielen anderen Stellen. Nehmen wir zum Beispiel das derzeit vielleicht wichtigste Zukunftsthema Cloud Computing. Hier startet IBM jetzt quasi von der Pole-Position. IBM ist derzeit wohl der einzige Anbieter, der einen 360-Grad-Blick auf das Thema hat und dort alle gängigen Ansätze aktiv treibt und offensiv vermarktet. Das Vertrauen, das man sich über Jahre im Outsourcing-Business erworben hat, und die lange Datacenter-Erfahrung kommen IBM jetzt beim Thema Cloud Computing zugute.

Nach dem erfolgten internen Umbau, ist IBM gerade beim Auf- und Ausbau der Partnership Solution Center. Ziel dieser Neuorganisation ist es, endlich mehr Kunden im unteren Mittelstand zu gewinnen. Im SMB-Segment liegt nämlich die derzeit wohl größte Schwäche des Konzerns. Viele mittelständische Kunden und Partner hatten bisher - sagen wir es vorsichtig - Respekt vor der komplexen Organisationsstruktur.

IBM strotzt derzeit vor Stärke
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Die derzeitige Neuausrichtung hin zum Mittelstand durch vereinfachte Strukturen vor Ort und weniger Komplexität scheint aber der richtige Ansatz zu sein. Zwar wird es nicht einfach in der praktischen Umsetzung, denn solche Paradigmenwechsel müssen erst erlernt und gelebt werden, und vielleicht wird es auch nicht so schnell gehen, wie man sich das seitens des Managements wünscht, aber über kurz oder lang werden diese Anstrengungen wohl Früchte tragen. Zumindest wenn IBM auch noch mehr Partner aus diesem Umfeld für sich gewinnt.

Wenn es dann noch gelingen sollte, bei der im Raum stehenden Übernahme von Sun dessen Partner-Ecosystem erfolgreich einzubinden, was sicherlich nicht einfach wird, dann wäre auch hier ein wirklich großer Schritt getan. Das Wichtigste hierbei wird sein, diesen Weg konsequent und klar zu beschreiten, sich die nötige Zeit zu geben und kein Porzellan zu zerschlagen.

Jedenfalls schafft sich IBM derzeit selber die besten Voraussetzungen, im Gegensatz zu vielen anderen wirklich gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen, denn der große Tanker IBM agiert derzeit als wendiges, angriffslustiges Schnellboot. (rw)