Amazon Paroli bieten

IBM plant neue Cloud-Services mit OpenStack

21.03.2013 von Eric Knorr und Hartmut  Wiehr
Seit einem Jahr ist IBM Mitglied bei OpenStack. Jetzt will Big Blue alle eigenen Cloud-Services auf die Open-Source-Plattform umstellen.
Was will IBM bei der OpenStack Foundation? Sicher nicht nur Geld ausgeben. Am Ende siegt immer das (wirtschaftliche) Eigeninteresse.
Foto: IBM

Seit einem Jahr ist IBM Mitglied bei OpenStack. Jetzt will Big Blue alle eigenen Cloud-Services auf die Open-Source-Plattform umstellen.
von Erich Knorr und Hartmut Wiehr
Der Erfolg von Amazon Web Services (AWS) lässt der Branche keine Ruhe. Mit sehr günstigen Preisen für das kurz- oder längerfristige Anmieten von Computing- und Storage-Ressourcen auf den virtuellen Maschinen in seinen Rechenzentren hat sich Amazon eine eigene Klientel in der Welt der Unternehmen geschaffen, die so gar nichts mit dem üblichen Online-Handel des Konzerns zu tun hat. Mit public, privaten oder hybriden Cloud-Services versuchen viele IT-Hersteller und -Dienstleister, etwas Ähnliches und Gewinnversprechendes aufzuziehen.

Mit der OpenStack Foundation gibt es eine freie Software für die Implementierung der dazu notwendigen Cloud-Infrastruktur – manchmal auch als Infrastructure as a Service (IaaS) bezeichnet. "Platinum"-Mitglieder der OpenStack Foundation sind unter anderem AT&T, Canonical, HP, IBM, Rackspace, Red Hat und Suse, gefolgt von den "Gold"-Mitgliedern wie Cisco, Dell, NetApp, Yahoo, Intel und VMware.

Checkliste Cloud-SLAs
Um zu beurteilen, ob ein Cloud-Provider kundenfreundliche SLAs anbietet, lassen sich folgende Kriterien anlegen und überprüfen:
Punkt 1:
Kurze und klare Gestaltung von Inhalt, Struktur und Formulierung.
Punkt 2:
Version in der Landessprache des Kunden.
Punkt 3:
Klare Definitionen von Fach- und Produktbegriffen zu Beginn.
Punkt 4:
Detaillierte Ankündigung und Planung der Wartungsfenster (Beispiel: "Viermal im Jahr an vorangemeldeten Wochenenden").
Punkt 5:
Leistungsbeschreibung in Tabellenform (Übersicht!).
Punkt 6:
Klar definierte Bereitstellungszeiträume für neue Ressourcen (Beispiele: Bereitstellung virtueller Server bei Managed Cloud in maximal vier Stunden; Bereitstellung kompletter Umgebungen oder dedizierter Server in fünf bis zehn Tagen).
Punkt 7:
Bereitstellung von klar abgegrenzten Konfigurationsoptionen für Ressourcen (Beispiel: Konfiguration von Servern nach Gigahertz, Gigabyte).
Punkt 8:
Einfach unterscheidbare Service-Levels (Beispiel: Silber, Gold, Platin); Abgrenzungskriterien können sein: Verfügbarkeit, Bereitstellungszeiten, fest reservierte Kapazitäten ja/nein, Support-Level (Telefon, E-Mail).
Punkt 9:
Bei IaaS-Angeboten unbedingt auf Netzwerk-Konfigurationsmöglichkeiten und Bandbreite achten (Volumen? Im Preis inkludiert ja/nein?).
Punkt 10:
Kundenfreundlicher Reporting- beziehungsweise Gutschriftenprozess (am besten aktive Gutschriften auf Kundenkonto; kein bürokratischer, schriftlicher Prozess; möglichst einfache Beweis- und Nachweispflicht für Kunden).
Punkt 11:
Reaktionszeiten und Serviceverfügbarkeit klar beschreiben (zentrale Hotline; Reaktionszeiten auf Incidents in Stunden).
Punkt 12:
Nennung der Rechenzentrumsstandorte mit Adresse und sonstigen Informationen wie Zertifizierungen und Tier.
Punkt 13:
Definition der Verfügbarkeiten: Unterschiede hinsichtlich Verfügbarkeit Server/VM und Verfügbarkeit Admin-Konsole definieren.
Punkt 14:
Erläuterung zu Möglichkeiten der SLA-Überwachung beziehungsweise des Incident-Reportings für den Anwender (Beispiel: Link auf Monitoring-Dashboard).

Alle Cloud-Lösungen auf OpenStack umstellen

Wie üblich in der Welt von Open Source – siehe besonders die diversen Linux-Varianten – gibt es unterstützende Firmen, die voll auf die freie Software setzen, und solche, die eigene Entwicklungen oder Dienstleistungen obendrauf packen (und sich das extra bezahlen lassen).

IBM war zwar schon seit etwa einem Jahr Mitglied bei OpenStack, ist aber erst jetzt mit eigenen Angeboten auf Basis dieser Plattform herausgekommen. In Zukunft sollen alle Cloud-Lösungen auf OpenStack umgestellt beziehungsweise mit dieser Software zusammen verkauft werden. Das erste gemeinsame Produkt soll IBM SmartCloud Orchestrator werden. Eine Beta-Version besteht bereits. Mit dem neuen Orchestrator werden Kunden in die Lage versetzt, Cloud-Dienste mittels einer Drag-and-Drop-Funktion zusammenzubauen.

Offiziell heißt es bei IBM, dass man sich jetzt auch bei Cloud und Virtualisierung auf Open Source und offene Standards verlassen wolle – so wie man es schon beim Web und bei Linux getan habe. Mark Collier, COO der OpenStack Foundation, hat den Ball aufgenommen und gegenüber unserer Schwesterzeitschrift InfoWorld in den USA den Schritt von IBM wie folgt kommentiert: "Wir haben immer davon geträumt, dass sich IBM eines Tages so bei OpenStack engagieren wird, wie man es in der Vergangenheit schon bei Linux und anderen Open-Source-Communities getan hat." IBM habe sich nun – nach einem Jahr Mitgliedschaft – voll zu OpenStack und einer Anpassung der eigenen Cloud-Produkte an die offenen Standards bekannt.

Offene Standards und Konkurrenz der Hersteller

Offenbar will sich IBM sogar stärker bei OpenStack engagieren, als es bisher Rackspace getan hat, zusammen mit der NASA vor drei Jahren Gründer der Foundation und ihres technologischen Ansatzes. IBM verfügt über das nötige Kleingeld und die Ressourcen, um so ein Projekt weiter voranzubringen. Schon bei Eclipse, der Open-Source-Entwicklungsplattform für das Web, hat der Konzern sein Faible für offene Standards bewiesen, und bei Linux und Apache war seine Unterstützung maßgeblich für den Erfolg in der Unternehmenswelt.

Viele Firmen unterstützen inzwischen die OpenStack Foundation.
Foto: OpenStack

Anders als Rackspace oder Red Hat will IBM keine Extra-Versionen von OpenStack vermarkten, heißt es bisher. Angel Diaz, IBM Vice President für Software-Standards, betont gegenüber InfoWorld: "Wir möchten stattdessen offene Lösungen herausbringen, wie es schon bei dem Apache HTTP-Server oder bei WebSphere der Fall war. Jeder moderne Applikations-Server enthält heute auch Apache-http-Code. Mit OpenStack wollen wir das gleiche in der Cloud-Welt erreichen."

Neue OpenStack-Version Folsom von IBM unterstützt

IBM hat seinen Einfluss in der OpenStack Foundation schrittweise ausgebaut. Der Konzern gilt inzwischen als drittgrößter Code-Lieferant für die Entwicklungsprojekte. Das zeigte sich zuletzt bei "Folsom", der sechsten Version der OpenStack-Software, die im September 2012 das Licht der Öffentlichkeit erblickte. IBM steuerte Elemente seiner "Smart Cloud Foundation" bei.

Zu den 185 neuen Features von Folsom gehören auch Verbesserungen bei virtuellen Netzwerken. Angeführt von einem Entwickler des Netzwerkspezialisten Nicira, der letztes Jahr von VMware aufgekauft wurde, hat man neue Plug-ins wie "Open vSwitch", das Open Source Netzwerkbetriebssystem "Ryu" sowie kommerzielle Komponenten von Cisco und Nicira eingefügt.

Diaz weist auch darauf hin, dass man bei IBM natürlich weiter eigene Wege gehen werde. So will man sich besonders um das Verschieben von Workloads von einer Cloud zu einer anderen kümmern. Dies sei ein entscheidender Punkt, um ein "Cloud-Lock-in" zu vermeiden. Die mangelnde Transparenz zwischen verschiedenen Cloud-Angeboten hat mit dazu beigetragen, dass sich viele Unternehmen noch zurückhaltend gegenüber dieser Technologie verhalten.

Was Gremien leisten

Wie bei fast allen Standardisierungsgremien in der Welt der IT haben die Mitglieder jeweils ihre besonderen Interessen. Und teilweise dienen die Gremiumssitzungen nur dazu, auszuhorchen, was die Konkurrenten wohl planen. Die OpenStack-Mitglieder Piston Cloud, Rackspace, Red Hat und andere haben bereits angekündigt, weiter ihre eigenen kommerziellen Varianten der OpenStack-Software auszuliefern. Bald soll es auch die erste OpenStack-Appliance geben. Sie wird derzeit von dem Start-up Nebula vorbereitet, dessen CEO Chris Kemp früher CIO der NASA war, die zusammen mit Rackspace den Anstoß für OpenStack gab.

Die OpenStack Foundation hat inzwischen weltweite Unterstützung.
Foto: OpenStack

Während HP und Rackspace bereits ihre Public-Cloud-Versionen von OpenStack vorgestellt haben, besteht hier bei IBM noch eine Lücke. IBM müsste eigentlich als Service-Company ein Interesse haben, ebenfalls Public-Cloud-Angebote als Self-Service-Downloads anzubieten. Bisher geht das nicht ohne umständliche Kontakte mit IBM-Mitarbeitern.

Was IBM wirklich will

Angel Diaz macht kein Geheimnis aus IBMs Ambitionen: "Unser Ziel ist es ganz klar, über den Cloud-Layer von OpenStack, der Infrastructure-as-a-Service (IaaS) ermöglicht, eigene Angebote für ähnliche Cloud-Services zu entwickeln. Das ist das, was wir wollen."
(Der Beitrag wurde von der CP-Schwesterpublikation CIO übernommen / rb)

Einsatzgrad im Mittelstand verdoppelt
Mit einem Anteil von 22 % der Unternehmen im dritten Quartal 2012 hat sich der Einsatzgrad gegenüber dem Vorjahresquartal nahezu verdoppelt.
Auseindandersetzung wird intensiver
Das Thema Cloud-Computing manifestiert sich im Mittelstand. Mittlerweile hat sich fast jedes zweite Unternehmen (47 %) mit Cloud-Computing sehr intensiv bzw. intensiv auseinandergesetzt.
Wer sind die Cloud-Treiber im Unternehmen?
Treiber für Cloud-Computing ist meist die unternehmenseigene IT, oftmals auch in Abstimmung mit der Fachabteilung. 14 Prozent der Befragten gaben an, dass Cloud-Computing von der Geschäftsleitung angestoßen werde. Dies sind vor allem überdurchschnittlich viele kleinere mittelständische Unternehmen. Noch im Herbst 2011 waren es gerade neun Prozent.
Welches Bereitstellungs-Modell wird bevorzugt?
Anwender geben der Private-Cloud grundsätzlich den Vorzug (46 %). Dennoch wurde der Public-Cloud über die letzten Quartale die zunehmend höhere Akzeptanz erneut bestätigt.