IBM "entmachtet deutsche Tochter"

04.07.2005
Die deutsche IBM-Tochtergesellschaft ist nicht mehr für die Ländergruppe Deutschland, Österreich, Schweiz (Central Region) verantwortlich.

Die deutsche IBM-Tochtergesellschaft ist nicht mehr für die Ländergruppe Deutschland, Österreich, Schweiz (Central Region) verantwortlich. Das berichtet unsere Schwesterzeitschrift "Computerwoche" in ihrer neuesten Ausgabe (Heft 26/2005).

Sie schreibt: "Im Zuge der Neuausrichtung der europäischen Organisation verlagert IBM die Zuständigkeit an den Standort Zürich. Die US-amerikanische Konzernleitung beschneidet damit auch die Kompetenzen von Johann Weihen, Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland. Nach der Umstrukturierung verantwortet er nur noch den deutschen Markt."

Als Grund für die Machtbeschneidung der deutschen Filiale, die insgesamt rund 25.000 Mitarbeiter beschäftigt, nennt der Bericht "die Zerschlagung der Machtzentren".

Das IBM-Hauptquartier in Armonk beobachte die Stuttgarter Niederlassung schon länger. Das Selbe gelte auch für das Management der italienischen Tochtergesellschaft. Sie war bislang für die IBM-Regionen in Südeuropa zuständig. Diese Aufgabe übernehme künftig der Standort Madrid, so die "Computerwoche". Sie schreibt weiter:

"Von einem Machtverlust der deutschen Tochter könne nicht die Rede sein, hält IBM-Sprecher Peter Gerdemann dagegen. Die künftige Organisation in Europa sei mit der heute bestehenden nicht vergleichbar. Statt der bisherigen Europa-Zentrale in Paris richte IBM zwei schlankere Einheiten in Zürich und Madrid ein. In diesem Konstrukt zeichne Zürich für die Region Nordosteuropa und Madrid für Südwesteuropa verantwortlich. Gerdemann: "Es geht darum, mehr Verantwortung in die lokalen Märkte zu verlagern und Entscheidungen dort zu treffen, wo die Kunden sitzen."

Arbeitnehmervertreter sehen die Entwicklung mit Sorge. "Wenn ein Emea-Headquarter mit 4000 Beschäftigen in zwei kleine Zentren mit jeweils 200 Mitarbeitern zerlegt wird, hat das schon eine besondere Bedeutung", kommentiert Rolf Schmidt, der für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat von IBM Deutschland sitzt. "In der Bankensprache würde man sagen: Armonk hat Westeuropa zurückgestuft von 'AAA' auf 'B'. Die Gewinnmargen sind zu niedrig, die Arbeitskosten zu hoch."

Den Bedeutungsverlust des deutschen Marktes belegt der Verdi-Mann mit Zahlen. In den 70er und 80er Jahren habe die deutsche Tochter rund zehn Prozent zum Konzernumsatz beigesteuert. Heute liege der Anteil nur noch bei fünf Prozent. Vor allem das starke Wachstum in Asien, verbunden mit der schwachen Geschäftsentwicklung in Europa, habe dazu beigetragen. Aus diesem Grund verlagere IBM massiv Personal in andere Regionen. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass der IT-Konzern in Indien rund 14.000 neue Stellen schafft (siehe "IBM entlässt 13.000 Mitarbeiter und stellt 14.000 in Indien ein"). Im Gegenzug streicht das Management rund 13.000 Arbeitsplätze in anderen Ländern, die meisten davon in Westeuropa.

Laut Schmidt hängen die überraschenden Veränderungen im Management von IBM Deutschland mit den Umbauplänen zusammen (siehe "IBM Deutschland ordnet Führungsspitze neu"). Beratungschef Martin Jetter scheidet aus der Geschäftsführung aus. Er soll Aufgaben auf europäischer Ebene wahrnehmen. Gleiches gilt für Finanzchef Rügen Leicht. Mit der für das Personalwesen zuständigen Geschäftsführerin Juliane Wiemerslage verlässt ein weiteres Mitglied das deutsche Führungsgremium. Wiemerslage wechselt zur Deutschen Bank. IBM-Sprecher Gerdemann mag in ihrem Ausscheiden lediglich eine "zeitliche Koinzidenz" erkennen. "Frau Wiemerslage wechselt zu einem unserer größten Kunden. Mit der Umstrukturierung hat das nichts zu tun."

Soweit der Bericht des Computerwoche-Redakteurs Wolfgang Hermann. (wl)