IBM entlässt in Europa - Arbeit und Geschäft wandern nach Osten

06.05.2005
Mit einem Stellenabbau in der Größenordung 10.000 bis 13.000 Arbeitsplätze, davon rund 60 Prozent in Europa, versucht IBM das schwächelnde Europageschäft in Griff zu bekommen.

Mit einem Stellenabbau in der Größenordung 10.000 bis 13.000 Arbeitsplätze, davon rund 60 Prozent in Europa, und einer europaweiten Restrukturierung der Managementstruktur will IBM viel Geld einsparen und sein schwächelndes Europageschäft auf Vordermann bringen.

Wie IBM-Finanzchef Mark Loughridge erklärte, werde der Löwenanteil des Stellenabbaus auf Deutschland, England, Frankreich und Italien entfallen - also in den Ländern, die zusammen rund ein Viertel des Gesamtumsatzes IBMs ausmachen, jedoch im ersten Quartal 2005 eine Umsatzrückgang von rund fünf Prozent verzeichneten.

Viele "wenig qualifizierte" Stellen sollen nach Osteeuropa verlagert werden - dazu zählen Buchhaltung, Bestellwesen und weitere interne Vorgänge. Des weiteren sollen Stellen bei der Dienstleistungstruppe "Global Services" dem (Investoren-) Bedürfnis zum Opfer fallen, eine ausbalancierte" Kostenstruktur in Europa entsprechend der viel und der wenig versprechenden Märkte zu schaffen. Es sei kein Geheimnis, erklärte Loughridge, dass sich der westeuropäische Markt seit geraumer Zeit schwach entwickelt habe und der Konzern, der im vergangenen Jahr eine Nettogewinn von über acht Milliarden Dollar bilanziert hatte, darauf reagieren müsse.

Der Stellenabbau wird auch massiv in die europäische Organisation mit ihren insgesamt 100.000 Mitarbeitern eingreifen. So soll die Europa-Zentrale in Paris entmachtet und folglich deutlich verkleinert werden. Anstelle dessen sollen in Madrid und Zürich Zentralen mit operativer Verantwortung ("Operating Hub" eingerichtet werden.

Auch die regionalen Filialen werden zurecht gestutzt: Von kleineren, regional oder lokal agierenden Einheiten mit mehr Kundennähe und mehr Verantwortung verspricht sich IBM eine Stärkung seiner Dienstleistungssparte.

Das heißt dennoch, dass entsprechend dem realen Marktvolumen Büros in den Regionen geschlossen werden. So hat IBM bereits in Schweden rund 500 Angestellte entlassen und Vertriebsbüros in fünf Städten dicht gemacht.

Was der Stellenabbau für Deutschland bedeutet, ist zur Stunde unklar. Während die Gewerkschaft Verdi beziehungsweise die IG Metall damit rechnet, IBM werde bis zu 2.500 Stellen, ein Zehntel der hierzulande zählenden Belegschaft, streichen, wollte IBM-Sprecher Peter Gerdemann nur bestätigen, dass der Stellenabbau in Deutschland deutlich mehr als die 580 Arbeitsplätze in Hannover und Schweinfurt betreffen werde. "Davon kann man ausgehen," sagte Gerdemann. "Ich schließe nichts ein, und ich schließe nichts aus."

Er sagte weiter, IBM wünsche, den Stellenabbau auf freiwilligem Weg hinzukriegen. Die Beratungen mit den Arbeitnehmervertretern liefen schon, und es würden "in den nächsten Wochen sehr intensive Gespräche" mit den Arbeitnehmervertretern geführt werden.

Klar erscheint, dass IBM seine regionalen und lokalen Managementstrukturen dem lauen Geschäft anpassen wird. Ebenso, dass es, wie nicht zuletzt der Verkauf der PC-Sparte an Lenovo zeigte, das Commodity-Geschäft mit Hard- und Softwareberatung verschmähen und margenträchtigere Dienstleistungen aller Art für Unternehmen (SMB, Großunternehmen et cetera) anbieten will. Was der Stellenabbau zu den Mittelstandsinitiativen beitragen kann - diese notwendige Klärung blieb IBM bisher schuldig.

Die Gesamtkosten für die Restrukturierung gibt IBM mit zwischen 1,3 und 1,7 Milliarden Dollar an. Bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahres sollen bis zu 500 Millionen Dollar eingespart werden. "Ein paneuropäisches Management ist nicht mehr notwendig", kommentierte Loughridge die gewandelte Perspektive des IT-Riesens auf Westeuropa. (wl)