ChannelPartner: Mit der cloud-nativen Plattform Hyland Experience (HxP) setzt Hyland für die Zukunft ganz auf die Cloud. Wieviel ist heute noch On-Premises? Und bis wann wird alles in der Cloud sein - oder wird es zumindest in absehbarer Zeit noch weiter On-Premises-Angebote von Hyland geben?
Heinz Wietfeld: Wir haben weltweit etwa 1.600 Kunden in der Hyland Cloud und die Zahl wächst täglich. Einige unserer Kunden haben sich auch für die Bereitstellung in ihren eigenen Cloud-Umgebungen entschieden. Wir holen unsere Kunden dort ab, wo sie gerade sind. Wenn sie sich für eine On-Premise-Bereitstellung entscheiden, unterstützen wir sie dabei.
Die bevorzugte Implementierungsmethode, um das Beste für das Unternehmen aus den Hyland-Lösungen herauszuholen, ist jedoch die Bereitstellung aus der Hyland Cloud. Mit der Hyland Cloud reduzieren wir Reibungsverluste für unsere Kunden. Außerdem können sie so die Vorteile kontinuierlicher Updates auf unserer nativen SaaS-Plattform voll ausschöpfen.
Cloud-Angebote von US-Firmen müssen in Europa und Deutschland einige zusätzliche Hürden nehmen. Nicht zuletzt der Healthcare-Bereich ist da sensibel. Wie gehen Sie dabei vor?
Wietfeld: Unser Cloud-Team arbeitet sehr eng mit unserem Compliance-Team zusammen, um die aktuellen Anforderungen zu unterstützen. In Europa und insbesondere in Deutschland gibt es sehr strenge Anforderungen an den Datenschutz und die Datensouveränität, wie zuletzt das Gesetz über digitale Dienste der EU gezeigt hat.
Um diesen Vorschriften gerecht zu werden, bleibt unser Cloud-Team flexibel, um sicherzustellen, dass wir eine Cloud-Infrastruktur bereitstellen, die in diesen Regionen die entsprechenden Richtlinien zur Datenverarbeitung und zum Datenschutz erfüllt. Außerdem blickt Hyland mit seinem Cloud Business bereits auf eine 20-jährige Geschichte und verfügt daher über sehr viel Erfahrung in diesem Bereich.
Aktuell verfügt Hyland über eine breite, sich teilweise aber auch überschneidende Produktpalette. Im ECM- und Content-Service-Umfeld ist es üblich, Produktereihen auch lange nach Übernahmen noch weiterzupflegen. Muss man bei manchen Angeboten aber doch irgendwann einmal einen Schlussstrich ziehen und sie zusammenführen?
Wietfeld: Unser langfristiges Ziel ist es, die Grundlage zu schaffen, um Innovationen voranzutreiben und Content Management mit einem einheitlichen Ansatz neu zu definieren. Auf dieser Grundlage können wir unseren Kunden Zugang zu den Vorteilen von Cloud, KI und intelligenter Automatisierung verschaffen und sie dabei unterstützen, einen größeren Nutzen aus ihren Investitionen in OnBase, Perceptive, Alfresco, Nuxeo und andere Plattformen zu ziehen.
In anderen Bereichen, etwa bei IT-Security, ist trotz einer Vielzahl an Anbietern ein deutlicher Trend zur Konsolidierung hin erkennbar: Besonders große Kunden setzen immer stärker auf Plattforen, die viele Module und auch Anbieter integrieren. ?Sehen Sie in Ihrem Markt eine ähnliche Entwicklung?
Wietfeld: Dies ist ein aktuelles Thema bei Hyland und bei intelligenten Content-Lösungen. Viele Unternehmen haben zahlreiche Repositories, und viele Anbieter verlangen, dass die Inhalte in ihren Repositories liegen. Wir bereiten uns darauf vor, auf der CommunityLIVE in den USA im September und auf unserem regionalen Summit in Amsterdam im Oktober, einen radikalen Wandel für Hyland und für unsere Branche anzukündigen. Ziel ist es, den Anforderungen unserer Kunden noch besser gerecht zu werden, insbesondere im Hinblick auf den Multi-Provider- und Multi-Repository-Aspekt.
In meiner Wahrnehmung ist Hyland eher ein Anbieter für große Firmen - obwohl zum Beispiel Alfresco durchaus auch mittelständische Kunden hatte. Unterschätze ich den Anteil am Midmarket?
Wietfeld: Jedes Segment unseres Kundenstamms ist für uns wertvoll, und wir entwickeln weiterhin Innovationen für Unternehmen jeder Größenordnung. Die meisten unserer Kunden sind Großunternehmen, aber über 40 Prozent unseres Kundenstamms sind kleinere und mittelständische Unternehmen.
Wie sieht die Partner-Strategie von Hyland aus?
Wietfeld: Die globale Partnerstrategie von Hyland zielt darauf ab, kooperative und für beide Seiten vorteilhafte Beziehungen mit Partnern auf der ganzen Welt zu pflegen, um die Kundenerfahrung kontinuierlich zu verbessern. Unser Ziel ist es, unsere Marktreichweite durch ein robustes Partner-Ökosystem zu erweitern, das Reseller, Integratoren und Technologiepartner umfasst.
Durch das Angebot umfassender Unterstützung, Schulungen und Ressourcen versetzt Hyland seine Partner in die Lage, unseren gemeinsamen Kunden einen außergewöhnlichen Mehrwert zu bieten. Die Strategie konzentriert sich auf Innovation und gemeinsame Entwicklung und stellt sicher, dass die Partner die innovativen Lösungen von Hyland nutzen können, um unterschiedliche Geschäftsanforderungen zu erfüllen.
Durch strategische Allianzen und das Engagement für den Erfolg der Partner stärkt Hyland seine globale Präsenz und treibt das Wachstum voran, indem es hochwertige, maßgeschneiderte Content-Services und Lösungen für eine breite Kundenbasis bereitstellt. Ende 2023 machen Partner mehr als 30 Prozent des weltweiten Software- und Serviceumsatzes aus, wobei der Anteil der Partner am DACH-Umsatz noch größer ist. Dies zeigt, wie wichtig unsere Partner für unser Geschäft sind.
Wie soll der Ausbau der Partnerbasis erfolgen?
Wietfeld: Die Erweiterung von Hylands globalem Partner-Ökosystem erfordert strategische Planung und Ausführung. Der Prozess beginnt mit der Definition klarer Ziele und Vorgaben. Daraufhin erfolgt die Identifizierung potenzieller Partner, bei der wir nach Unternehmen suchen, die unsere Vision teilen und in unser Ökosystem passen.
Ein entscheidender nächster Schritt ist die Entwicklung und klare Kommunikation unseres Wertversprechens, um den Mehrwert der Partnerschaft überzeugend darzustellen. Sobald potenzielle Partner eingebunden sind, konzentrieren wir uns auf die Überwachung und Bewertung ihrer Performance, um sicherzustellen, dass die Partnerschaft für beide Seiten erfolgreich verläuft oder wo wir unsere Partner noch besser unterstützen können. Gleichzeitig achten wir laufend auf rechtliche Aspekte und Compliance, um sicherzustellen, dass alle Partnerschaften den geltenden Vorschriften entsprechen.
Wo gibt es den meisten Bedarf an neuen Partnern? Welche Voraussetzungen sollten die idealerweise mitbringen?
Wietfeld: Der größte Bedarf an neuen Partnern ist nicht auf eine bestimmte Region beschränkt, sondern soll uns neue Möglichkeiten eröffnen. Eine wichtige Anforderung, die Hyland an neue Partner stellt, ist, dass sie auch über Fachwissen in Nischenmärkten oder Nischenlösungen verfügen. Unsere Erfahrung zeigt, dass Partner den größten Erfolg haben, wenn sie sich auf bestimmte Branchen, Bereiche und Schwerpunkte konzentrieren. Denn dann können sie ihre Marketing-, Vertriebs- und Support-Maßnahmen genau auf diese Anforderungen ausrichten.
Organisationen gehen Partnerschaften mit Hyland ein, weil es einen gegenseitigen Nutzen gibt. Hyland bietet erstklassige Lösungen und die Partner erweitern ihre Reichweite. Partner ermöglichen es Hyland, sich auf die Entwicklung hervorragender Produkte zu konzentrieren. Die wichtigsten Voraussetzungen für neue Partnerschaften sind der Wunsch und die Fähigkeiten, ihre Hyland-Praxis auszubauen. Am Ende möchten wir Win-Win-Situationen schaffen.
Wie viele andere Software-Anbieter auch, hat auch Hyland begonnen, Produkte über den AWS Marketplace anzubieten. Ist das nicht eine Gefahr für die Partner?
Wietfeld: Hyland ist sich bewusst, dass die Aufnahme eines Produkts in den AWS Marketplace bedeutende neue Möglichkeiten eröffnen kann. Dabei ist es jedoch wichtig, die Auswirkungen auf die Partnerbeziehungen immer mitzudenken und sorgfältig zu managen, um ein gesundes Ökosystem zu erhalten.
Hyland verfügt über gut etablierte Direkt- und Partnervertriebsmodelle. Die positiven Auswirkungen der Listung von Produkten sind weitreichend und bringen zahlreiche Vorteile mit sich, darunter eine erhöhte Sichtbarkeit und Reichweite durch die globale Präsenz von AWS sowie eine verbesserte Glaubwürdigkeit und ein größeres Vertrauen, da AWS-Produkte vor der Listung sorgfältig geprüft werden. Darüber hinaus wird der Beschaffungsprozess für Kunden vereinfacht, was sowohl für Hyland als auch für die Partner von Vorteil ist. Schließlich eröffnet die Präsenz im AWS Marketplace zusätzliche Dienstleistungsmöglichkeiten für Partner, was die Zusammenarbeit weiter stärkt.
Der sicherste Weg für Hyland, Risiken zu minimieren, ist eine klare Kommunikation und Zusammenarbeit mit unserer Partnergemeinschaft. Wir stellen sicher, dass unsere Partner verstehen, wie der AWS Marketplace in die Gesamtstrategie von Hyland passt und wie sie davon profitieren können.
Eine Frage, die aktuell unerlässlich ist: Wie sieht es bei Hyland mit KI aus?
Wietfeld: Unsere Vision ist es, Kunden effizient in die Cloud zu migrieren, ein differenziertes Content-Management mit KI und Metadaten anzubieten, was wir als Content Intelligence bezeichnen, und mit Content Enablement und Branchenlösungen eine schnellere Wertschöpfung zu erzielen. Wir werden unsere Kunden in die Lage versetzen, ihre eigene GenAI zu entwickeln und unsere eigenen GenAI-Funktionen bereitzustellen. Darüber hinaus bieten wir ihnen so die Möglichkeit, Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu vereinfachen.
Am Ende braucht es zwei Dinge, um mit KI Großes zu erreichen: Zum einen den Einsatz hochleistungsfähiger "echter" KI-Systeme und zum anderen - in einem ersten Schritt - eine hochperformante und sichere Plattform, auf der Unternehmen ihre KI-Projekte durchführen können und die die nötige Datenbasis verwaltet. Wir sehen hier vor allem unsere Nuxeo-Plattform als den perfekten ersten Schritt für Kunden, um "AI-ready" zu werden. Die Nutzer wollen superschnelle KI-Ergebnisse, und dafür braucht es zunächst eine superschnelle Plattform darunter.
Sind in Bezug auf KI die hohen Erwartungen gerechtfertigt - oder werden wir uns mit ersten, kleineren Schritten begnügen müssen? Wo ist der KI-Einsatz besonders vielversprechend?
Wietfeld: Die Erwartungen sind durchaus gerechtfertigt. Wenn Sie GenAI zum Beispiel nutzen können, um die digitalen Ergebnisse Ihrer Kunden entscheidend voranzutreiben, und nicht nur Party-Fragen zu beantworten ist das Potenzial enorm. Denken Sie an Dinge wie "Wie soll meine Reiseroute aussehen?" - das ist zweifelsohne unterhaltsam, aber es nutzt die Technologie nicht in einer Weise, die einen Unterschied macht und schöpft nicht ihr volles Potenzial aus.
Bei Hyland konzentrieren wir uns schon seit Jahrzehnten auf unstrukturierte Daten. Genau in diesem Bereich kann KI etwas bewirken. Alle C-Suite-Führungskräfte fragen sich, was sie mit ihren unstrukturierten Daten machen sollen, und genau hier sind wir seit über 30 Jahren erfolgreich: Wir setzen GenAI ein, um die echten, unstrukturierten, wichtigen Daten, die unsere Kunden benötigen, zu verarbeiten und Erkenntnisse zu gewinnen, und um einen tatsächlichen Wert daraus zu schöpfen. Gleichzeitig kann Hyland mithilfe seiner Plattform die nötigen Tools liefern, um unstrukturierte Daten in einem ersten Schritt für KI-Systeme zugänglich und nutzbar zu machen.