Hewlett-Packard in seiner heutigen Form ist bald Geschichte. Ab dem 1. November gehen die Konzernteile HP Inc. und HP Enterprise getrennte Wege. Auf der Kundenkonferenz Discover hat der IT-Konzern die weitere Marschroute erklärt.
Wir glauben, das ist die größte Aufspaltung ihrer Art, die es je gab", sagte John Hinshaw, Leiter des Bereichs Technology and Operations beiHP, Anfang Juni auf der Kundenkonferenz Discover in Las Vegas. Der Countdown dafür läuft: Ab dem 1. August sollen die beiden Firmenteile intern bereits getrennt operieren. In den darauf folgenden drei Monaten will HP testen, ob alles plangemäß funktioniert, bevor die Spaltung vollzogen wird. Klappt alles, soll diese am 1. November über die Bühne gehen. Bis dahin ist noch viel zu tun.
Im Zuge der Aufteilung müssten 50.000 Server in sechs Rechenzentren, 75.000 Schnittstellen und 2800 Anwendungen getrennt und aufgeteilt werden, sagte Hinshaw. Dafür habe HP in den vergangenen Jahren bereits seine IT-Infrastruktur konsolidiert. Die Kosten des Firmensplits wollte der HP-Manager nicht nennen. Insider sprechen von rund zwei Milliarden Dollar. Dieser Aufwand könnte sich jedoch an anderer Stelle lohnen. Alles, was im Zuge dieses Projekts geschieht, werde genau dokumentiert, berichtete Hinshaw. Daraus entstehe eine Art Template für Firmenaufteilungen. Mit diesem Know-how könne HP anderen Unternehmen, die den gleichen Weg gehen wollen, Dienstleistungen anbieten.
Mit der Teilung werden HPs Probleme nicht auf einen Schlag gelöst sein, räumte CEO Meg Whitman ein. Sie kündigte fortgesetzte Restrukturierungen an. HP müsse effizient arbeiten, um sich im globalen Wettbewerb behaupten zu können. Wir sind zuversichtlich, dass es gelingt, sagte Whitman vor den Kunden - "doch ich weiß, wenn wir unsere Kosten nicht in den Griff bekommen, wird es kein glückliches Ende geben."
Der Umbau wird nach der Aufspaltung also weitergehen. "Ich gehe davon aus, dass es in den kommenden Jahren noch einiges an Feintuning braucht", sagte Whitman. Was das für die Mitarbeiter bedeutet, ist noch nicht klar. Der Konzern hatte in den zurückliegenden Jahren rund 55.000 Stellen gestrichen, wobei der Umfang des Jobabbaus sukzessive immer wieder erweitert worden war. Aktuell arbeiten weltweit knapp 300.000 Menschen für HP.
Zukäufe geplant, verhandelt, abgebrochen
Um das Standing im internationalen Wettbewerb zu stärken, plant Whitman auch in Zukunft mit Akquisitionen. "HP ist zurück im Mergers-and-Acquisitions-Spiel", sagte die Managerin, ohne jedoch konkrete Ziele zu verraten. Man wolle selbst innovativ sein, sich dabei aber durch Zukäufe auch Impulse von außen sichern. HP hat auch in der jüngeren Vergangenheit laufend kleinere Betriebe zugekauft, mit größeren Akqusitionen jedoch kein glückliches Händchen bewiesen.
Im Zuge der noch von Whitmans Vorgänger Léo Apotheker eingefädelten Übernahme des britischen Softwareherstellers Autonomy für gut zehn Milliarden Dollar musste HP fast 8,8 Milliarden Dollar abschreiben und streitet sich bis heute mit den Autonomy-Verantwortlichen, ob diese die Zahlen ihrer Firma geschönt haben, um den Kaufpreis in die Höhe zu treiben. HP sitzen die Aktionäre im Nacken: Erst vor wenigen Tagen konnte der Konzern mit einer Zahlung über 100 Millionen Dollar eine Sammelklage verhindern, mit der Kläger rund um den Pensionsfonds PGGM nachweisen wollten, dass HP mit der Übernahme seine Sorgfaltspflicht verletzt habe.
Die große Frage ist nun, wie mutig HP Übernahmen in Zukunft angehen wird. So kursierten im vergangenen Jahr Gerüchte, HP wolle den Storage-Riesen EMC übernehmen. Später hieß es dann, die Verhandlungen hätten zu keinem Ergebnis geführt. Das Gleiche gilt offenbar für Gespräche mit dem US-amerikanischen Dienstleister Computer Sciences Corp. (CSC). Laut Bericht des Finanzdienstes "Bloomberg" wollte HP die Service-Company für mehr als neun Milliarden Dollar schlucken, habe die Verhandlungen dann aber abgebrochen.
Whitman wird künftig als CEO von HP Enterprise und als Chairman von HP Inc. die Fäden ziehen. Die Enterprise Unit soll sich um Themen wie Cloud Computing, Data-Center-Infrastruktur, Security, Software und Mobility kümmern inklusive den dazugehörigen Services, die den Kitt zwischen diesen Bereichen bilden sollen. Doch hier sind noch viele Fragen offen.
So ist beispielsweise eine klare Cloud-Strategie derzeit nicht erkennbar. Whitman sagte, man werde nicht gegen Amazon Web Services (AWS) oder Microsoft Azure antreten. Dennoch soll es Public-Lösungen im HP-eigenen Cloud-Portfolio geben - allerdings anderer Art. Probleme hat HP derzeit auch im wichtigen Software- und Servicegeschäft. Beide Segmente verzeichneten im zuletzt abgeschlossenen zweiten Fiskalquartal rückläufige Einnahmen. Der Übergang vom klassischen Lizenzgeschäft zu Mietmodellen im Software-as-a-Service-(SaaS-)Umfeld setzt HP zu.
Das Dienstleistungsgeschäft ist zudem hart umkämpft. Mit Commodity-Services für den IT-Betrieb lässt sich kaum noch Geld verdienen. Vielversprechend sind dagegen höherwertige Serviceangebote, die darauf abzielen, den Unternehmen bei den anstehenden Aufgaben rund um die Digitalisierung von Prozessen und Geschäftsmodellen unter die Arme zu greifen. Doch dafür braucht es neben dem IT-Wissen auch das notwendige Branchen- und Industrie-Know-how.
Die Story von Hewlett-Packard
Die Story von Hewlett-Packard Hewlett-Packard (HP) durchlebt seit drei, vier Jahren sehr stürmische Zeiten. Das liegt nicht nur an Verschiebungen auf dem Markt und starkem Wettbewerb, sondern auch an der Sprunghaftigkeit sowie Fehlentscheidungen im Topmanagement und in der Unternehmensstrategie. Allerdings hat der Konzern seit seiner Gründung bereits erfolgreich eine respektable Metamorphose durchgemacht.
1939: In der Garage fing alles an In der mittlerweile wohl berühmtesten Garage der Welt findet Hewlett-Packard 1939 seinen Anfang. Damals gründen Bill Hewlett und David Packard ihr Unternehmen und schrauben neben ihren eigentlichen Jobs in der Garage gleich auf dem Grundstück in Palo Alto, auf dem sie wohnen, einen Tongenerator zusammen. Sie legen damit unbewusst den Grundstein für das Silicon Valley, die vielbeachtete Hightech-Region in Kalifornien.
Die Walt Disney Studios zählen zu den ersten Kunden ... ... und kaufen gleich acht Oszillatoren HP200B, um ein innovatives Tonsystem für den Film "Fantasia" zu entwickeln.
1957: Der Gang an die Börse mit Messtechnik 1951 erfindet HP mit dem 524A ein Hochgeschwindigkeits-Frequenzmessgerät. Damit ist technisch die Grundlage für das Analysegeschäft gelegt. Fünf Jahre später baut das Unternehmen sein erstes Oszilloskop. 1957 geht HP an die Börse. Eine Aktie kostet 16 Dollar. (In Frankfurt wurde die HP-Aktie am 30. April 2013 für knapp 15,50 Euro gehandelt.)
1959: Produktion in Deutschland Die erste Produktion außerhalb der USA baut HP 1959 in Deutschland auf. Hier hat das amerikanische Unternehmen die meisten Kunden im europäischen Geschäft. Die Standortentscheidung für Baden-Württemberg ist angeblich eine Entscheidung gegen Bayern: In München soll ein Ministeriumsvertreter bei Gesprächen mit Bill Hewlett die bayerische Lebensart mit deftiger Brotzeit und Bier allzu sehr gelobt haben. Der Amerikaner war aber mehr an Produktivität als an Lebensgenuss interessiert und entschied sich deshalb für das als tüchtig und arbeitsam geltende Schwaben.
1962: Böblingen verantwortet das Softwaregeschäft Der nächste Umzug steht im Jahr 1962 an: Über 150 Mitarbeiter ziehen in das HP-eigene Werk in der Herrenberger Straße, an der noch heute der Sitz der deutschen Tochter liegt. Im Jahr 1963 wächst die technologische Bedeutung der deutschen GmbH: Böblingen baut eine Entwicklungsabteilung auf.
1966: Marktpremiere des ersten HP-Computers 1967 zeigt HP Deutschland, dass das Unternehmen nicht nur technologisch an der Spitze stehen will und führt als internationaler Vorreiter flexible Arbeitszeiten ein. Stechuhren haben ausgedient, auch in der Produktion. In den USA führt HP ein solches Arbeitszeitmodell erst sechs Jahre später ein.
1972: Der Taschenrechner hält Einzug Mit dem HP-35 bringt Hewlett-Packard 1972 den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner der Welt auf den Markt, zwei Jahre später kommt der erste programmierbare Taschenrechner dazu, der HP 65.
1977: Miniaturisierung mit dem HP-01 n der Elektronik treibt HP die Miniaturisierung voran und bringt 1977 eine Art Personal Digital Assistant fürs Handgelenk heraus: Die HP-01 trägt sich wie eine Armbanduhr, zeigt aber nicht nur die Uhrzeit an, sondern dient auch als Taschenrechner und Kalender.
1980: Der erste Personal Computer HP 85 Im Jahr 1980 bringt HP seinen ersten Personal Computer auf den Markt, den HP 85. Mit kleinem Bildschirm und schmalem Druckwerk erinnert er noch stark an eine Schreibmaschine. Für die deutsche Tochtergesellschaft gewinnt das Softwaregeschäft an Bedeutung: Die GmbH übernimmt die Verantwortung für Entwicklung und Vermarktung von Anwendungssoftware im CAD/CAM-Bereich und behält sie auch bis zur Abspaltung des Geschäftsbereichs im Jahr 2000.
1988: Die fetten Druckerjahre kommen Ab 1988 beliefert Hewlett Packard mit seinem Tintenstrahldrucker HP DeskJet den Massenmarkt, ab 1991 auch mit einem Farbdrucker, dem DeskJet HP 500C.
1993: Jörg Menno Harms prägt HP Deutschland Im Jahr 1993 übernimmt Jörg Menno Harms den Vorsitz in der Geschäftsführung der HP GmbH. Bis heute ist er dem Unternehmen verbunden und hat den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Die ersten x86-Server von HP kommen unter dem Namen ProLiant auf den Markt.
1998: Jordana - der erste PDA Mit dem HP Jornada PDA baut Hewlett-Packard 1998 seinen ersten echten Personal Digital Assistant.
2001: Fusion mit PC-Hersteller Compaq Eine weitere Änderung äußert sich 2001 in der Gründung von HP Services. Der Computerhersteller will stärker auch mit Dienstleistungen Geld verdienen und bietet jetzt Consulting, Outsourcing, Support und Solution Deployment Services an. Das Internet und elektronische Dienstleistungen bilden den Kern der neuen HP-Strategie. Nach dem Abschluss der Übernahme von Compaq geht auch in Deutschland das neue Unternehmen HP am 3. Mai an den Start.
2004: Geschäftsfeld IT-Services wird ausgebaut Das Unternehmen erweitert sein Angebot für Privatanwender um digitale Unterhaltungstechnik vom Fotodrucker bis zum Personal Media Drive. Im selben Jahr macht HP einen großen Schritt in Richtung Dienstleister und schließt zum 1. April 2004 die Akquisition von Triaton ab, dem von ThyssenKrupp ausgegründeten IT-Dienstleister des Stahlkonzerns.
2005: HP feuert Fiorina und holt Mark Hurd Der Verwaltungsrat entlässt 2005 die Konzernchefin Carleton Fiorina. Ihr Compaq-Deal bleibt umstritten. Ihr Versuch, Konkurrenten wie Dell im unteren und IBM im oberen Leistungsbereich des IT-Geschäfts anzugreifen, gilt als wenig erfolgreich. Ihr Nachfolger wird Mark Hurd, Chef der NCR Corporation.
2008: EDS-Übernahme macht HP zum Servicegiganten Mit dem Zukauf von einer ganzen Reihe an Unternehmen will HP sein Geschäft in den Bereichen Software und Services stärken. 2008 übernimmt HP schließlich für 13,9 Milliarden Dollar den IT-Dienstleister EDS, nach der Compaq-Übernahme der zweitgrößte Deal der Unternehmensgeschichte. EDS beschäftigte damals knapp 120.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 21,3 Milliarden Dollar erwirtschafteten. HP wird damit im Dienstleistungsgeschäft zu einem absoluten Schwergewicht mit 210.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 38 Milliarden Dollar.
2009: HP kauft den Networking-Spezialisten 3Com Seine Netzwerkkompetenz baut HP schließlich 2009 durch die Akquisition der 3Com Corporation aus. In Deutschland übernimmt zum 50-jährigen Bestehen der HP GmbH Volker Smid den Vorsitz in der Geschäftsführung. Er leitet bis heute die Deutschland-Tochter.
2011: eBay-Chefin Meg Whitman übernimmt das Ruder Der Verwaltungsrat ist gegen Apotheker und holt eBay-Chefin Meg Whitman. Seit dem 22. September 2011 ist sie CEO von HP. Sie geht einen anderen Weg, sieht das Hardwaregeschäft als wichtiges Standbein. Mittlerweile hat sie HP einen harten Sparkurs verordnet. Die Geschäftszahlen für 2012 waren noch katastrophal: Bei einem Umsatz 120,4 Milliarden Dollar machte HP einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar.
2013: Das PC-Geschäft bricht ein Unter Whitman will HP wieder in die technologische Offensive gehen. Neue Produkte rund um Cloud Computing, Big Data und Analytics sollen helfen, das Runder herumzureißen. Sie sollen das wegbrechende PC-Geschäft kompensieren helfen. HP ist zwar noch Marktführer, doch die PC-Verkäufe sind im ersten Quartal 2013 um fast 24 Prozent abgesackt.
2014: Die Aufspaltung kommt Anfang Oktober 2014 nimmt der einstige Branchenprimus Anlauf für den finalen Befreiungsschlag: Bis November 2015 soll der Konzern durch einen Aktiensplitt aufgeteilt werden in HP Inc. als Anbieter von Personal Computern und Drucker sowie in Hewlett-Packard Enterprise (HPE) mit Unternehmenslösungen für Infrastruktur, Software und Services.
2015: Neues Enterprise-Logo Im April stellt Hewlett-Packard Enterprise sein neues Logo vor.
HP Inc. zwischen den Welten
HP Inc. soll sich unter der Führung von CEO Dion Weisler um das Geschäft mit PCs und Druckern kümmern. Interessant ist die Frage, wo die Trennlinie zwischen beiden HP-Gesellschaften verlaufen wird: Sowohl im Desktop- als auch im Printer-Business hat HP nicht nur Privat-, sondern auch jede Menge Unternehmenskunden. Auch wird das bevorstehende Geschäft mit 3D-Druckern, in das die HP Inc. große Hoffnungen setzt, in erster Linie Unternehmen adressieren. In Industrie-4.0-Szenarien, die HP Enterprise künftig wie jeder andere große IT-Konzern in Angriff nehmen möchte, dürfte der 3D-Druck durchaus eine wichtige Rolle spielen. Angesichts der vielen offenen Fragen bleibt den Kunden wohl nur übrig, Whitman zu glauben, die vor den Kunden appellierte: "Haben Sie Vertrauen in die Wende und haben Sie Vertrauen in die beiden neuen Firmen."
Auf diese Produkte setzt HP
Auf der Konferenz Discover hat HP Details zu den Produkten bekannt gegeben, die Stützpfeiler des künftigen Geschäfts sein sollen. Dazu zählt beispielsweise das "CloudSystem 9.0". Mit Hilfe der Cloud-in-a-Box, die auf OpenStack und der HP-eigenen Entwicklungsplatform "Helion" basiert, sollen Anwender Private-Cloud-Infrastrukturen aufbauen und mit ihren Legacy-Systemen integrieren können.
Im Projekt "Synergy" arbeitet HP an einer Art Standard-Schnittstelle (Composable Infrastructure API) für Software. Damit soll der Aufwand, Anwendungen an bestimmte Hardwarekomponenten anpassen zu müssen, deutlich verringert werden. Das Vorhaben steckt jedoch noch in den Anfängen, Ergebnisse werden noch eine Weile auf sich warten lassen.
Konkreter sind die Pläne bezüglich der neuen Rechnerarchitektur "The Machine". Ein Prototyp soll im kommenden Jahr fertig sein, dann sollen Partner anfangen, Software dafür zu entwickeln. Anfang des nächsten Jahrzehnts könnte die Plattform dann marktreif sein. HP setzt große Hoffnung in Machine. In den entsprechenden Systemen soll es keine Trennung mehr zwischen Festplatten- und Arbeitsspeicher geben. HP spricht von "Memory Driven Computing". Daten sollen in einem hochperformanten Speicher mit Memristor-Technik gelagert und bearbeitet werden.
Doch die Entwicklung dieser Speichertechnik verzögert sich offenbar. So soll der kommende Prototyp zunächst noch mit herkömmlichem RAM-Speicher bestückt werden. Dennoch schwärmen die HP-Verantwortlichen von künftigen Leistungssprüngen. The Machine könnte die Leistung eines ganzen Rechenzentrums im Format eines Kühlschranks bündeln.