In den vergangenen fünf Jahren hat die Marke als dominierendes und bewusstes Entscheidungskriterium zum Kauf dramatisch an Bedeutung verloren. Stattdessen wird sie zunehmend von einer stärkeren Preissensibilität der Verbraucher abgelöst. Dem Beratungsunternehmen Roland Berger zufolge, ändert das höhere Kostenbewusstsein das Kaufverhalten, wodurch Markenhersteller unter Druck geraten. Die Preisentwicklung der vergangenen Monate, eine hohe Inflation und Einkommensverluste beschleunigen diesen Prozess zusätzlich. Neben der Unternehmens- und Produktkommunikation sei eine konsequente Ausrichtung der Marken- und Pricing-Strategie erforderlich, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Aufgrund dieser Tendenz sind Preissenkungen bei Markenprodukten zu erwarten, "denn die Markenhersteller werden so Marktanteilsverluste gegenüber Billiganbietern und Handelsmarken ausgleichen wollen. Andererseits kann es - wie Erfolgsbeispiele zeigen - durch eine veränderte Preiskommunikation oder neue Preismodelle gelingen, ohne reale Preissenkungen dem Trend zu folgen", erklärt Roland-Berger-Principal Ingmar Brunken. Entsprechend sei bereits ein regelrechter Trend zu Discount-Angeboten erkennbar. "Im Detail muss jedoch beachtet werden, dass die Verbraucher auch weiterhin Qualitätsvergleiche anstellen", meint Brunken. Wie Konsumdaten zeigen, entwickelt sich der Verbrauch seit Monaten rückläufig. "Daraus folgt, dass die Verbraucher zum Beispiel bei als mangelhaft wahrgenommener Qualität nicht unbedingt zu Discountern wechseln, sondern eventuell ganz auf den Kauf verzichten oder diesen zeitlich verschieben", so der Experte.
Marken werden in Zukunft zwar nicht überflüssig und der Preis wird nicht alleiniges Kriterium zur Kaufentscheidung. Erfolgreiches Markenmanagement sei auch in hoch preissensiblen Märkten möglich, wie am Beispiel T-Mobile erkennbar sei. "Auch die Lufthansa zeigt, dass Erfolg im Wettbewerb mit Billiganbietern möglich ist. Verbraucher honorieren es sofort, wenn die richtigen Tasten auf der Marketing-Klaviatur gegriffen werden und die zielgruppenbezogene Preiskommunikation stimmt", meint Rainer Balensiefer, Markenexperte bei Roland Berger. Allerdings müssten etablierte Marken die Bedeutung des Faktors Preis sowohl im Pricing als auch in einer aktiven und passiven Preiskommunikation künftig stärker berücksichtigen. Jenen Anbietern, die eine gezielte Steuerung der Preiswahrnehmung verabsäumen, würden Kundenverluste sowie ein Rückgang bei Margen und Absatz drohen.
Der "dauerhafte Verhaltensumschwung" mache sich mit einer Abnahme der Markendominanz besonders bei Schuhen (mit minus 11,6 Prozent), Wein (minus 7,4 Prozent) und dem Automobilsektor (minus 9,1 Prozent) bemerkbar. Gleichzeitig steige die Preisempfindlichkeit vornehmlich in den Bereichen Computer (plus 8,8 Prozent), Softgetränke (plus 7,6 Prozent) sowie erneut beim Auto mit plus neun Prozent. Aber auch bei emotional gekauften Produkten wie Modeartikeln stehe der Preis mittlerweile immer stärker im Vordergrund. "Beim Flugverkehr, bei Kaffee, Banken oder Telekommunikation ? überall verlieren diejenigen Markenanbieter an Boden, die sowohl das eigentliche Pricing als auch ihre Preiskommunikation nicht im Griff haben", schließt Brunken. (pte)