Disti- und Händlerbetrüger

Hintermänner sitzen in Afrika

07.07.2010
Hinter den jetzt bekannt gewordenen Betrugsfällen scheint ein größerer Gaunerring zu stecken. Neben deutschen Händlern und Distributoren sind weitere Reseller aus anderen europäischen Ländern betroffen.
Eine der Betrügertelefonnummern wurde aus Abidjan / Elfenbeinküste angemietet.

Hinter den jetzt bekannt gewordenen Betrugsfällen scheint ein größerer Gaunerring zu stecken. Neben deutschen Händlern und Distributoren sind weitere Reseller aus anderen europäischen Ländern betroffen. Durch die Berichterstattung in ChannelPartner und durch einen Hinweis eines französischen Distributors wurde Alain Godet vom europäischen Distributionsverzeichnis ITdistri.com auf die Fälle aufmerksam. Seine Recherchen bringen erstaunliches ans Tageslicht: Neben deutschen Geschädigten sind auch Händler und Distributoren in Polen, Ungarn, Italien, Tschechien, Großbritannien und Dubai betroffen. Alleine in Polen soll ein Distributor Ware im Wert von 90.000 Euro verloren haben.

Das Muster ist immer dasselbe: Zunächst wird per E-Mail der Kontakt angebahnt. Dabei bedienen sich die Gauner der Namen bekannter Händler oder Distributoren. Die angegebenen Kontaktdaten für Rückfragen führen zu den Betrügern. Selbst komplette Webseiten werden dafür gefälscht. Bei der Bestellung wird um ein verlängertes Zahlungsziel gebeten. Ist die Ware dann ausgeliefert, wird sie zu einer Transportgesellschaft umdirigiert.

Laut Godet sind die verwendeten Telefonnummern beim französischen Mobile Virtual Network Operator Keyyo durch einen Hintermann aus Abidjan / Elfenbeinküste angemietet. Die Spur der falschen Internetseiten führt zu einem Server in Regensburg.

Die Ware wurde an die Transportfirma Fly Freight International mit Sitz in Paris geliefert. Von dort aus ging sie nach London und nach Bamako, der Hauptstadt Malis. Ob bei Fly Freight Mitwisser sitzen, kann aber nicht belegt werden. Es sei aber zumindest Vorsicht geboten, sollte Ware zu dieser Firma umdirigiert werden, rät Godet.

Weitere Namen missbraucht

Mittlerweile sind weitere Namen bekannt geworden, die für die Betrügereien missbraucht wurden: Auf der Liste stehen unter anderem Bechtle, Bestware, Conectis, Cybertek, Eric Archivage, Germond, Immotique Distribution, NetApp France, Newcom Distribution, RCO, Riso und Textorm. In einigen Fällen sind komplette Internet-Auftritte gefälscht wie beispielsweise bei Riso oder Conectis (siehe Bildergalerie). Obwohl dies bekannt ist, sind manche Fake-Seiten immer noch online. Der Eifer der Strafverfolgungsbehörden, sowohl in Deutschland als auch in Frankreich scheint sich in Grenzen zu halten.

Die E-Mails für den Erstkontakt können folgendermaßen aussehen:

Vorsicht bei E-Mails nach diesem Muster:

Dear, XXX

We're a company IMMOTIQUE DISTRIBUTION based in CAEN ( France).We would like to open an account in your company.

We wish to know the conditions to open an account with you.Please list the required things to open the account.

Awaiting to read from.

Sincerly.

REMY WEIBEL

IMMOTIQUE DISTRIBUTION

tel:0033974777106

email:rweibel@immotiquedistribution.com

6 rue d'atalante zac citis

14200 herouville saint clair

403 068 158 R.C.S. CAEN

Greffe du Tribunal de Commerce de CAEN

Siret : 403 068 158 00019

Numéro de TVA : FR 61 403 068 158

In diesem Fall wird Immotique Distribution missbraucht. Der Name Remy Weibel existiert tatsächlich und steht auch in Zusammenhang mit dem französischen Grossisten. Der reale Remy Weibel hat natürlich nichts mit den Gaunern zu tun und gehört somit auch zu den Geschädigten der Frankreich-Afrika-Connection.

Wie bei Memoryworld (ChannelPartner berichtete) versuchten die Gauner auch bei Jet Computer Ware zu erschleichen, sogar mehrmals unter unterschiedlichen Firmennamen, wie Marketing Director Erdem Winnicki bestätigt. "Wir haben zum Glück keinen Schaden erlitten, da wir entsprechende Sicherheitsmassnahmen ergriffen haben", erklärt er. So prüft Jet beispielsweise genau, ob die Kontaktdaten mit dem Gewerbenachweis übereinstimmen. Wenn möglich, pflegt man den persönlichen Kontakt mit dem Kunden.

Vorsicht bei vielen Rechtschreibfehlern

Alain Godet von ITdistri.com hat mittlerweile eine Warnung an alle 6.000 Distributoren, die in seinem Verzeichnis gelistet sind, geschickt. So ist Vorsicht geboten, wenn eine Anfrage beispielsweise in schlechtem Englisch oder Deutsch gestellt wird. "Die Gauner sind oft nicht rechtschreibsicher", weiß Godet. Zusätzlich sollten folgende Punkte beachtet werden:

Sollte Sie dennoch Betrügern aufgesessen sein, oder einen Verdacht hegen, kontaktieren Sie neben den Strafverfolgungsbehörden auch ChannelPartner, damit wir vor diesen Praktiken warnen können. (awe)


Hier bestellten die Betrüger im Namen von Immotique Distribution Waren im Wert von über 80.000 Euro.

Mit dieser Mail wollen die Gauner ihren Betrug anbahnen.

Überprüft man die Domain siifrance.com landet man auf dieser Seite. Angeblich wird die Internetpräsenz gerade überarbeitet und soll in vier Tagen wiederöffnet werden.

Die Adresse der SII Group gibt es tatsächlich, die Telefonnummer führt aber zu den Betrügern.

So sieht die originale SII-Seite aus.

Hier die echten Kontakdaten der SII Group.

Ein weiterer Betrugsversuch: Hier wird der Mobilfunk-Etailer Ascendeo missbraucht.

Die Domain der E-Mail-Adresse ascendeo-sas.fr führt ins Leere.

Das Original ist unter ascendeo.net zu finden.

Vorsicht! Auch die Internet-Seite www.symboltechnologies.fr ist eine Fälschung.

Die AGBs wurden einfach von einem anderen Distributor kopiert. Dabei vergaßen die Gauner zweimal, den Namen zu ersetzen.

Aus früheren Betrügereien der Afrika-Connection: So sah die originale Internet-Seite unter www.bestware.fr von Best'Ware in Frankreich aus.

Die von den Betrügern angegebenen www.bestware-france.fr führt ins Nirgendwo.

So sieht die Original-Seite von Conectis aus.

Bei der Fälschung ist außer den Bildern, die nicht geladen werden, kein Unterschied zu erkennen.

Die Kontakt-Seite verweist aber auf unterschiedliche E-Mail-Adressen, hier das Original...

... und hier die Fälschung.

Gar keinen Unterschied erkennt man bei der Riso-Seite, hier das Original...

... und hier die Fälschung.

Den Unterschied erkennt man bei den Kontaktdaten: Falls es telefonische Rückfragen gibt, wird anstatt der hier abgebildeten Original-Telefonnummer...

... die Fälschung angezeigt.

Mit solchen E-Mails werden die Betrügereien angebahnt. In diesem Fall wird Immotique Distribution missbraucht.

Hier muss Textorm als Namensgeber herhalten.

Name-Napping auch bei RCO.

Der französische Distributor ECP warnt Kunden auf seiner Homepage.