E-Rechnung

Hat die PDF-Rechnung ausgedient?

30.01.2018 von Ruth Markert und Hendrik Neumann
Die Spezifikation XRechnung, Standard für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung, wirft Fragen zur Zukunft der PDF-Formate auf.
PDF-Rechnungen kamen bisher nicht nur in Deutschland zum Einsatz. Mit der neuen Norm des CEN wird die XRechnung aber vor allem im europäischen Raum Pflicht.
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Das Europäische Komitee für Normung (CEN) hat die europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung veröffentlicht. Auf Basis dieser Norm hat die öffentliche Hand in Deutschland die Spezifikation XRechnung entwickelt und diese im Rahmen der Veröffentlichung der E-Rechnungs-Verordnung als neuen Standard für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung auf Bundesebene gesetzt. Unklar bleibt aber, welche Auswirkungen sich hieraus für die weit verbreiteten PDF-Formate, inklusive der hybriden Rechnungsformate wie ZUGFeRD, ergeben. Können diese weiterhin verwendet werden oder haben sie ausgedient?

Bis 2019 werden in der EU nach Einschätzung des E-Invoicing-Experten, Bruno Koch, rund 300.000 öffentliche Auftraggeber verpflichtet sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Die deutsche E-Rechnungs-Verordnung geht sogar noch einen Schritt weiter als die EU-Richtlinie:

Auch die Lieferanten der öffentlichen Verwaltung werden in die Pflicht genommen und müssen Rechnungen spätestens ab 27. November 2020 ausschließlich elektronisch stellen. Davon ausgenommen sind Direktaufträge mit einem voraussichtlichen Nettoauftragswert von maximal 1.000 Euro.

Weitere Ausnahmen gelten im Rahmen von Organleihen, Auslandsbeschaffungen sowie verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen, die der Geheimhaltung unterliegen. Vorerst gilt diese Regelung nur für die Lieferanten der Bundesbehörden.

Eine Verpflichtung der Lieferanten auf Landes- und Kommunalebene kann in den einzelnen Landesverordnungen vorgeschrieben werden. Allerdings befinden sich diese aktuell noch in den Gesetzgebungsprozessen. Es ist zu erwarten, dass die Länder hier keine einheitliche Regelung finden werden, sodass je nach Bundesland eigene Regelungen gelten werden.

Rechnungssteller und Rechnungssender sollen laut E-Rechnungs-Verordnung grundsätzlich den Datenaustauschstandard XRechnung verwenden. Es werden aber ausdrücklich auch andere Datenaustauschformate akzeptiert, wenn diese mindestens den Vorgaben der Spezifikation der XRechnung entsprechen. Zur Klärung der Frage, was dies für die verschiedenen PDF-Formate bedeutet, ist es hilfreich, zunächst die unterschiedlichen Datenformate genauer zu beleuchten.

Beliebte Rechnungsformate: PDF und PDF/A

Laut der Marktstudie von Bruno Koch dominieren PDF-Rechnungen den E-Invoicing-Markt in Österreich, Estland, Deutschland, Spanien, Großbritannien und den USA mit einem Anteil von 70 Prozent. Was versteht man unter einer PDF-Rechnung? Es gibt unterschiedliche Formen von PDF-Dateien. Zum einen das PDF, das lediglich eine Bilddatei enthält und keine kodierten Zeichenketten, was beispielsweise bei einer eingescannten Papierrechnung der Fall ist.

Darüber hinaus gibt es PDF-Dokumente, welche direkt aus entsprechenden Programmen (wie bspw. Microsoft Word) erzeugt werden. Diese Dokumente enthalten zusätzlich eine TXT-Datei, in welcher die im Dokument enthaltenen Daten in Textform gespeichert sind. Unterscheiden lassen sich die beiden PDF-Arten am heimischen PC dadurch, dass sich in den letztgenannten der enthaltene Text markieren und kopieren lässt. Bei einem beispielsweise durch einen Scanvorgang erzeugten PDF ist dies in der Regel nicht möglich.

Im Gegensatz zu einfachen PDF-Dateien verfügen PDF/A-Dateien zusätzlich über Eigenschaften, die das Format für die Langzeitarchivierung qualifizieren. PDF-Dokumente lassen sich unkompliziert aus Textverarbeitungsprogrammen oder ERP-Systemen erzeugen und per E-Mail versenden. Der Aufwand für Lieferanten zur Erstellung der Rechnung ist daher gering.

Interessant ist die Rechnungsvariante PDF(/A) per E-Mail besonders für Unternehmen, die noch keine oder nur wenig Erfahrung mit dem elektronischen Rechnungsaustausch haben, da die Umstellung unkompliziert und ohne weitere Prozess- oder Softwareanpassungen möglich ist. Die automatische Verarbeitung von Rechnungen im PDF(/A)-Format erfolgt beim Empfänger dabei mithilfe einer Konverter-Lösung. Diese extrahiert die Informationen aus der integrierten TXT-Datei und gibt sie an die Buchhaltungssoftware weiter. Die Angaben werden dadurch für jedes SAP- oder andere ERP-Systeme lesbar.

Beide Formate erfüllen nicht die Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 für den elektronischen Rechnungsaustausch. Sie können, außerhalb der bereits genannten Ausnahmefälle, zukünftig also nur noch für den Rechnungsversand an öffentliche Stellen auf Landes- und Kommunalebene in jenen Bundesländern verwendet werden, die Lieferanten nicht die Nutzung der XRechnung oder eines anderen konformen Formats vorschreiben. Dem Versand an nicht-öffentliche Stellen spricht ebenfalls nichts entgegen.

Adieu, Rechnung in Papierform: Bis Ende des nächsten Jahres werden die Rechnungen dank XRechnung digital.
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ZUGFeRD 1.0: Nicht konform zur Spezifikation XRechnung

Die für die öffentliche Verwaltung entwickelte Spezifikation XRechnung enthält ausschließlich strukturierte Daten. Hybride Rechnungsformate wie ZUGFeRD 1.0 sind nicht konform zur Spezifikation XRechnung. In der vom IT-Planungsrat veröffentlichten aktuellen Version XRechnung 1.0, Fassung vom 10.05.2017 heißt es unter Punkt 5.1:

"Eine Rechnung ist konform zum Standard XRechnung, wenn sie in Form eines wohlgeformten XML Dokuments ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und sie ausschließlich die Informationselemente des semantischen Datenmodells des Standards entsprechend ihrer Spezifikation verwendet."

Was dies bedeutet, wird weiter erläutert. Unter anderem heißt es "[…] die Rechnung kann eingebettete Objekte (rechnungsbegründende Unterlagen) enthalten, aber selbst kein eingebettetes Objekt sein." Und weiter: "Dies bedeutet insbesondere, dass in hybriden Formaten ausgestellte Rechnungen nicht konform zum Standard XRechnung sind.

Ein hybrides Format im Sinne der hier vorliegenden Darstellung enthält sowohl den strukturierten Rechnungsdatensatz im XML-Format als auch ein menschenlesbares Abbild der Rechnung (z. B. PDF). Dieses dient dabei als Träger für den strukturierten Datensatz, kann aber auch darüber hinausgehende Informationen enthalten."

Allein die Tatsache, dass ZUGFeRD 1.0 zusätzlich zum strukturieren Datensatz ein Sichtformat enthält, disqualifiziert den Standard somit zukünftig bereits für die Verwendung für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung.

ZUGFeRD 2.0 in zwei Varianten

Um die Nutzung von ZUGFeRD flächendeckend zu ermöglichen, wird derzeit an Version 2.0 gearbeitet, das auf europäischer Ebene künftig den Namen Factur-X trägt. Diese wird, wie auch Version 1.0, in mehreren Profilen verfügbar sein. Eine Variante soll dabei als reines XML konform zur CEN-Norm gestaltet werden und dürfte zukünftig von der öffentlichen Verwaltung akzeptiert werden.

Zukunft von PDF und PDF/A

Zur Beantwortung der Frage, welche Rolle die klassischen PDF-Dokumente zukünftig spielen werden, ist es sinnvoll, den Markt in ein B2G-Segment (Business-to-Government) und ein B2B-Segment (Business-to-Business) zu unterteilen. Für den Rechnungsaustausch mit öffentlichen Stellen werden PDF-Dokumente nur noch für einen Teilbereich und in jenen Bundesländern eine Rolle spielen, in welchen die Lieferanten der öffentlichen Stellen nicht zur Nutzung eines Formats verpflichtet werden, welches konform zur Norm EN 16931 ist.

Welche Länder dies sein werden, ist von den Gesetzgebern der einzelnen Länder abhängig und lässt sich nicht verlässlich prognostizieren. Sicher ist, dass die Bedeutung und der Anteil von klassischen PDF-Dokumenten im Rechnungsaustausch mit öffentlichen Stellen stark abnehmen wird.

Im B2B-Segment, in welchem aktuell keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des zu verwendenden Formats bestehen, können die klassischen PDF-Dokumente auch zukünftig verwendet werden. Voraussichtlich werden PDF-Dokumente in diesem Bereich auf lange Zeit das vorherrschende Format bleiben.

Es ist allerdings zu erwarten, dass einige Lieferanten der öffentlichen Verwaltung versuchen werden, den Standard XRechnung auch bei Ihren Kunden der Privatwirtschaft zu etablieren. Der Anteil der XRechnung wird sich dadurch zu Lasten der PDF-Rechnung und anderer Formate auch im Privatsektor erhöhen. Ob ein Standard letztlich obsiegt, und wenn, welcher, bleibt abzuwarten.

Fazit

Lieferanten der öffentlichen Hand müssen ihren Rechnungsversand entsprechend der Vorschriften und im vorgegebenen Zeitrahmen umstellen. Es ist davon auszugehen, dass die Etablierung der XRechnung als neuer E-Rechnungsstandard in der öffentlichen Verwaltung sich ebenso auf privatwirtschaftliche Unternehmen auswirken wird.

Ein Lieferant der öffentlichen Verwaltung, welcher dazu gezwungen ist, einen Teil seiner Rechnungen im Format XRechnung zu versenden, wird dieses Format voraussichtlich im Laufe der Zeit auf seinen gesamten Kundenstamm ausweiten wollen und somit seine Kunden vom neuen Standard zu überzeugen versuchen.

Die Voraussetzung für diese Entwicklung wird nicht zuletzt von den beteiligten Softwareanbietern geschaffen. Sobald diese auf breiter Front eine Unterstützung für das neue Format XRechnung sowohl im Rechnungseingang als auch im -ausgang implementiert haben, wird sich der neue Standard voraussichtlich auch in der Privatwirtschaft etablieren.

Die Geschwindigkeit, mit der sich dieser Veränderungsprozess vollzieht, ist hingegen nur sehr schwer abzuschätzen. Es ist davon auszugehen, dass wir auch in den nächsten Jahren eine Koexistenz verschiedener Standards in der Privatwirtschaft sehen werden.

Eine Investition in eine Übergangslösung zur Extraktion von Rechnungsdaten aus PDF/A-Dokumenten wird sich also auch heute in den meisten Fällen noch lohnen. Denn je früher mit der E-Rechnung verbundene Potenziale gehoben werden, desto besser. Das Warten auf die flächendeckende Durchsetzung eines einheitlichen Standards ist aktuell nicht zu empfehlen.