Ist Cloud Computing und dessen SaaS-Variante (Software as a Service) gerade dabei, den Handel mit "gebrauchter" Software abzulösen? Fast sieht es so aus. Denn nachdem der Platzhirsch in diesem Segment, usedSoft, erst in der Schweiz und nun auch in Deutschland Insolvenz anmelden musste, stellen sich immer mehr Reseller die Frage, ob sich im Siegeszuge des Cloud Computings, der Handel mit nicht mehr benötigten Software-Lizenzen von Adobe, SAP, Microsoft und Oracle überhaupt noch lohnt.
Die deutschen Gerichte stärkten bei diversen Verfahren zur Rechtmäßigkeit des Handels mit "Gebrauchtsoftware" in letzter Zeit meist die Position der Hersteller, und das endgültige Urteil zur Rechtmäßigkeit des Handels mit "Gebrauchtsoftware"steht noch aus. Darüber muss nun der europäische Gerichtshof entscheiden.
Unterdessen probt die deutsche usedSoft- Niederlassung einen Neustart. Der Gebraucht-Software-Händler plant, sich über ein Insolvenzverfahren zu sanieren und dann ohne die Belastungen, die durch die Insolvenz der Schweizer Einkaufsgesellschaft "usedSoft AG" entstanden sind, weiter "gebrauchte" Lizenzen zu verkaufen. Für die Kunden entstehen durch die Insolvenz keinerlei Nachteile, so usedSoft: Der Geschäftsbetrieb soll auch im Laufe des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden.
Die Schweizer Einkaufsgesellschaft usedSoft AG hatte im Juni 2011 infolge von Meinungsverschiedenheiten mit einem Investor Insolvenz anmelden müssen (ChannelPartner berichtetet darüber). Aus vorherigen internen Lieferungen und Leistungen bestanden dabei noch Forderungen der AG gegen die deutsche GmbH. Diese waren ursprünglich längerfristig rückzahlbar, wurden nun aber durch den Schweizer Insolvenzverwalter auf einmal fällig gestellt. In der Folge musste die deutsche usedSoft Insolvenz anmelden.
Die Insolvenz steht dabei laut usedSoft in keinem Zusammenhang mit den laufenden Rechtsstreitigkeiten mit Oracle und Adobe. Im Gegenteil waren die Umsätze nach Ende der schweren Rezession in diesem und im letzten Jahr wieder deutlich gestiegen. Zurzeit gewinnt das Unternehmen eigenen Angaben zu Folge europaweit pro Woche vier Neukunden.
"Das Insolvenzverfahren bedeutet für uns einen echten Neustart", so used-Soft-Deutschland-Chef Peter Schneider heute in München. "Wir können ohne Altlasten unser eigentliches Ziel weiter verfolgen: die grundlegende Liberalisierung des Software-Marktes!" Schneider geht davon aus, dass das Insolvenzverfahren nach wenigen Monaten wieder beendet werden kann. Zum Insolvenzverwalter in diesem Verfahren hat das Münchner Amtsgericht den Rechtsanwalt Axel W. Bierbach aus München bestellt.
Was der Insolvenzverwalter sagt
Der vorläufige Insolvenzverwalter Axel W. Bierbach von der Münchner Kanzlei Müller-Heydenreich Beutler & Kollegen (MHBK) beabsichtigt, das Unternehmen usedSoft fortzuführen und zu sanieren.
Bierbach hat sich nach Insolvenzanmeldung umgehend einen Überblick über die aktuelle Lage bei usedSoft verschafft und erste Gespräche mit den Beteiligten geführt. „Das Unternehmen hat frühzeitig Insolvenzantrag gestellt und damit wichtige Weichen für eine nachhaltige Sanierung gestellt", betonte der vorläufige Insolvenzverwalter am Donnerstag in München. „Einer Fortführung des Geschäftsbetriebs steht damit nichts im Wege." Die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer sind für drei Monate über das Insolvenzgeld gesichert.
Bierbach wird sich in den nächsten Tagen ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens machen und die Sanierungsoptionen prüfen. Der von der Geschäftsleitung favorisierten Eigenverwaltung mit Insolvenzplan steht er offen gegenüber. (rw)