Immer wieder versuchen schlecht qualifizierte Arbeitnehmer sich einen Arbeitsplatz zu erschleichen, indem sie beim potenziellen Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gefälschte Zeugnisse vorlegen. Dass ein unter solchen Umständen abgeschlossenes Arbeitsverhältnis vonseiten des Arbeitgebers wegen einer arglistigen Täuschung grundsätzlich angefochten werden kann, ist in der Rechtsprechung schon seit Langem anerkannt.
Fraglich war bislang aber, ob der Ausübung eines solchen Anfechtungsrechts der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen kann, wenn seit der Einstellung eines solchen Arbeitnehmers bereits mehrere Jahre vergangen sind und der Arbeitnehmer währenddessen beanstandungsfreie Arbeit geleistet hat.
In einem vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu entscheidenden Fall hatte sich ein Mitarbeiter im Jahre 1997 mit einem gefälschten Ausbildungszeugnis auf einen Arbeitsplatz als gewerblicher Mitarbeiter beworben. Das Ergebnis der schriftlichen Prüfung hatte dieser zuvor von "ausreichend (54 Punkte)" auf "befriedigend (65 Punkte)" und das Ergebnis der praktischen Prüfung von "befriedigend (70 Punkte)" auf "gut (89 Punkte) "hoch" korrigiert.
Nach achteinhalb Jahren kam Fälschung ans Licht
Erst nachdem der Mitarbeiter bereits achteinhalb Jahre für seinen Arbeitgeber völlig beanstandungsfrei gearbeitet hat, kam die Fälschung des Ausbildungszeugnisses im Herbst 2005 zufällig ans Licht. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die Anfechtung des Arbeitsvertrages, wogegen sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht wehrte.
Dies allerdings erfolglos. Denn nach Ansicht der Richter des LAG Baden-Württemberg habe die Bewerbung mit einem gefälschten Zeugnis eine vorsätzliche arglistige Täuschung dargestellt, welche für den Abschluss des Arbeitsvertrages zumindest mitursächlich gewesen sei. Auch sei der Arbeitgeber trotz der Bestandsdauer von achteinhalb Jahren nicht nach Treu und Glauben an der Ausübung des Anfechtungsrechtes gehindert, da seine rechtliche Situation auch im Jahre 2005 noch beeinträchtigt war. Nach Auffassung der Richter haben Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran, dass die im Rahmen von Bewerbungen vorgelegten Zeugnisse die Qualifikation des Bewerbers wahrheitsgemäß wiedergeben und nicht gefälscht sind. Nur so werde ein fairer Vergleich unter den Bewerbern ermöglicht.
Negative Außenwirkung
Darüber hinaus stellten die Richter des LAG Baden-Württemberg auf die negative Außenwirkung der hierdurch eingetretenen Situation ab. Es sei nicht auszuschließen, dass Außenstehende hiervon Kenntnis bekommen. Kunden und Lieferanten könnten erfahren, dass ihr Vertragspartner Mitarbeiter beschäftigt, die sich ihre Einstellung durch Vorlage von gefälschten Zeugnissen erschlichen haben. Auch könnten weitere potenzielle Bewerber ermutigt werden, sich ebenfalls mit gefälschten Zeugnissen bei diesem Arbeitgeber zu bewerben. Der Arbeitgeber müsse daher auch nach mehreren Jahren noch die Möglichkeit haben, eine solche negative Außenwirkung zu beenden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2006, Az.: 5 Sa 25/06). (oe)
Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf.
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