Sage Partnertag 2012

Großreinemachen bei Sage

03.12.2012
Nach der organisatorischen Neustrukturierung und den Turbulenzen um die Margen will Sage jetzt alle Themen anpacken, die dem Channel auf den Nägeln brennen: die Produkte sollen integriert und international verzahnt, Preislisten entschlackt, Prozesse, Margen- und Vertriebsmodelle vereinheitlicht werden.
Peter Dewald, Geschäftsführer Sage Deutschland

Nach der organisatorischen Neustrukturierung und den Turbulenzen um die Margen will Sage jetzt alle Themen anpacken, die dem Channel auf den Nägeln brennen: die Produkte sollen integriert und international verzahnt, Preislisten entschlackt, Prozesse, Margen- und Vertriebsmodelle vereinheitlicht werden.
Kaum eine Sage-Partnerkonferenz weckte schon im Vorfeld so große Erwartungen wie die diesjährige, die Ende November im Stuttgarter Congresscenter stattfand. Nur wenige Wochen zuvor war der bisherige Channelchef Andreas Heck von Matthias Schneider abgelöst und die gesamte Organisation neu strukturiert worden. Das von Heck noch geänderte Margenmodell stand in der Kritik. Sein Nachfolger Matthias Schneider hatte kurz nach seiner Amtsübernahme Ende Oktober die Änderungen wieder zurückgenommen und ein einheitliches, transparenteres Bonimodell versprochen.

Neben klaren Neuregelungen für das Channelgeschäft erwarteten viele der rund 450 zum Partnertag angereisten Vertriebspartner auch klärende Aussagen zur künftigen Produkt-Strategie und zur grundsätzlichen Ausrichtung Unternehmens. Die Tatsache, dass sich Sage offenbar neu orientieren will, kam beim Gros der Partner gut an. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die erste große Konferenz zum Start des neuen Sage-Geschäftsjahres im November.

"2012 war nicht das einfachste", räumte Sage-Geschäftsführer Peter Dewald in seiner Keynote unumwunden ein. Dennoch sei es Sage gelungen, in Deutschland wie auch insgesamt in Europa deutlich zu wachsen. Genaue Zahlen dazu wird das Unternehmen am 5. Dezember veröffentlichen.

Organisches Wachstum verdoppeln

In den vergangenen zehn Jahren legte Sage unter Einberechnung von Zukäufen um durchschnittlich 13 Prozent zu, organisch um 3,2 Prozent - ein Wert, der nur knapp über der Inflationsrate liegt. "Das ist zu wenig", konstatierte Dewald, und legte den Finger gleich in eine weitere Wunde: Das Portfolio von Sage umfasst weltweit 23 Software-Linien mit insgesamt 260 Produkten, die auf 72 unterschiedlichen Codes basieren. Der Großteil des Umsatzes wird aber nur mit 5 Prozent dieser Produkte generiert.

"Unser Ziel ist es, das organische Wachstum zu verdoppeln", erklärte Dewald. Subskriptions-Modelle seien der wesentliche Schlüssel dazu. "Wenn wir wachsen wollen, müssen wir unsere Strategie und unsere Visionen grundlegend ändern.".

"Produkte stärker integrieren"

Sage werde international enger zusammenarbeiten und die Entwicklung auf globaler Ebene verzahnen, versprach Dewald, ging aber dabei nicht auf konkrete Produktlinien ein.

Aus Sicht vieler Partner wäre eine stärker international ausgerichtete Software-Entwicklung ein richtiger Ansatz. Denn viele bemängeln, dass Sage nach wie vor in vielen Ländern äußerst unterschiedliche Produkte lanciert, auch wenn sich diese inzwischen durch eine gemeinsame Schnittstelle miteinander verknüpfen lassen. Bis auf das ERP-Flaggschiff Sage ERP X3, alle drei CRM-Linien und künftig Sage One findet sich aktuell im Portfolio kein international ausgelegtes Produkt.

"Die Produkte sind gut, aber nicht weltweit einheitlich einsetzbar, es gibt immer nur Insellösungen für bestimmte Länder, es gibt immer wieder Schnittstellendiskussionen und auch wenn sich diese lösen lassen: die Oberflächen der Lösungen sind einfach unterschiedlich, das merkt der Kunde, und die meisten wollen doch eine einheitliche, integrierte Lösung", moniert ein Partner, dessen kleinere und mittelständische Unternehmenskunden zunehmend auch im Ausland mit Vertriebs- oder Produktionsniederlassungen aktiv werden.

Nach Ansicht von Dewald sind die geschilderten Probleme mit dem Einsatz von ERP X3 zu lösen. "Obendrein ist es schon heute möglich, unter anderem PPS- und WWS-Software von Sage beispielsweise an die lokalen Buchhaltungen anzuflanschen", erklärt der Sage-Chef. Seines Erachtens betreffe dieses Problem nur wenige Endkunden. "Ich sehe hier eher das Problem, dass der Partner möglicherweise nicht weltweit vertreten ist", so Dewald.

Der neue Channelchef Matthias Schneider brachte das Dilemma, vor dem Partner angesichts der bisherigen Produktstrategie immer wieder stehen, auf den Punkt: "Wir haben es nicht geschafft, die Produkte miteinander zu integrieren. Das ist jetzt unsere Aufgabe und einige Produkte müssen modernisiert werden." Er hatte Partner befragt, genau hingehört, zugehört. Das rechneten Reseller ihm hoch an: "Er beschönigt nichts".

Wachstumsstrategie

Ankurbeln will Sage-Chef Dewald das Wachstum vor allem durch Fokussierung auf SageOne (für kleine Geschäftskunden), die SMB-Lösungen OfficeLine bzw. OfficeLine 24, und die Midzise/Enterprise-Software Sage ERP X3. Sie sollen um neue Technologien - allen voran Cloud- und nutzerbasierte-Geschäftsmodelle - ergänzen werden.

In die 2012 auf den Markt gebrachte Lösung SageOne werde man deshalb weiter massiv investieren, im Bereich SMB mehr hybride Cloud-Lösungen mit dem Channel umsetzen und ERP X3 als Basis für die Expansion und für neue Produktenwicklungen im Enterprise-Bereich ausbauen.

Mit der neuen Organisationsstruktur in Deutschland (siehe Bildergalerie) seien hierzulande die Voraussetzungen für das künftige Wachstum in allen drei Bereichen Small Business, SMB und Midsize/Enterprise gelegt.

Cloud-Angebote erweitern

Wie ernst es Sage mit dem Ausbau des Cloud-Angebots ist, machte Dewald beim Blick auf die Kooperation mit Microsoft Azure deutlich: "Alle SMB-Cloud-Lösungen von Sage werden künftig über Azure verfügbar sein." Ziel sei es, das Online-Geschäft bis zum Jahr 2015 über alle Sage-Linien hinweg um zehn bis 20 Prozent zu steigern.
Die Veränderungen in der Software-Branche hin zu mobilen Anwendungen und Pay per Use Modellen aus der Cloud zog sich als roter Faden durch das Veranstaltungsprogramm.

Dewald appellierte an die Vertriebspartner, diesem Wandel mit mehr Subskriptions- und Cloud-basierten Geschäftsmodellen gerecht zu werden und die damit verbundenen Chancen anzupacken. "Die Rolle der Partner wird sich ändern: je stärker Kunden Cloud-basierte Modelle nutzen, desto geringer werden Partner an Integrations- und Implementierungs-Diensten verdienen", so Dewald. "Aber Partner können über die Subskriptionsmodelle Endkunden ansprechen, die sie mit den klassischen Modellen nicht erreichen konnten."

Die Übergangsphase sei sicherlich schwierig, aber zu meistern: "Partner werden künftig weniger Aufwand für das Bestandsgeschäft aufbringen müssen. Diese Zeit können sie für die Neukundengewinnung nutzen."
Abholen konnte Dewald viele der anwesenden Partner damit aber nicht. "Natürlich sehen wir den Trend Richtung Cloud, und wir gehen dieses Thema selbstverständlich an. Aber so leicht, wie es Sage den Wandel hier darstellt, ist er aber nicht", machte ein Partner seinem Ärger Luft. "Man kann seine Service-Techniker oder Integrationsspezialisten nicht plötzlich als Prozess-Berater oder Cloud-Architekten zum Kunden schicken! Das erfordert ganz anderes Know-how, das kaum von heute auf morgen aufzubauen ist. Und diese Spezialisten am freien Markt zu bezahlbaren Preisen zu finden, ist utopisch."

Die Hürde des ersten Cloud-Jahres überwinden

Matthias Schneider, Channel-Chef von Sage
Foto: Sage Software GmbH

Sage-Channelchef Matthias Schneider wurde konkreter und setzte an diesen beiden Punkten an. "Für Partner ist dieser Wandel eine große Herausforderung. Wir unterstützen sie bei der gerade im ersten Jahr schwierigen Umstellung, indem wir bei Office Line 24 im ersten Jahr 40 Prozent Marge gewähren." Die Nachfrage nach Cloud-basierten Angeboten sei hoch: "Durchschnittlich sind bei zwei von sechs Leads Cloud-Lösungen gefragt."

Produkt-Integration soll Cross-Selling fördern

Eine weitere Möglichkeit, den anfänglichen Umsatzeinbruch beim Umstieg ins Cloud-Geschäft zu meistern, sieht Schneider im Cross-Selling, insbesondere mit der DMS-Lösung, die inzwischen in alle Produkte integriert ist, aber auch im Hinblick auf die CRM- und HR-Software.

Die ab Januar 2013 verfügbare neue Version der HR-Software unterstützt künftig nicht nur das Rollenmanagement mit der Sage Worklfow-Engine, sondern soll auch in alle anderen Sage-Produkte integriert werden.

Obendrein wird in wenigen Wochen die Lohnabrechnungssoftware "Sage Entgelt & Personal" als SaaS-basierte Version verfügbar sein. "Damit können Partner jene Endkunden zurückholen, die zu Datev abgewandert sind", so Schneider.

Prozesse vereinfachen

Von der organisatorischen Umstrukturierung (ChannelPartner berichtete) verspricht sich Sage nicht nur eine schnellere Umsetzung von Innovationen im SMB-Bereich, sondern auch eine bessere Unterstützung für Partner.

So wurde der Customer Support, der bislang außerhalb der drei strategischen Geschäftsbereich (Small Business, SMB, Midsize) angesiedelt war, in die SMB-Unit und damit in die Channel-Organisation eingegliedert. Gleiches gilt für die Akademie, die seit November ebenfalls in die SMB-Unit integriert wurde. "Damit wollen wir die Zertifizierung für Partner einfacher machen", erklärte Schneider.

Zudem wurden sowohl das Produktmanagement als auch das Ordermanagement über die strategischen SMB-Produktbereiche (ERP, CRM und HR) hinweg gebündelt.

Schneider will es dabei aber nicht bewenden lassen - er hat offensichtlich verstanden, wo die Partner in der Zusammenarbeit mit Sage - neben der strittigen Produktstrategie - der Schuh drückt. Dazu zählt auch die kaum mehr überschaubare Preisfindung: 27 Seiten zählt inzwischen die offizielle Preisliste, zu der laut Angaben von Partnern häufig noch kurzfristige Preisänderungen hinzukommen. "Bevor ich meinem Kunden ein Angebot zusende, rufe ich immer sicherheitshalber meinen Ansprechpartner bei Sage an, ob der Preis so noch passt", berichtete ein Partner.

Schneider bestätigt das Problem und verspricht nicht nur hier Abhilfe: "Wir werden die Preisliste deutlich vereinfachen, ebenso wie das Order-Management. Obendrein sind die Wartungspreise viel zu komplex, wir haben hier viel zu oft Einzelwünsche eingepflegt. Auch das werden wir ändern."

Margenmodell verbessern

Mehr Transparenz will Schneider obendrein beim jüngst heftig umstrittenen Margenmodell schaffen. "Wir werden im ersten Quartal 2013 Vorschläge vorlegen, die Partnern das Cross-Selling von ERP, CRM und HR erleichtern sollen - sowohl im Hinblick auf die Zertifizierungen als auch auf ein transparenteres Margensystem", kündigte Schneider an.

Im laufenden Geschäftsjahr wird es allerdings noch keine Änderungen geben. "Wir werden in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Partnern ein einheitliches Modell erarbeiten, das für alle drei Segmente verbindlich ist. Umgesetzt wird es dann im Geschäftsjahr 2014", so Schneider.

Mobile Dienste ausbauen

Mit Nachdruck arbeitet Sage daran, die Produktlinien - allen voran Sage One, die Office Linien und ERP X3 - auf jeder Art mobiler Endgeräte nutzbar zu machen und um ergänzende Services zu erweitern.
Große Hoffnungen setzt das Unternehmen dabei auf Microsofts neues Betriebssystem Windows 8, über das Anwendungen sowohl stationär als auch mobil bereitgestellt werden können. "Sage war der einzige Anbieter, dessen ERP-Software als App beim Launch von Windows 8 verfügbar war", so Dewald.

Zudem soll Office Line möglichst schnell alle mobile Clients unterstützen und so dem geänderten Nutzerverhalten von Endanwender Rechnung tragen. Für Windows-8-Anwender steht der Office Line Web Client bereits als App mit eigener Kachel zur Verfügung.

Die CRM-Produkte, in die sich inzwischen auch Informationen aus Sozialen Netzwerken einspielen lassen, sind bereits auf allen mobilen Endgeräten nutzbar und werden momentan in die Office Line integriert.

Wie Partner die Konferenz und die angekündigte Strategie bewerteten, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der ChannelPartner.

(rb)