Gerald Eid, Regional Managing Director DACH bei Getronics

"Großer Nachholbedarf bzgl. Digitalisierung in Deutschland"

12.11.2024 von Ronald Wiltscheck
Im Oktober 2024 startete ein neues Führungsteam bei Getronics. Der Deutschland-Chef Gerald Eid ist bereits seit über zehn Jahren bei dem niederländischen IT-Dienstleister tätig.
Gerald Eid, Regional Managing Director DACH bei Getronics: "Digitalisieren bedeutet nicht das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen."
Foto: Getronics

channelpartner.de: Wie ist die DACH-Organisation von Getronics aufgestellt?

Gerald Eid, Regional Managing Director DACH bei Getronics: In Berlin am Alexanderplatz befindet sich unser Headquarter für die Region DACH. Des Weiteren haben wir in Berlin eine unserer größten Service Desk-Einheiten in unserer Unternehmensgruppe. Von Berlin aus steuern wir auch die bundesweite Field Service-Organisation mit weit über 100 Mitarbeitern und Partnern.

Viele unsere Mitarbeiter sitzen aber auch vor Ort bei unseren Kunden und nur wenige arbeiten "von zu Hause" aus - eben nur dann, wenn sie gerade keine Kundentermine wahrnehmen oder in Projekten aktuell vor Ort keine persönliche Präsenz erforderlich ist.

channelpartner.de: Sollen weitere Niederlassungen in Deutschland eröffnet werden?

Gerald Eid, Getronics: Sicherlich werden wir auch künftig Sites bei unseren Kunden etablieren, da uns die Nähe zu unseren Kunden extrem wichtig ist. Als Anbieter von Managed Services für das Digitale Workplace bieten wir natürlich unseren eigenen Mitarbeiter die besten Möglichkeiten und Lösungen, um remote ihren Aufgaben nachzugehen.

channelpartner.de: Wie viele Mitarbeiter hat Getronics in der DACH-Region momentan?

Eid: In Deutschland haben wir fast 200 Mitarbeiter und wir werden sicherlich weiter wachsen. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht wenig. Man muss aber berücksichtigen, dass wir ein integraler Bestandteil eines global agierenden Unternehmens mit über 4.000 Mitarbeitern sind, und dass dieser Konzern in über 20 Ländern mit eigenen Gesellschaften vertreten ist.
Wir haben Experten zu den verschiedensten Themen, die wir sofort zur Unterstützung in Prorhekten miteinbeziehen können - egal, wo sie physisch präsent sind. Wir sagen immer "We are global with a local footprint!"

Alle wichtigen Bereiche von Getronics befinden sich nicht in der DACH-Region: die Field Services-Organisation agiert von den Niederlanden aus, das Top-Management sitzt im Vereinigten Königreich, das Security Operation Center (SOC) befindet sich in Barcelona. In Frankreich gibt es zwei Standorte, in Spanien sogar neun und im Vereinigten Köngreich sechs. Dazu kommen sechs weitere Standorte in Europa: in den Niederlanden, in Ungarn und Italien, in Belgien, Portugal und in Rumänien.

channelpartner.de: Welche Rolle kommt also der DACH-Region bei Getronics zu?

Eid: In Deutschland haben wir die größte Field Service Organisation der Getronics Unternehmensgruppe. Mit ihr decken wir unter anderem für einen namhaften Hardware-Hersteller bundesweit alle Hardware-nahe Services im End-User- und Enterprise-Bereich ab.

Der deutsche Service Desk-Standort ist ein wichtiger Bestandteil unserer Global Services. Von Deutschland aus bieten wir insbesondere unseren deutschen Kunden einen erstklassigen Service.

Unsere Region verantwortet einen jährlichen Umsatz von weit über 50 Millionen Euro und ist damit (nach den Niederlanden) die zweitgrößte Region innerhalb der globalen Organisation.

Für Kunden aus der DACH-Region erbringen wir Leistungen in über 25 Ländern weltweit. Viele unsere Kundenbeziehungen bestehen seit mehr als 15 Jahren, vereinzelt auch schon seit über 25 Jahren.

In den letzten Jahren haben wir in Deutschland ein deutliches Wachstum erzielt, auch in diesem Jahr erwarten wir ein Wachstum von mehr als 20 Prozent. Damit alleine erklärt sich schon unsere Rolle.

Wir leisten einen großen Beitrag zum Erfolg der gesamten Getronics-Organisation und sind auch zukünftig im Fokus der strategischen Ausrichtung.

channelpartner.de: Sind Übernahmen von IT-Dienstleistern in Deutschland geplant?

Eid: Wir beobachten ständig welche Optionen der deutsche Markt bietet. Wenn wir eine Akquisition in Betracht ziehen, dann muss diese zu unserem bestehenden Portfolio ergänzend sein beziehungsweise unser Portfolio stärken. Darüberhinaus sind wir aber auch für strategische Kooperationen offen, zum Beispiel im Bereich Unternehmens- & Strategieberatung.

channelpartner.de: Wie gewinnt Getronics aktuell neue Mitarbeiter in Deutschland?

Eid: Aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels sind wir sowohl für Quereinsteiger als auch Professionals offen. Dabei beschränken uns wir nicht nur auf den lokalen Markt. Ferner werden wir künftig die Kooperationen mit Universitäten und andere Institutionen ausbauen. Außerdem müssen wir uns den Kooperationen mit anderen Ländern weiter öffne - sprich Fachkräftezuwanderung. Das können wir aber nicht alleine stemmen, hier muss der Staat uns unterstützen und die Prozesse vereinfachen.

channelpartner.de: Wie schätzt Getronics den Digitalisierungsgrad in Deutschland im Vergleich zu Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Italien, Portugal und dem Rest der Welt ein? Haben wir hier zu Lande diesbezüglich einen hohen Nachholbedarf?

Eid: Wir haben in Deutschland einen großen Nachholbedarf bezülich der. Digitalisierung. Digitalisieren bedeutet mehr als "einen manuellen Prozess in ein digitales System" umzuwandeln. Digitalisierung bedeutet auch die intelligente Verarbeitung, Auswertung und Bereitstellung komplexer Daten, Informationen und Ergebnisse. Das hilft Prozesse zu vereinfachen und damit zu beschleunigen.

Entscheidungen können so schneller getroffen, komplexe Sachverhalte effiziener analysiert werden, und so weiter. Insbesondere in den öffentlichen Bereichen und im Mittelstand gibt es einen starken Nachholbedarf in Deutschland,

channelpartner.de: Wie können wir diesen Rückstand aufholen?

Eid: Der Staat muss Barrieren beseitigen, die den Austausch von Daten zwischen den Ländern, Institutionen und Firmen verhindert. Ferner gilt es, ein anderes Mindset in den Intuitionen und Firmen zu schaffen.

Digitalisierung bedeutet nicht das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen, sondern die Schaffung von neuen Chancen da die Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit sichert und steigert. Mindset zu ändern bedeutet auch, offen sein für Neues - "alte Zöpfe abschneiden und neue Wege gehen", auch mal bewusst Risiken eingehen.

Mehr Investitionen in die Ausbildung und Weiterbildung sind unabdingbar und der Zuzug von ausländischen Fachkräften muss erleichtert werden

channelpartner.de: Innerhalb der Global Workspace Alliance (GWA) arbeitet Getronics in 185 Ländern mit elf weiteren IT-Dienstleistern zusammen. Welche sind das in Deutschland? Soll GWA in Deutschland ebenfalls etabliert und ausgebaut werden?

Eid: Wie schon erwähnt verfügen wir in Deutschland über große Field Service und Service Desk Organisationen, daher benötigen wir für die Leistungserbringung in Deutschland keinen GWA-Partner.

channelpartner.de:Welchen Stellenwert hat die KI-Technologie bei Getronics? Ist das Hype oder bereits Realität? Welche Bedeutung wird KI 2025 zukommen? Welche konkreten KI-Anwendungen hat Getronics bereits im Einsatz? In welchen Bereichen?

Eid: KI hat bei uns einen hohen Stellenwert und KI betrifft alle Bereiche.

Der anfängliche Hype ist sicherlich nicht mehr vorhanden, aber die Unternehmen beschäftigen sich damit sehr intensiv. Wenn wir mit einem Kunden über den Einsatz von KI diskutieren, ist es wichtig ihm zu vermitteln, dass es wichtig ist, gemeinsam den strategisch besten Ansatz zu ermitteln. Das Motto muss lauten, Technologie an Unternehmensziele anzupassen und nicht umgekehrt.

KI bietet zwar große Chancen, wirft aber auch Bedenken auf, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit. Unser Ziel ist es, End-to-End-Lösungen anzubieten, die die vorhandenen Tools der Kunden maximieren und einen echten Wert und greifbare Ergebnisse schaffen.

Mit Partnern und Kunden entwickeln wor hochwertige Lösungen, die auf dem Wissen unserer Kunden, auf unserer Erfahrung bei der Entwicklung von Plattformen für die digitale Transformation und den dabei mit KI erzielten Ergebnissen basieren. Dies hat eine unaufhaltsame Eigendynamik, die verschiedene Unternehmensbedürfnisse betrifft: Entwicklungsgeschwindigkeit, Informationssicherheit, Kundenbindung, Kostenkontrolle und anderes. Dieser Prozess passiert interativ, also Schritt für Schritt in die richtige Richtung.

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