In Diskussionen um den Energiebedarf professioneller IT ist meist von plakativen Systemen wie Servern oder Storage die Rede. Die Leistungsaufnahme der Netzwerkinfrastruktur führt da eher ein Schattendasein, dabei gibt es auch dort Sparpotenzial.
Bei Einführung einer neuen Prozessorgeneration geht es längst nicht mehr um die absolute Performance, sondern um die Energieeffizienz derselben. Das Thema Green IT findet häufig auf Komponentenebene statt, oder bezüglich der entsprechenden Systeme wie Servern und deren Aufenthaltsräumen. In Diskussionen um die Netzwerkinfrastruktur steht häufig noch die Performance im Vordergrund, dabei geht auch der Datentransport nicht ohne entsprechende Leistungsaufnahme vonstatten. Netzwerkanwendungen wie Collaboration oder Videoconferencing sollen ganzheitlich betrachtet die Energiebilanz eines Unternehmens verbessern – zumindest, wenn es nach den Aussagen der Hersteller geht.
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Ein typischer LAN-Switch mit Power over Ethernet (PoE) frisst etwa 600 bis 1000 Watt Strom, so rechnet Jörg Kracke, Deutschland-Geschäftsführer bei der gerade von HP gekauften 3Com, vor. Ebenso schlägt sich der ständige Wettlauf um höhere Übertragungsraten im Netz negativ auf die Energiebilanz nieder. „10 Gigabit Ethernet ist zwar hundertmal schneller als Fast Ethernet“, so Kracke weiter, „verbraucht aber auch die sechsfache Strommenge.“
Eine höhere Leistungsaufnahme hat den Effekt, dass die Abwärme in den Etagenverteilern steigt. Diese sind meist weit davon entfernt, in Sachen Klimatisierung etwa wie ein Serverraum betrachtet zu werden. Kurzum, in den Etagenverteilern ist nachfolgend eine zusätzliche Kühlung nötig, die ihrerseits wiederum den Energiebedarf erhöht. Addieren sich alle diese negativen Faktoren, wartet auf den Anwender noch eine weitere Kostenfalle: Die Stromverkabelung muss eventuell erneuert werden, weil sie dem gestiegenen Verbrauch nicht gewachsen ist.
Performance benötigt Energie
Eine Erklärung für den steigenden Energiebedarf bei höheren Transferraten im Netz liefert Jan Roschek, Direktor bei Cisco in Deutschland: „Mit den steigenden Geschwindigkeiten erhöhen sich im Kupferkabel die Fehler durch Störungen, sodass schnellere und effizientere Korrekturverfahren verwendet werden müssen.“ Und diese erforderten mehr Rechenleistung, was sich direkt in einem höheren Stromverbrauch widerspiegle. Auf der anderen Seite lassen sich die im Kabel entstehenden Störungen erst mittels moderner digitaler Signalverarbeitung unterdrücken und so eine Übertragung per Kupferkabel realisieren.
Sparsame Glasfaser
Vor diesem Hintergrund kann die Glasfaser gleich doppelt punkten. Zum einen treten bei ihr, so 3Com-Geschäftsführer Kracke, in engen Kabelschächten keine Übertragungsfehler durch Übersprechen auf, zum anderen verbraucht sie weniger Strom, da DSP zur Fehlerkompensation entfallen kann. Pro Netzwerk-Port braucht die Glasfaser mit einem Watt, wie Cisco-Manager Roschek vorrechnet, rund sieben Watt weniger als ein klassischer Kupferkabelanschluss.
Allerdings ist auch beim Kupferkabel in Sachen Ethernet noch nicht das letzte Wort gesprochen: Das US-amerikanische Normierungsgremium IEEE arbeitet unter der Bezeichnung „IEEE 802.3az“ an einer Erweiterung der Ethernet-Standards um das „Energy Efficient Ethernet“. Davon verspricht sich etwa David Law, Chairman der IEEE-802.3, enorme Einsparmöglichkeiten.
Zukunft: Energy Efficient Ethernet
Die Idee hinter Energy Efficient Ethernet ist, dass ein LAN-Port nur noch dann Strom verbraucht, wenn auch wirklich gerade Daten übertragen werden. Im Leerlauf sollte er dann einen Energiebedarf von annähernd null Watt aufweisen. Damit hält im LAN ein Gedanke Einzug, der im Carrier-Umfeld bei den DSL-Zugängen bereits verwirklicht ist:
So verfügt ADSL2/2+ genau über eine solche Stromsparfunktion, die im DSL-Modem und im DSLAM den Energieverbrauch senkt, wenn keine Daten übertragen werden, die Geräte also in eine Art Schlafmodus schickt. Beim Energy Efficient Ethernet sollen nun die Daten in möglichst kurzer Zeit mit höchster Geschwindigkeit übertragen werden. Danach soll der Port dann in einen Schlafzustand verfallen, wo er fast keinen Strom verbraucht. Steht dann eine neue Übertragung an, werden die beteiligten Kommunikations-Ports mit einem Wecksignal wieder in den aktiven Übertragungsmodus versetzt. „Und der typische Ethernet-Port eines Endgeräts befindet sich zu 99 Prozent der Zeit im Leerlauf und benötigt heute dennoch unvermindert Energie“ erklärt Law das Potenzial der neuen Technik.
So vielversprechend der Energy-Efficient-Ethernet-Ansatz auch klingt, bei den momentanen Bemühungen, den Energiebedarf zu senken, bringt er wenig: Branchenkenner rechnen nämlich erst 2010 mit einer Verabschiedung der IEEE-Norm 802.3az. Zudem müssen die Anwender hier erst einmal kräftig investieren. „Energy Efficient Ethernet funktioniert nur“, so IEEE-Mitglied Law, „wenn beide Endpunkte einer Verbindung einem Upgrade unterzogen werden – also etwa ein Switch-Port und der Netzwerk-Port eines Rechners.“ Für die Anwender bleibt zumindest ein Trostpflaster: Die Technik ist abwärtskompatibel zum klassischen Ethernet, sodass etwa gemischter Betrieb möglich ist und eine Einführung mit der Substitution vorhandener Notebooks und PCs durch neue Geräte erfolgen kann, denn bei kommenden Produktgenerationen dürfte IEEE 802.3az ein Standard-Feature sein.
Reduktion der Interface-Karten
802.3az ist allerdings nicht die einzige Anstrengung der IEEE, um den Energieverbrauch der Netzinfrastruktur zu senken. Laut Law arbeitet „die IEEE 802.1 Data Centre Bridging Task Group an einem Standard für ein konvergentes Ethernet im Rechenzentrum“. Dabei geht es darum, die Zahl der diversen Subnetze in einem Rechenzentrum wie etwa LAN und Speichernetz zu reduzieren und so Strom zu sparen, konkretisiert Cisco-Manager Roschek. Unter dem Schlagwort Unified I/O sollen so die oft zahlreichen Network Interface Cards (NICs), Host Bus Adapters (HBAs) und Host Channel Adapters (HCAs) eines Servers auf wenige Converged Network Adapters (CNAs) reduziert werden, die ihre Daten über ein einziges 10-Gigabit-Ethernet austauschen. Allerdings steht auch diese Entwicklung erst am Anfang, und bereits erhältliche Lösungen unterliegen vorerst dem Generalverdacht, „proprietär“ zu sein, da noch kein Standard existiert. Geht es nach Cisco, soll dieser als Data Center Ethernet (DCE) verabschiedet werden.
Stromsparen durch grundlegend neue Standards ist aber nur eine Option. Ebenso lässt sich der Energieverbrauch mit einem modernen Produktdesign senken. Roschek zufolge verbraucht ein einzelner 10GBase-T-Adapter heute, wenn das Hardware-Design mit einem Field Programmable Gate Array (FPGA) realisiert wurde, unter dem Strich 20 Watt. Konstruiert man dagegen den gleichen Netzadapter mit einem Application Specific Integrated Circuit (Asic) als Baustein, dann reduziert sich der Energieverbrauch auf die Hälfte. In das gleiche Horn bläst IEEE-Mitglied Law: „Die Anwender können bereits heute Geld und Energie sparen, wenn sie auch im Netzwerk bei Neuanschaffungen auf die Energieeffizienz achten.“
Neue Geräte brauchen weniger Strom
Wie hoch diese Unterschiede in der Praxis ausfallen können, zeigt Kracke an einem Beispiel aus dem eigenen Haus: „Tauscht man einen Gigabit Switch der älteren Generation – etwa einen 3Com 4924 gegen einen 3Com 4200G – aus, ergibt sich eine Ersparnis von 178 Watt pro Switch.“ Auf den ersten Blick scheint dies keine berauschende Einsparung zu sein – beim Netz wird jedoch gern vergessen, dass die Verbesserungen 100- beziehungsweise 1000-fach erzielt werden. Legt man beispielsweise ein typisches Unternehmens-LAN mit 100 Ethernet-Switches und 2000 Netzknoten zugrunde, ergeben sich ganz andere Größenordnungen: Es werden rund 156.000 Kilowattstunden eingespart. „Eine Menge, die der jährlichen Beleuchtung von 125 Einfamilienhäusern entspricht“, veranschaulicht Kracke.
Feintuning
Ferner existieren einige Stellhebel, um mit relativ wenig Aufwand den Energieverbrauch zu reduzieren. Gerade bei größeren Netzkomponenten, die zur Verbesserung der Ausfallsicherheit redundant aufgebaut sind, gehen 30 bis 40 Prozent des Stromverbrauchs darauf zurück, dass die Stromversorgung ineffizient ist. Deshalb ist darauf zu achten, dass die Effizienz der Stromversorgung bei Volllast über 80 Prozent liegt – analog den PC-Netzteilen der Spezifikation 80-Plus. Diese Effizienzsteigerung führt direkt zu einer anderen Sparmaßnahme: Warum müssen die Gehäuselüfter ständig laufen, wenn dank effizienterer Stromversorgung weniger Energie in Wärme umgewandelt wird?
Hier bieten sich temperaturgesteuerte Lüfter an, damit kein Strom für unnötige Kühlleistung gebraucht wird. An dieser Stelle sind auch die Hersteller gefordert, denn durch ein intelligentes Gehäuse- und Gerätedesign lassen sich viele Netzkomponenten auch komplett ohne Lüfter konzipieren. Das schont nicht nur das Energiebudget, sondern auch die Nerven der Anwender aufgrund der geringeren Geräuschbelastung. Eine weitere Kostenfalle unter Stromaspekten ist das im Zusammenhang mit WLANs und VoIP propagierte Power over Ethernet.
Mit neuen Standards wie Enhanced Power over Ethernet beziehungsweise Power over Ethernet Plus, die Endgeräte mit 30 oder 60 Watt über das LAN versorgen sollen, stellt sich die Frage, ob jedes Device diese elektrische Leistung wirklich braucht. Hier ist darauf zu achten, dass die Produkte entsprechende Managementprofile ermöglichen, um die maximale Leistung je nach den angeschlossenen Geräten festzulegen. Und diese Features sollten im Alltag dann auch genutzt werden. (mje)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterpublikation Computerwoche.