Google Nexus One: In einigen Punkten außerordentlich
Das Google Phone Google Nexus One ist seit Anfang Januar erhältlich – zumindest in den USA. Doch das Nexus One ist in Wahrheit nicht das Super-Handy, das uns Google angepriesen hat. Unsere amerikanische Schwesterpublikation PC-WORLD hat das Google Nexus One ausführlich getestet. Dem Smartphone fehlen einige wertvolle Funktionen – zum Beispiel Multitouch und die Möglichkeit, Outlook-Kalender zu synchronisieren. Solche Funktionen haben Konkurrenz-Modelle schon lang zu bieten. Auch die Android-Tastatur kann manchmal schwer zu bedienen sein. Aber eines steht fest: Der Qualcomm Snapdragon Prozessor des Nexus One mit einem Gigahertz hebt das Smartphone in puncto Leistung aus der breiten Android-Masse ab.
Das Design: Solide, aber nicht bahnbrechend
Die Hardware des Nexus One ist nicht besonders innovativ und sein Design stammt unverkennbar von HTC. Streng genommen ähnelt es dem HTC Hero (ausführlicher Händlertest hier) ziemlich stark, wurde nur etwas in die Länge gezogen. Nichtsdestotrotz ist das Nexus One optisch attraktiv und auch gut verbaut. Die abgerundeten Ecken, das solide Glas-Display und die gummierte Rückseite sorgen für einen angenehmen Halt-Komfort. Mit zwölf Zentimetern in der Höhe, sechs Zentimetern in der Breite und einer dicke von nur einem Zentimeter ist das Nexus One deutlich schlanker als das Motorola Milestone. Es wiegt auch weniger: nur 135 Gramm im Vergleich zu den 170 Gramm des Milestone. Deutlich unattraktiver ist das Farbschema mit seinen zwei verschiedenen Grautönen.
Am unteren Rand des Displays befinden sich vier berührungssensitive Bedienknöpfe: Je eine Abbruch-, Menü-, Such- und Home-Taste. Unter den Knöpfen liegt ein Trackball, wie schon beim HTC Hero. Auch wer kein großes Fan von Trackballs ist: Dieser hier ist sehr einfach und komfortabel zu bedienen. Auch die Touch-Knöpfe geben sehr gutes Feedback, allerdings reagieren sie erst auf stärkeren Druck. Ein länglicher Power-Schalter sitzt an der Oberseite des Nexus, direkt neben dem 3,5 Milimeter Standard-Kopfhörer-Anschluss. Am rechten Rand befindet sich der Lautstärkeregler, unten der Anschluss für Mikro-USB. Die Kamera und das Blitzlicht sind an der Rückseite des Nexus angebracht. Der Micro-SD- und SIM-Kartenleser verbergen sich unter dem Batteriefach.
Das 3,7 Zoll AMOLED-Display des Nexus One hat bereits im Vorfeld für eine Menge Aufmerksamkeit gesorgt. Aus gutem Grund: Das Display ist hervorragend! Allerdings werden Fotos und Videos dem brillanten Bildschirm nicht gerecht. Das muss man am besten live gesehen haben, wie scharf Texte dargestellt werden und Fotos schillern. Dank des Displays sehen auch neue Funktionen von Android 2.1, wie das Scroll-Menü und das 3D-Hintergrundbild umwerfend aus. Wer das Nexus One allerdings draußen und bei starker Sonneneinstrahlung benutzt, muss Abstriche beim Display machen. Dann sind Bilder und Texte nur noch sehr schwer erkennbar. Das dürfte insbesondere Hobby-Fotografen enttäuschen, die mit der 5-Megapixel-Kamera des Smartphones Bilder schießen wollen.
Android 2.1: Kleine Schönheitsreparaturen
Das Nexus One ist das erste Smartphone, das mit dem Betriebssystem Android 2.1 läuft. Und wird es vorläufig wohl auch bleiben. Denn Updates für das Motorola Milestone oder Samsungs Android-Reihe wurden bislang noch nicht angekündigt. Android 2.1 fügt dem eher kargen Betriebssystem einige visuelle und ästhetische Verbesserungen hinzu. Zum Beispiel animierte Wallpaper mit fallenden Blättern oder wehendem Gras. Die sehen auf dem fantastischen Display zwar wirklich klasse aus, saugen aber auch stärker an dem Akku des Smartphones.
Statt drei Standard-Homescreens gibt es bei Android 2.1 jetzt fünf. Kalter Kaffee für Nutzer des Motorola Cliq und HTC Hero: das MotoBlur- und SenseUI-Interface bieten ebenfalls schon fünf Homescreens. Auch die Foto-Galerie zeigt sich in einem neuen Kleid. Wenn Sie die App öffnen, erscheinen Ihre Bildgruppen in verschiedenen Stapeln. Mit einem Fingerzeig auf einen der Stapel können Sie sich Vorschaubilder Ihrer Fotos in einem Raster ansehen. Im Slideshow-Modus schnippen Sie sich bequem durch die Großansichten Ihrer Bilder.
Die meist diskutierte neue Funktion von Android 2.1 ist die Möglichkeit, Sprachmemos in Text umzuwandeln. Statt zu tippen können Sie Ihren neuesten Twitter-Eintrag jetzt also dem Nexus One einflüstern. In unseren Tests funktionierte diese Technik außerordentlich gut. Allerdings muss man recht laut und langsam sprechen, damit das Smartphone das Gesprochene korrekt umsetzt – selbst in ruhiger Umgebung. Murmelt man nur, spricht leise oder benutzt umgangssprachliche Ausdrücke, spielt das Nexus One leider nicht mehr mit.
So schick die Neuerungen in Android 2.1 auch sind: es scheint, als wären andere Baustellen des Nexus One vernachlässigt worden. Der Musik-Player ist beispielsweise noch immer der, den schon das G1 von T-Mobile hatte; er unterstützt Album-Cover, Playlisten, Wiederholungs- und Shuffle-Modus. Lieder können über das mitgelieferte USB-Kabel oder eine Mikro-SD-Karte aufgespielt werden.
Die Mankos
Um ein Android-Handy benutzen zu können, benötigen Sie einen Google-Mail-Account. Sie können aber auch schnell und einfach Web-basierte POP3- und IMAP-Konten einrichten, oder Ihre Outlook-Daten mit dem Smartphone synchronisieren. Leider können Sie jedoch nicht Ihre Einträge im Outlook-Kalender mit dem Nexus One abgleichen. Google verspricht, diese Funktion bald nachzureichen; in der Zwischenzeit sollten besonders Business-Nutzer den Wechsel zum Nexus One aufschieben.
Viele Nexus-Anhänger sagen, sie können gut ohne Multitouch auskommen. Und das mag in vielen Belangen auch der Fall sein. Dass Google es nicht geschafft hat, diese Funktion in sein Betriebssystem zu integrieren ist aber trotzdem mehr als ärgerlich. Sogar das Windows-basierte HTC HD2 verfügt über Multitouch. Google mag seine Gründe haben, doch die Funktion bei einem ansonsten so starken Smartphone auszulassen, scheint fast schon bizarr. Insbesondere, wenn man mit der Software-Tastatur des Nexus arbeiten muss, die sich ein wenig zu eng und langsam anfühlt.
Das Nexus One für Hobbyfotografen
Alles in allem kann man die Kamera des Nexus One als stattlich bezeichnen. Auch die Android-Kamera-App scheint schneller zu arbeiten als die meisten anderen Foto-Anwendungen – zumindest die Auslöseverzögerung zeigte sich deutlich kürzer. Außen-Aufnahmen sehen fantastisch aus, auch wenn sich – wie zuvor erwähnt – das Betrachten der Bilder bei Sonneneinstrahlung auf dem Display schwierig gestaltet. Einige der aufgenommenen Indoor-Fotografien wiesen einen leichten Grünstich auf; Details überzeugen jedoch durch Schärfe, Feinkörnigkeit und wenig Verpixelung.
Die 5-Megapixel-Kamera bietet vier verschiedene Auflösungen, sowie Blitzlicht, Autofokus, Endlosfokus, zweifach digitalen Zoom, Weißabgleich, Farbeffekt-Einstellungen und drei verschiedene Qualitätsstufen. Videos können bei einer Auflösung von 720 mal 480 Pixeln 30 Minuten lang aufgenommen werden. Aufnahmen für Multimedia-Nachrichten werden hingegen nach 30 Sekunden gekappt.
Die Leistung: Außergewöhnlich
Was das Nexus One von seinen Konkurrenten hervorhebt, ist nicht sein Betriebssystem oder Design. Es ist das, was sich unter der Schale verbirgt: Der leistungsstarke Qualcomm Snapdragon Prozessor mit einem Gigahertz bringt das Smartphone richtig auf Hochtouren. Apps laden quasi ohne Wartezeit und auch Webseiten sind sofort zugänglich. Auch beim Durchblättern von Aufnahmen in der neuen Photo-Gallery-App macht sich die Schnelligkeit der CPU positiv bemerkbar.
Die Anrufqualität über T-Onlines 3G-Netzwerk kann ebenfalls überzeugen. Stimmen klingen klar und natürlich, zumindest bei ausreichender Lautstärke. Auch Anrufer sind größtenteils zufrieden mit der Sprachqualität des Nexus-Nutzers, auch wenn sich die Stimmen manchmal etwas weit entfernt anhören.
Einige Nexus-One-Nutzer beschwerten sich jedoch, dass ihr Smartphone gelegentlich vom 3G-Netz zum EDGE-Netz wechselt, beziehungsweise überhaupt keine Verbindung zu 3G herstellen kann. Auch manche Google-Konten machten streckenweise Probleme, verweigerten den Zugang. Wir stellten außerdem einige Netzwerk-Probleme fest, als wir versuchten, Bilder über Picasa hochzuladen.
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Fazit: Das Nexus One ist also nicht das bahnbrechende Smartphone, das viele sich erhofft haben – obwohl es in puncto Leistung, Display-Qualität und Geschwindigkeit die meisten anderen Konkurrenz-Geräte aussticht. Die Android-Software-Tastatur benötigt dringend eine Generalüberholung und eine Multitouch-Funktion hätte wahrlich niemandem geschadet. Ist das Nexus One trotzdem das beste Smartphone auf dem Markt? Es ist zwar nah dran, doch wir denken, dass das Motorola Milestone mit seiner Hardware-Tastatur geringfügig die Nase vorn hat. Kein Wunder, dass es Android-Freunden bereits in den Fingern juckt, wenn sie hören, dass das nächste Nexus One mit einer echten Tastatur daherkommt.