„Ganz einfach, Videos und Musik aus dem Internet auf Ihrem Fernseher erleben“ – mit diesem Slogan bewirbt der Internet-Riese seinen Streaming-Stick Chromecast, der seit kurzem auch in Deutschland bei Amazon, Mediamarkt und Co für 35 Euro zu haben ist. In den USA gab es ihn schon seit Monaten. Smart-TV zum Nachrüsten zu diesem Preis ist wirklich konkurrenzlos billig, selbst das vergleichsweise günstige Apple TV kostet rund das Dreifache.
Was also darf man von einem solch günstigen „Gerät“ erwarten? Schließlich ist der Chromecast nur etwas größer als ein herkömmlicher USB-Stick, der über den HDMI-Sticker an das TV-Gerät angesteckt wird. Eine Einschränkung klingt in Googles Werbebotschaft mit „aus dem Internet“ schon mit: Das kleine Schwarze überträgt – formal – wirklich nur Inhalte aus der Cloud, also beispielsweise Videos von Youtube oder aus der Online-Videothek Watchever (Maxdome soll in Kürze folgen) sowie Songs über Google Music.
Chromecast ist schnell und einfach eingerichtet
Eingerichtet ist der 30 Gramm leichte Stick wirklich schnell: Einstecken an eine der HDMI-Buchsen am Fernseher, mithilfe des mitgelieferten Netzteils oder ein USB-Kabel über eine freie USB-Buchse des TV-Geräts mit Strom versorgen und einschalten. Zum Einrichten, Steuern und Abspielen benötigt man noch die kostenlose Chromecast- bzw. Tubecast-App (Android, iOS und Windows Phone), in die man einmalig den WPA-Schlüssel für das WLAN-Netzwerk eingibt. Alternativ lässt sich alles über den Chrome-Browser mitsamt der Chromecast-Erweiterung erledigen, sowohl auf Windows- und Linux-PCs als auch auf dem Mac.
Das alles funktioniert schnell und einfach, allerdings unterstützt Chromecast nur den 2,4 GHz-Bereich bis zum n-Standard, nicht dagegen die störungssicherere 5 GHz-Frequenz. Auch bezüglich Bauform und Zubehör muss kritisch angemerkt werden, dass der Stick mit eingestecktem USB-Stromkabel seitlich mehr als zehn Zentimeter Platz beansprucht. Bei vielen Fernsehern sind die HDMI-Buchsen aber so angeordnet, dass der Stick wenig ansehnlich an der Seite übersteht und von vorn sichtbar ist.
Wenigstens hätte Google den beiliegenden HDMI-Extender, also die kurze flexible Kabelverlängerung mit HDMI-Stecker und -Buchse, mit einem abgewinkelten Stecker ausstatten können – das aber ist nicht der Fall. Zur Not muss man Stick und HDMI-Extender also mit starkem Klebeband hinter dem Fernsehgerät fixieren, damit die Kabel aus dem Blickfeld verschwinden.
Mobil-Apps sehr gut, Schwächen bei Browser-Übertragung
Auf den ersten Blick ist die App-Unterstützung noch recht übersichtlich, Google zählt nicht einmal zehn Apps mit Chromecast-Modus auf. Tatsächlich aber tummeln sich im Android-Playstore mehrere Dutzend Anwendungen, welche die Inhalte vom Smartphone oder Tablet auf den Fernseher streamen. Für iOS-Geräte ist die Auswahl noch nicht so groß, aber auch dort wächst das Angebot.
Neben den zahlreichen Android-Apps, die Chromecast schon nativ unterstützen und bei denen man zum Übertragen nur noch auf das „Fernseh“- oder Cast-Symbol rechts oben tippen muss, ist auch die wirklich ausgezeichnete Streaming-App BubbleUPnP dabei. Darin lässt sich neben der Quelle auch der „Renderer“, also das Abspielgerät, festlegen. Und stellt man diesen auf den Chromecast-Stick ein, laufen eben auch aktuell nicht-native Chromecast-Apps wie die ZDF-Mediathek auf dem Fernseher.
Das mag etwas kompliziert klingen, ist aber in wenigen Sekunden eingestellt und gestartet. Positiv ist zudem, dass der Chromecast-Stick – ein entsprechend schneller Internet-Anschluss vorausgesetzt – auch Videos in Full-HD ruckelfrei überträgt, sobald die Übertragung nach ein paar Sekunden Puffern am Anfang startet. Das Mobilgerät fungiert dabei übrigens stets nur als Steuergerät: also als bequeme Fernbedienung, mit dem Sie den Befehl zum Abspielen starten. Gestreamt werden die Inhalte vom WLAN-Stick direkt aus dem Netz, so dass man in der Zwischenzeit Smartphone oder Tablet beliebig anderweitig nutzen kann.
Mit BubbleUPnP und zahlreichen anderen Apps wie Plex, AllCast, LocalCast oder CastOnTV lassen sich selbstverständlich auch alle lokalen Inhalte auf den Fernseher übertragen. Die anfangs genannte Einschränkung „aus dem Internet“ existiert also in der Praxis nicht. Streamen lässt sich auch von Netzwerkfestplatten, von denen man die Inhalte entweder über diese Hilfs-Apps oder wie bei Synology über die Hersteller-Apps für die NAS.
Einschränkungen gab es in unserem Praxistest höchstens durch die Apps selbst. So verlangt beispielsweise die Maxdome-Applikation zwingend ein Konto, für das ein Paket zugebucht ist. Einfach einen Film on demand gegen Gebühr ansehen, funktioniert zum Zeitpunkt des Tests jedenfalls nicht.
Die besondere Stärke des direkten Streamings vom Chromecast-Stick offenbart sich eindrucksvoll beim Spiegeln des Chrome-Browser von leistungsschwachen Notebooks – denn hier läuft alles über die PC-Hardware inklusive Grafikkarte. In der Praxis bedeutet das unter Umständen nicht nur die fehlende Synchronisation von Bild und Ton. Die Videos ruckeln am TV-Gerät auch so stark, dass das Filmvergnügen stark eingeschränkt wird. Zudem beschränkt sich das Übertragen im Browser-Tab auf eine Maximalauflösung von 720p, bei den Codecs werden nur H.264 sowie VP8 unterstützt.
Besser sieht es aus, wenn man mehr oder weniger statische Browser-Inhalte auf den Fernseher überträgt, beispielsweise wenn man mit Familie oder Freunden auf dem großen Bildschirm „gemeinsam“ im Internet surft.
Fazit: Günstige Hardware mit sehr viel Potenzial
Zunächst glänzt der Chromecast-Stick mit einer kinderleichten Bedienung, auch wenig technikaffine Personen kommen mit Einrichtung, Bedienung und Nutzung schnell klar. Der Preis von nur 35 Euro rückt das Gerät zudem in den Bereich „Mitnahmeartikel“, mit dem man nicht viel falsch machen kann.
Macht man aber auch nicht, denn das Google-Gerät macht, was es soll: Die Hardware spielt selbst Full-HD-Videos (1080p) flüssig ab, und die ursprüngliche Einschränkung auf die Inhalte aus der Cloud ist durch die vielen „lokalen“ Apps längst ausgehebelt. Genau in den Apps liegt auch das Potenzial: Noch muss man sich in vielen Fällen über Hilfsapplikationen wie BubbleUPnP oder Plex helfen, doch mit der Zeit dürften immer mehr kommerzielle Anbieter Chromecast nativ unterstützen – so wie das die Online-Videothek Watchever schon jetzt macht.
Schließlich überzeugt das Konzept auch insofern, als der Stick alle Inhalte per WLAN direkt aus dem Netz streamt, das Smartphone oder Tablet fungiert also nur als Fernbedienung, was im Übrigen sehr bequem ist.
Bei Übertragen der Tab-Inhalte des Chrome-Browsers vom Notebook treten – abhängig von der Hardware-Ausstattung – jedoch erhebliche Defizite zutage. Zudem zieht das beiliegende Netzteil selbst im Leerlauf gut zwei Watt, so dass der Chromecast-Stick rund fünf Euro zusätzliche Stromkosten pro Jahr verursacht.
Dessen ungeachtet schlummert im neuen Google-Stick noch viel Potenzial, das sich erst im Lauf der nächsten Zeit in Form neuer Apps zeigen wird. Also eine gute und ernstzunehmende Konkurrenz zu Apple TV, Raspberry Pi und anderen Produkten.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der PC-Welt. (mhr)