Grundsätzlich gilt, dass die Erledigung steuerlicher Pflichten vom Geschäftsführer auf andere Personen delegiert werden kann. Ein eigenes Verschulden bei der Befolgung steuerlicher Pflichten kann ihm dann kaum nachgewiesen werden. In besonderen Situationen erhöht sich allerdings die Überwachungspflicht des GmbH-Chefs. Wird dies verkannt, kann sich daraus seine persönliche Haftung gegenüber dem Finanzamt ergeben.
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall (Az. VII S 27/04) wurde der Geschäftsführer einer zwischenzeitlich insolventen GmbH wegen nicht abgeführter Lohnsteuer persönlich vom Finanzamt in Haftung genommen.
Die offene Lohnsteuerschuld ergab sich daraus, dass kurz nach einem Wechsel des Steuerberaters die geschuldete Lohnsteuer zunächst überwiesen, dann aber vom Finanzamt erstattet worden war. Denn die GmbH hatte weder den genauen Verwendungszweck angegeben noch eine Lohnsteuer-Anmeldung eingereicht.
Erst zwei Jahre später, kurz vor der Insolvenz, stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH für einen Monat die Lohnsteuer schuldig geblieben war. Der Geschäftsführer sollte persönlich für die Nichtzahlung haften (§ 69 Abgabenordnung).
Der BFH gab dem Finanzamt in letzter Instanz Recht. Es gelte zwar der Grundsatz, dass bei der Haftung für nicht abgeführte Steuern die Zurechnung von Fremdverschulden unzulässig ist. Diesen Umstand versuchte sich der GmbH-Chef zunutze zu machen und trug zu seiner Entlastung vor, dass er die Prokuristin und die Steuerkanzlei mit der Abwicklung der Lohnsteuer-Anmeldung und -zahlung beauftragt habe. Als technischem Leiter sei es ihm unzumutbar gewesen, alle Buchungen zu kontrollieren; seine Kontrolle habe sich auf die Jahresabschlüsse konzentriert. Dort sei die offene Lohnsteuerschuld nicht ersichtlich gewesen.
Den BFH überzeugte dieses Vorbringen nicht. Er warf dem Geschäftsführer als eigenes Verschulden vor, die ihm obliegende Überwachungspflicht nicht hinreichend beachtet zu haben. Die Intensität der Überwachungspflicht sei situationsabhängig. Auf Grund der besonderen Umstände im Unternehmen hätte es - so der BFH - einer besonders sorgfältigen Wahrnehmung der Überwachungspflicht bedurft. So sei der Wechsel des Steuerberaters stets "gefahrenträchtig". Angesichts dieser Tatsache bestehe in einer solchen Situation eine gesteigerte Überwachungspflicht - auch dahingehend, unklare Sachverhalte aufzuklären. Ein solcher unklarer Sachverhalt war die Rückzahlung durch das Finanzamt. Dies hätte der Geschäftsführer also uneingeschränkt aufklären müssen. (mf)