Opportunistische Situationsorientierung löst traditionelle Werte ab

Gier von Managern krempelt Unternehmensethik um

23.12.2009 von Armin Weiler
Die verheerendste Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lässt sich neben klaren Managementfehlern auch auf die Überheblichkeit und das bedingungslose Renditestreben von Führungskräften zurückführen. Deutlich wird dies anhand der 2009 bekannt gewordenen Gehälter von Top-Managern deutscher Großunternehmen. Allen voran Dirk Jens Nonnenmacher, Vorstandsvorsitzender der angeschlagenen HSH Nordbank. Dieser verlangte drei Mio. Euro Bleibeprämie, unabhängig davon, dass er über Jahre riskante Geschäfte gedeckt hatte (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090812011/).

Die verheerendste Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lässt sich neben klaren Managementfehlern auch auf die Überheblichkeit und das bedingungslose Renditestreben von Führungskräften zurückführen. Deutlich wird dies anhand der 2009 bekannt gewordenen Gehälter von Top-Managern deutscher Großunternehmen. Allen voran Dirk Jens Nonnenmacher, Vorstandsvorsitzender der angeschlagenen HSH Nordbank. Dieser verlangte drei Mio. Euro Bleibeprämie, unabhängig davon, dass er über Jahre riskante Geschäfte gedeckt hatte.

Individualistisches Nützlichkeitsethos

Nonnenmacher ist jedoch kein Einzelfall. Im Zuge des Arcandor-Zusammenbruchs bekam Karl-Gerhard Eick, der lediglich sechs Monate Chef des zerfallenden Handelsriesen war und bereits nach der Hälfte seiner Amtszeit Insolvenz anmelden musste, 15 Mio. Euro. Legendär seine Äußerung, die Eick auf den Vorwurf der Maßlosigkeit entgegnete. "Ich bin nicht gierig, aber auch nicht blöd." Kritiker wie Paul Gourgai sehen in der aktuellen Entwicklung nicht nur eine Transformation der Unternehmensethik, sondern auch eine des Selbstverständnisses von Managern. Der sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlende Manager ist ein Auslaufmodell.

"Es hat sich ein individualistisches Nützlichkeitsethos durchgesetzt, das darauf gerichtet ist, das ökonomisch Mögliche und das psychologisch Akzeptable zusammentreffen zu lassen", so der ehemals im Risk Management einer Finanzinstitution tätige Brancheninsider. Traditionelle Wertehaltungen bei deutschen Führungskräften würden durch eine opportunistische Situationsorientierung immer mehr abgelöst, so Gourgai. Diese Beurteilung der Lage stößt auch bei Politikern auf offene Ohren. Nachdem die Wall Street 2009 rund 140 Mrd. Dollar Boni ausgeschüttet hat, platze nun auch US-Präsident Barack Obama der Kragen.

Nonnenmacher, Eick, Wiedeking und Neumann keine Einzelfälle

Obwohl Obama "nicht für dieses Amt kandiert, um einem Haufen Bonzen an der Wall Street zu helfen", setzte sich die Jagd nach Boni auch nach dem nur durch Steuergelder verhinderten Kollaps des Finanzsystems 2009 fort. Im Zuge der Porsche-Übernahme durch VW erhielt der Ex-Porsche-Chef 50 Mio. Euro zum Abschied. Die Hälfte davon will Wendelin Wiedeking spenden. Ein weiteres Beispiel ist Jens-Peter Neumann. Von 2006 bis 2008 war er Investmentbanker bei der Dresdner Bank und machte im vergangenen Jahr mit seiner Sparte 5,7 Mrd. Euro Verlust. Dafür gab es fest vereinbarte drei Mio. Euro Boni und nach einem Rechtsstreit 1,5 Mio. Euro Abfindung.

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"Die opportunistische Situationsorientierung fühlt sich keinen verbindlich erachteten normativen Kriterien verpflichtet, sondern gehorcht dem Diktat der Prosperität und der ökonomistischen Logik", unterstreicht Gourgai auf Nachfrage von pressetext. Dem Experten nach lässt es die negative Grenzmoral von Managern naturgemäß als nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass jemand, der so konditioniert ist, dass er den Aufstieg in einer betrieblichen Hierarchie zu seinem Lebensziel macht, zwangsläufig bis an die Grenzen des gesetzlich Möglichen gehen muss. (pte) (bw)