Branche trotz Umsatzdelle optimistisch

Gamescom erfolgreich gestartet

22.08.2024
Ob mit Schwert, Gewehr oder Autos: Computerspieler können auf der Messe Gamescom in digitale Abenteuer eintauchen. Einen neuen Anlauf machen VR-Games, Kontroversen gibt es um die Förderpolitik in Deutschland.
Bereits am Fachbesuchertag der Gamescom 2024 bildeten sich an beliebten Ständen lange Schlangen.
Foto: Koelnmesse GmbH, Oliver Wachenfeld

Die Gamescom hat zum Auftakt Zehntausende Menschen in die Kölner Messehallen gelockt. Nachdem die weltgrößte Computerspiele-Messe am Dienstagabend mit einer Show startete, strömten am Mittwoch Firmenvertreter und Spielefans scharenweise zu den Ständen der mehr als 1.400 Aussteller - das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr. An den Ständen konnten Fachbesucher vor allem neue Games zur Probe spielen und mit Entwicklern ins Gespräch kommen.

Die Warteschlangen an Bereichen von Microsoft Xbox, Ubisoft mit seinem Spiel "Star Wars Outlaws" und Capcom mit "Monster Hunter Wilds" waren lang. Der Andrang bei der Publikumsmesse wird wohl noch größer sein. Der Samstag ist bereits ausverkauft. Die Messe endet am Sonntag. 2023 kamen 320.000 Menschen zu dem Branchenevent.

Auffällig ist die Präsenz von großen US-Technologiekonzernen. Bei der Auftakt-Show "Opening Night Live" wurde die Serie "Secret Level" vorgestellt, die im Dezember bei Amazon Prime gezeigt werden soll und verschiedene Gamingwelten vereint. Auch das Netflix-Spiel "Squid Game: Unleashed" wird auf der Messe beworben.

VR-Games wollen raus aus der Nische

Neuheiten gibt aus dem Virtual-Reality-Bereich: Das Actionspiel "Batman: Arkham Shadow" ist nur mit der VR-Brille Quest 3 vom Facebook-Mutterkonzern Meta zu spielen. Schon lange rechnet man damit, dass dieser Bereich aus der Nische herauskommt. Wirklich zum Kassenschlager sind VR-Games bislang jedoch nicht geworden.

Letztlich ist das eine Art Henne-Ei-Problem: Es gibt wenig Nachfrage, weil es wenige Anwendungen gibt, und es gibt wenige Anwendungen wegen der schwachen Nachfrage. Die früher sündhaft teuren VR-Brillen sind inzwischen aber für weniger Geld zu haben, möglicherweise bahnt sich da allmählich doch noch ein Massengeschäft an. Mit dem Batman-Spiel wird nun zumindest ein neuer Anlauf genommen.

Milliardengeschäft Games

Bei der Gamescom sind vor allem junge Leute zu sehen. Geradezu nostalgisch wird es beim Stand von "Civilization", einem Strategiespiel des Studios Firaxis. Es ist schon die siebte Ausgabe des Klassikers, die bald neu herauskommt. Die erste Ausgabe von Civilization stammt von 1991.

Vom Spiele-Hype wollen auch Firmen aus anderen Branchen profitieren. Zum Beispiel präsentiert sich auf der Gamescom 2024, auch Porsche mit einem eigenen Stand
Foto: Koelnmesse GmbH, Oliver Wachenfeld

Computer- und Videospiele sind ein Milliardengeschäft: Im vergangenen Jahr gaben die Menschen in Deutschland knapp zehn Milliarden Euro für Spiele, Hardware und Online-Dienste aus. Im ersten Halbjahr dieses Jahres schwächte sich das Geschäft, das in den Corona-Jahren einen starken Wachstumsschub bekommen hatte, ab. Insgesamt belasten gestiegene Kosten und eine schwächere Nachfrage die Branche, was Investoren verschreckt hat.

Gamescom hat internationale Bedeutung

Die Gamescom ist ein internationaler Treff. Deutsche Entwickler spielen nur eine Nebenrolle. Nur etwa fünf Prozent des Geldes, das in Deutschland für Games ausgegeben wird, entfallen auf Spiele, die dort entwickelt wurden. Der Branchenverband Game, der die Gamescom zusammen mit der Koelnmesse ausrichtet, fordert mehr staatliche Unterstützung.

Für die in Oberhausne gegründete E-Sports-Organisation SK-Gaming, an der inzwischen die telekom und Rewe beteiligt sind, ist die Messe quasi ein Heimspiel.
Foto: Koelnmesse GmbH, Oliver Wachenfeld

In Deutschland arbeiten rund 12.400 Menschen in der Spielebranche bei circa 950 zumeist kleinen Unternehmen. Zu den inländischen Firmen gehören etwa Deck 13 aus Frankfurt, das rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, Rockfish Games aus Hamburg (35 Mitarbeitende) und Envision Entertainment aus Ingelheim (Rheinland-Pfalz, 18 Mitarbeiter).

Verband sieht wachsendes Interesse

Nach Einschätzung des Game-Vorstandsvorsitzenden Lars Janssen hat die Branche eine gute Perspektive. Das Interesse an Games steige, sagt der Verbandsvertreter. Nicht nur junge Menschen spielten an Konsole, Computer oder Smartphone. "Es gibt immer mehr Menschen, die auch in den 50ern oder 60ern noch spielen oder sogar damit anfangen." Die Spiele der Branche seien so vielfältig, dass völlig unterschiedliche Interessen bedient werden könnten.

Förderpolitik des Bundes in der Kritik

Janssen ist auch Chef des Studios Deck 13, das Actionspiele wie "The Surge" und "Atlas Fallen" herausgebracht hat. Vor einiger Zeit bekam das Unternehmen die Zusage des Bundeswirtschaftsministeriums, der zufolge es für die Entwicklung eines neuen Actionspiels knapp fünf Millionen Euro Fördergeld erhält.

Auch die Politik hat Interesse an der Gamecom. Staatssekretärin Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa und Medien, war schon da, andere kommen noch.
Foto: Koelnmesse GmbH, Hanne Engwald

Die Auszahlung erfolgt schrittweise über mehrere Jahre, das Spiel - Projektname Foxtrott - soll 2027 auf den Markt kommen. Die Firma hatte gewissermaßen Glück gehabt, denn seit März 2023 gilt ein Förderantragsstopp beim Bundeswirtschaftsministeriums - neue Anträge können vermutlich erst Anfang 2025 wieder eingereicht werden.

Diese Durststrecke ist für den Branchenverband Game ein Ärgernis. "Das ist wirklich ein Standortnachteil für viele Unternehmen hier in Deutschland", sagt Verbandsvertreter Janssen. Er mahnt eine verlässliche und kontinuierliche Förderpolitik an. Auch Vertreter der Bundesländer - etwa Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sehen das Berliner Vorgehen sehr kritisch. (dpa/pma)