Nutzen aus NSA-Affäre schlagen

Für Bechtle ist "Hosted in Germany" ein Wettbewerbsvorteil

14.11.2013
Der IT-Dienstleister Bechtle hofft nach der NSA-Affäre auf neue Aufträge. "Hosted in Germany" kann ein Wettbewerbsvorteil werden", sagte Vorstandschef Thomas Olemotz bei der Bilanzpressekonferenz in Neckarsulm.
Die Cloudshare-Plattform (BSC) für File Sharing und Collaboration ist ein Beispiel für Bechtles wachsendes Cloud-Angebot.
Foto: Bechtle

Der IT-Dienstleister Bechtle hofft nach der NSA-Affäre auf neue Aufträge. "Hosted in Germany" kann ein Wettbewerbsvorteil werden", sagte Vorstandschef Thomas Olemotz am Donnerstag in Neckarsulm. Wegen der Diskussion um die NSA-Spähattacken seien vor allem deutsche und europäische Lösungen "en vogue". Für den Mittelstand sei es ein wichtiges Thema, wo seine Daten lagern. Darin ist er sich mit vielen Branchenkollegen einig.
Zwar sei die Skepsis, Software und Daten auf fremde Firmen auszulagern, gerade im deutschen Mittelstand noch ausgeprägter als zum Beispiel im angelsächsischen Raum. "Ich glaube aber, dass sich das am Ende durchsetzen wird", sagte Olemotz.

PRISM und die Cloud
Wir haben deutsche Service Provider gefragt, inwiefern sie damit rechnen, dass Unternehmen in Deutschland der Nutzung von Cloud-Diensten künftig noch zurückhaltender begegnen.
Dr. Clemens Plieth, Geschäftsführer und Director Service-Delivery bei Pironet NDH:
„Die aktuellen Enthüllungen könnten sicherlich einen Vertrauensverlust der Anwender nach sich ziehen. Dennoch denken wir, dass die Anwender differenzieren: Werden die Daten über gesicherte Anbindungen eines auf B2B-Kunden spezialisierten Providers übertragen, ist dies bei Weitem sicherer als beispielsweise eine Datenübermittlung über das öffentliche Netz an andere Firmenstandorte oder Kunden.“
Thomas Wittbecker, geschäftsführender Gesellschafter der ADACOR Hosting GmbH:
„Wenn ein amerikanisches Unternehmen verpflichtet ist, Daten an die NSA zu liefern, ist es unerheblich, ob eine klassische oder Cloud-Infrastruktur genutzt wird. Da anscheinend der gesamte Internet-Traffic an den Knotenpunkten mitgeschnitten wird, ist es sogar egal, ob man die Infrastruktur selber im eigenen Rechenzentrum betreibt oder sie ausgelagert hat. Unverschlüsselte Kommunikation wird abgefangen. “
Petra-Maria Grohs, Vice President Sales & Marketing bei ProfitBricks GmbH:
„Wir erwarten, dass Unternehmen aus Deutschland künftig noch genauer darauf schauen, ob Cloud Provider mit Ihren Angeboten nachweisbar die deutschen Datenschutzgesetze einhalten. Das ist immer garantiert der Fall, wenn das physikalische Hosting in einem deutschen, zertifizierten Rechenzentrum stattfindet und der Betreiber eine deutsche Firma ist. Initiativen wie Internet made in Germany oder Cloud Services made in Germany weisen in die richtige Richtung.“
Murat Ekinci, Executive Vice President Operations, Freudenberg IT:
„Mit Sicherheit werden Unternehmen in der nächsten Zeit gezielter danach fragen, wie sie ihre Daten vor unbefugten Zugriffen auch durch Behörden oder Geheimdienste abschotten können. Somit ist bei Cloud Computing-Projekten noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, gerade bei mittelständischen Fertigungsbetrieben, die um den Schutz ihrer Daten besorgt sind.“
Joachim Opper, Leiter Cloud-Services, Concat AG:
„Kunden und Interessenten hören so aufmerksam zu, wie noch nie, weil der Bedarf an sicheren Cloud-Lösungen da ist. Mit seinem starken Datenschutzgesetz hat Deutschland jetzt die Chance, für sichere Cloud-Lösungen eine Rolle einzunehmen, wie die Schweiz sie einst für Banken hatte.“
Donald Badoux, Managing Director Savvis Germany:
„Erfahrene IT-Manager in den Unternehmen haben schon immer die richtigen Fragen gestellt. Sie haben die jetzige Diskussion nicht gebraucht, um für Compliance- und Security-Themen sensibilisiert zu werden.“

Bechtle betreibt ein Rechenzentrum in Friedrichshafen am Bodensee und arbeitet im Cloud-Geschäft unter anderem mit den US-Größen Citrix und Microsoft zusammen.
Erst im Oktober brachte Bechtle mit der Secure Cloudshare (BSC) eine Plattform auf den Markt, über die Unternehmen Daten austauschen und gemeinsam bearbeiten können. Die Lösung beherbergt zudem zahlreiche Collaboration-Funktionen und ist auch als App für iPhone und Android verfügbar.

Im dritten Quartal sprang der Vorsteuergewinn des Unternehmens gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent auf 24,75 Millionen Euro. Der Gewinnrückgang der ersten Jahreshälfte ist damit ausgeglichen.Der Umsatz legte um 11,4 Prozent auf 558,8 Millionen Euro zu.

Bestärkt vom jüngsten Trend gehe er von einer "deutlichen, jedoch einstelligen" Umsatzsteigerung im Gesamtjahr aus, sagte Olemotz. Das Ergebnis werde "spürbar" steigen. (dpa/rb)