Egal ob Notebooks, PC, Server, oder Enterprise-All-Flash-Speichersysteme: SSDs haben längst in allen Bereichen der IT Einzug gehalten, in denen Daten verarbeitet und gespeichert werden. Dabei ranken sich immer noch einige Mythen um die Vor- und Nachteile der Flash-Technologie.
Irrtum 1: SSDs sind teurer als Festplatten
Vergleicht man nur den reinen Preis bezogen auf die Kapazität, dann sind SSDs auch heute noch in der Tat pro GB zirka vier Mal teurer als Festplatten. So kostete eine SSD mit 4 TB Kapazität Ende 2020 weniger als 400 Euro. Für eine magnetische Festplatte derselben Größenordnung waren weniger als 100 Euro fällig. Diese Rechnung betrachtet aber nur einen Aspekt in den Gesamtkosten der jeweiligen Speichermedien und führt deshalb in die Irre. SSDs können aus folgenden Gründen gesamtwirtschaftlich betrachtet im Einsatz sogar kostengünstiger sein als Festplatten:
Die Kapazität von SSDs lässt sich besser am tatsächlichen Bedarf orientieren. Festplatten, zumindest im 3,5-Zoll-Format, sind praktisch nur noch ab 2 TB Kapazität erhältlich. Viele Systeme benötigen aber gar nicht mehr so viel internen Speicher, weil sie Daten ohnehin entweder in einem zentralen Speichernetz oder in der Cloud vorhalten. Ähnliches gilt für Embedded-Lösungen, die meist nur wenig Firm- und Software enthalten und keine großen Datenspeicher benötigen. Eine kleine SSD von 250 oder 500 GB ist in diesen Fällen völlig ausreichend, deutlich schneller als eine Festplatte und nicht teurer als eine 1-TB-HDD.
SSDs sind um ein Vielfaches schneller. Die Schreib- und Lesegeschwindigkeiten von SSDs sind bei sequentiellen Operationen zirka fünf Mal höher, bei zufälligen Zugriffen bis zu 50 Mal höher als bei Festplatten. 50 Mal länger auf seine Daten warten zu müssen, das kann erheblich teurer werden als der Mehrpreis für eine SSD.
Irrtum 2: SSDs haben weniger Kapazität als Festplatten
Tatsächlich ist das Fassungsvermögen von Festplatten in den vergangenen Jahren nur moderat gestiegen, während es bei SSDs geradezu explodiert ist. Neue Herstellungsverfahren mit 15 oder 14 nm Fertigungsbreite, Multilevel Cells mit drei Bit pro Zelle und das Aufeinanderstapeln von Speicherzellen im 3D-NAND-Verfahren ermöglichen mittlerweile 3,5-Zoll-SSDs mit bis zu 32, 60 und sogar 100 TB. Die Exadrive DC100 von Nimbus fasst 100 TB und kostet etwa 40.000 US-Dollar. Das kleinere Modell mit 50 TB Kapazität ist mit einem Preis von 12.500 Dollar wesentlich günstiger.
Ende 2020 hat Micron den weltweit ersten 3D-NAND-Speicher vorgestellt, der über 176 Zellschichten verfügt. Bisher lag das Maximum bei 128 Zellschichten. Das ermöglicht nur nur höhere Geschwindigkeiten, sondern auch höhere Kapazitäten. Bereits 2021 sollen erste Modelle dieser Generation auf den Markt kommen.
Irrtum 3: SSDs sind robuster als Festplatten
SSDs enthalten keine drehenden Teile, was sie unempfindlich gegenüber mechanischer Beschädigung durch Stöße oder Herunterfallen macht. Die Studie "A Large-Scale Study of Flash Memory Failures in the Field", die von der Carnegie Mellon Universität in Zusammenarbeit mit Facebook durchgeführt wurde, zeigt jedoch, dass SSDs in manchen Bereichen nicht unbedingt robuster als Festplatten sind:
Vor allem ältere SSDs reagieren deutlich empfindlicher auf Hitze als Festplatten. Ausfälle sind die Folge. Neuere Flash Drives versuchen dem Hitzetod zu entgehen, indem sie ihre Leistung herunterfahren. Dies rettet zwar die Daten, kann aber zu massiven Performance-Einbußen führen.
Anders als Festplatten, die meist über einige Jahre hinweg zuverlässig funktionieren, weisen SSDs gerade zu Beginn ihres Einsatzes relativ hohe Fehlerraten auf (Uncorrectable Errors, URE). Mit zunehmender Nutzung sind alle fehlerhaften Zellen identifiziert und gesperrt, so dass die Fehlerrate abnimmt, bevor sie nach einigen Jahren durch Verschleiß wieder ansteigt.
SSDs reagieren wesentlich empfindlicher als Festplatte auf die Verteilung der Daten. Sie vertragen zusammenhängendes Lesen und Schreiben deutlich besser, als den Zugriff auf einzelne verteilte Blöcke. Nach Ansicht der Autoren könnte der Grund in vermehrten Lösch- und Kopiervorgängen liegen, die durch die verstreute Datenspeicherung nötig werden.
Irrtum 4: SSDs verbrauchen weniger Strom als Festplatten
Da in SSDs keine mechanischen Teile bewegt werden müssen, ist ihr Stromverbrauch wesentlich geringer als bei einer Festplatte. Das Flash Drive benötigt im Durchschnitt 2 Watt an Leistung, während Festplatten ungefähr 8 Watt aufnehmen, so die allgemeine Annahme.
Die oben erwähnte Studie von Facebook und der Carnegie Mellon Universität förderte aber ein ganz anderes Ergebnis zu Tage: Die SSDs zeigten mit 8 bis 14,5 Watt Leistungsaufnahme einen recht großen und zudem auch noch stark schwankenden Stromhunger. Besonders viel Strom verbrauchten die Drives beim Schreiben. Schreibintensive Aufgaben, etwa das Protokollieren von Logging-Einträgen, könnten damit von Festplatten sogar energieeffizienter erledigt werden. Auf der anderen Seite sind SSDs durch ihre höhere Geschwindigkeit mit den meisten Aufgaben schneller fertig. Dann können sie in den stromsparenden Modus wechseln, so dass sie unterm Strich und auf Dauer gesehen durchaus Energie sparen können.
Irrtum 5: SSDs eignen sich nicht für Backup und Archivierung
SSDs werden typischerweise in den ersten Stufen (Tier 0 oder 1) einer hierarchischen Speicherinfrastruktur eingesetzt. Sie sind für transaktionsintensive Schreib- und Lesevorgänge optimal, bei denen es auf eine hohe I/O-Performance ankommt. Steht dagegen die Speicherung großer Datenmengen im Vordergrund, sind Festplatten immer noch das Mittel der Wahl.
Dieses Konzept hybrider Speichersysteme verliert mit der zunehmenden Verfügbarkeit von All-Flash-Lösungen an Bedeutung. Wenn nur noch SSDs zum Einsatz kommen, müssen diese natürlich auch typische Massenspeicherfunktionen wie Backup und Archivierung übernehmen. Auch bei diesen Aufgaben spielen Flash Drives ihre Geschwindigkeitsvorteile aus. Im Vergleich zu Festplatten-basierten Lösungen lassen sich Backups mit SSDs bis zu 20 Mal schneller erstellen und Daten bis zu 5 Mal schneller wiederherstellen.
Im Archivierungsbereich gewinnt das "Flape"-Konzept zunehmend an Bedeutung. Das Kunstwort aus "Flash" und "Tape" beschreibt ein Konzept, bei dem die Metadaten auf Flash, die Nutzdaten auf Magnetbändern gesichert werden. Nach Ansicht des Analysten David Floyer von Wikibon kostet eine solche Kombination über zehn Jahre gerechnet nur rund die Hälfte einer reinen HDD-Lösung und nur ein Drittel eines hybriden Speichersystems aus SSDs und Festplatten.
Daten sollen sich außerdem vier Mal schneller finden lassen als bei HDD-basierten Lösungen. Während Festplatten deutlich schneller auf Dateien zugreifen können als Tape-Systeme und deshalb rascher zu lesen beginnen, sind Bandlaufwerk beim Lesen großer Dateien im Vorteil, sobald sie diese einmal gefunden haben. Durch das Auslagern der Metadaten auf Flash lässt sich dieser Suchprozess erheblich beschleunigen.
Fazit - Vergleich zwischen SSD und HDD
SSDs sind in vielen Einsatzbereichen schneller und wirtschaftlicher als Festplatten, haben aber ihre ganz eigenen Tücken und Probleme. Bei der Entscheidung für oder gegen Flash, Festplatte, Hybrid oder sogar Flape sollte man deshalb sehr genau hinschauen und sich nicht von Vorurteilen leiten lassen. (rw)