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Führt VMwares Lizenzpolitik zur Devirtualisierung?

09.07.2024 von Gyana Swain
Laut Gartner kann Unternehmen angesichts der neuen Lizenzmodelle von VMware by Broadcom die Virtualisierungslust im eigenen Rechenzentrum vergehen.
Wegen unverhältnismäßig hoher Lizenzkosten könnten Unternehmen längerfristig Abstand von der Virtualisierung im Rechenzentrum nehmen.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

Die Infrastrukturlandschaft von Rechenzentren verändert sich dramatisch, beeinflusst durch die jüngsten Lizenzänderungen von Broadcom. So können die Kosten und Preise um das Zwei- bis Dreifache steigen, schätzt Gartner im Bericht "2024 Hype Cycle for Data Center Infrastructure Technologies", wenn On-Premises-Virtualisierungsprojekte von VMware Enterprise License Agreement (ELA) und unbefristeten Lizenzen hin zu neuen Bundels, Socket-to-Core-Verhältnissen und Verbrauchsmodellen wechseln.

Diese erhebliche Kostensteigerung sei besonders für große Workloads eine Herausforderung, die nicht von der höheren Dichte und den Kosteneinsparungen profitieren, die mit der Konsolidierung kleinerer Workloads verbunden sind. Die hohen Kosten machten es für einige Unternehmen schwierig, die Beibehaltung ihrer aktuellen virtualisierten Umgebungen zu rechtfertigen, schreiben die Marktforscher.

Als Konsequenz würden einige Unternehmen ihre Virtualisierungsstrategien neu bewerten, wobei Devirtualisierung, also die Migration von Workloads von virtuellen auf physische Umgebungen, als neuer Trend Gestalt annimmt. "Laufen große, komplexe Workloads mit geringeren Konsolidierungsvorteilen On-Premises auf einer virtuellen Machine, gibt es Überlegungen, sie auf physischen Servern neu zu hosten oder zu devirtualisieren", schreiben die Marktforscher von Gartner in dem Bericht. Die steigenden Kosten seien dabei nicht der einzige Faktor. Hinzu kämen neue Service-Levels, die auf der Belastbarkeit, Verfügbarkeit und Portabilität der Workloads basieren.

Langfristiges Potenzial

Wenngleich Devirtualisierung derzeit nur für etwa ein Prozent der Unternehmen in Frage kommt, wird sie trotz ihrer Komplexität als potenzielle, langfristige Lösung angesehen, so Gartner in seinem Hype-Cycle-2024-Bericht. Allerdings gehen die Marktforscher davon aus, dass es fünf bis zehn Jahre dauern könnte, bis die Devirtualisierung weit verbreitet ist und das "Produktivitätsplateau" erreicht ist, auf dem die Technologie ausgereift und allgemein akzeptiert ist. Hinzu komme, dass die Devirtualisierung jedoch auch eigene Herausforderungen mit sich bringt - mit unterschiedlichen Auswirklungen auf das Business.

Laut Gartner Hype Cycle for Data Center Infrastructure Technologies 2024 dauert es noch, bis Devirtualisierung und Revirtualisierung eine größere Rolle spielen.
Foto: Gartner

"Wenn Workloads entvirtualisiert und auf physische Hardware übertragen werden, müssen die Portabilitätsfunktionen ersetzt werden", schreibt Gartner. "Dies erfordert Investitionen in hochwertige und teure Ersatzfunktionen und die Zustimmung des Unternehmens." Außerdem führe die Rückkehr in die physische Welt bei der Devirtualisierung dazu, dass "in komplexe und kostspielige Infrastrukturen wie Betriebssystem- oder Datenbank-Management-System-Cluster investiert werden muss", um die Ausfallsicherheitsfunktionen der Live-Migration und der hostbasierten Wiederherstellung zu ersetzen.

Während große oder dedizierte Server-VMs eher geringe Workloads darstellen, die sich gut für eine Devirtualisierung eignen, ist es laut Gartner nicht so einfach, die Auswirkungen des Ersatzes von Live-Migration und hostbasierter Wiederherstellung auf devirtualisierte, physische Arbeitslasten zu untersuchen.

Revirtualisierung auf dem Vormarsch

Neben der Devirtualisierung wird im Bericht als weitere potenzielle Lösung auch auf die zunehmende "Revirtualisierung" oder die Migration von einem virtuellen System zum anderen hingewiesen, bei der von VMWare auf einen anderen Hypervisor-Anbieter gewechselt wird.

Auch hier führt Gartner die Lizenzänderungen von VMware als Grund an. "Angesichts der erheblichen Änderungen bei der VMware-Lizenzierung ziehen viele Unternehmen einen alternativen Hypervisor in Betracht, der auf Open-Source- oder alternativen Technologien basiert", so Gartner in dem Bericht. "Kunden suchen außerdem nach Möglichkeiten, den Verwaltungsaufwand für Vereinbarungen mit Virtualisierungsanbietern zu begrenzen, wenn sie zu Abomodellen wechseln."

Gartner warnt allerdings, dass solche Bemühungen "die Gesamtbetriebskosten erhöhen und durch die Einführung von unausgereiften Administrations- und Management-Tools zusätzliche operative Belastungen oder Probleme, was die Zuverlässigkeit angeht", entstehen könnten.

Unterm Strich könnten sich diese Risiken jedoch lohnen, so die Auguren, da sie "den gestiegenen Aufwand für Buchprüfungs- und Vertragsfragen ausgleichen, die sich aus dem Wechsel etablierter Anbieter zu Abonnementmodellen ergeben."

Während sich die Devirtualisierung noch in einem "embryonalen" Stadium befindet und erst in etwa einem Prozent der Unternehmen zum Einsatz kommt, ist die Revirtualisierung laut Gartner bereits etwas ausgereifter und wird bereits von fünf bis zwanzig Prozent der Unternehmen eingesetzt. (mb)