Warum für etwas zahlen, wenn man es auch kostenlos haben kann? Freeware zum Schutz von Computern findet sich im Netz wie Sand am Meer. Ob Virenschutz, Firewall oder Schadcode-Entferner, alles ist dort zu haben. Auch viele renommierte Hersteller spielen mit. Alleine der Tettnanger Hersteller Avira bedient nach eigenen Angaben mit seinem kostenlosen Virenschutzprodukt AntiVir Personal weltweit 50 Millionen Kunden.
Fakt 1: Risiken für Anwender,Verdienstlücke für Fachhändler
Doch was taugen die Programme? ChannelPartner hat bei Spezialisten - auch bei Avira - nachgefragt und herausgefunden: Dem IT-Fachhandel entgeht Geld. Auch wenn sich unter den Programmen zweifellos gute Schutzwerkzeuge finden, begibt sich die Mehrheit der Freeware-Nutzer unter dem Strich in erhebliche Gefahr. Vielleicht würde so mancher dieser Anwender seine Meinung ändern, wenn er darum wüsste. ChannelPartner liefert Ihnen schlagkräftige Verkaufsargumente für kostenpflichtige Antivirensoftware.
Fakt 2: Freeware bietet lediglich eine Art von Schutz
Zuerst muss natürlich geklärt werden, was für den Schutz eines Computers überhaupt nötig ist. Heiko Wolgemuth, Betreiber der unabhängigen Plattform Virenschutz.info "Auch wenn ein Computernutzer nur wenig im Internet aktiv ist, sollte er immer mindestens einen aktualisierten Viren- und Schadcodeschutz sowie eine Firewall im Einsatz haben. Am effektivsten ist der Schutz dann, wenn diese Module aufeinander abgestimmt sind. Das ist bei kostenlosen Tools kaum zu erwarten."
Denn um einen Rechner mit kostenlosem Schutz zu versehen, gebe es zwei Möglichkeiten: "Entweder holt sich der Anwender eine Open-Source-Lösung, die allerdings in der Regel nur mit Fachwissen bedient werden kann, oder er besorgt sich die Module einzeln. In diesem Fall muss er drei Lösungen parallel administrieren, da sich Freeware in der Regel nur um eine Art von Schutz kümmert. Dann können aber Probleme in Sachen Kompatibilität und Arbeitsspeicherbelastung entstehen."
Stefan Wesche, technischer Experte bei Symantec: "Die Performance leidet stark, wenn zwei oder drei Softwareschutzprodukte gleichzeitig eingesetzt werden. Zudem sind gerade Anfänger schnell überfordert, wenn sie zu viele Programme, deren Leistungsumfang sich zudem überschneiden kann, bedienen müssen. Darüber hinaus können sich einzelne Tools verschiedener Hersteller gegenseitig blockieren; das kann nur mit Fachwissen gelöst werden."
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Fakt 3: Kostenlose Tools sind abgespeckt und hinterlassen Lücken
In einem Punkt herrscht große Einigkeit unter den Fachleuten: Lothar Symanofsky, Vertriebsleiter von BitDefender: "Freeware hat erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit des Systems: Kostenlose Versionen haben nur eine eingeschränkte Funktionalität bei der Erkennung von Schädlingen." Peter Klein, Technischer Leiter bei F-Secure: "Meistens werden bei kostenlosen Versionen sinnvolle Mechanismen der Sicherheitssoftware weggelassen". Auch Stefan Wesche sagt: "Freeware-Tools, etwa zum Virenschutz, bieten in der Regel einen Grundschutz, manchmal sogar einen ganz passablen. Allerdings sind kostenlose Sicherheits-Tools in der Regel abgespeckte Versionen von kostenpflichtiger Software."
ChannelPartner nahm also einige Lösungen unter die Lupe: In der Tat findet sich auf der Homepage von Avira im Download-Bereich von "Antivir" eine Beschreibung, was das "Abgespeckte" betrifft. Demnach beinhaltet die Software kein Entfernungs-Tool für Ad- und Spyware und keine Virenüberprüfung von Internet-Downloads. Auch "die Einbindung in Bot-Netze" wird laut der Liste nicht verhindert. Zudem gibt es keinen tiefgehenden E-Mail-Schutz oder Rettungswerkzeuge im Falle einer Rechnerinfektion.
Ähnliches gilt im Falle der beliebten kostenlosen Version der Check-Point-Firewall "Zonealarm": Hier weist der Hersteller explizit darauf hin, dass sich mit der Firewall keine erweiterten Einstellungen tätigen lassen. Auch wird angedeutet, dass der Nutzer häufiger "Arbeitsunterbrechungen" in Kauf nehmen muss. Und wenn man schließlich die beliebten kostenlosen Tools für den Spyware-Schutz genauer betrachtet, sind ebenfalls schnell Lücken zu finden, etwa wenn es um die Säuberung der betriebssystemkritischen "Registry"-Datei geht.
Fakt 4: Freeware schützt nur unzureichend gegen neue Gefahren
Tjark Auerbach, Gründer und Geschäftsführer von Avira, gibt zu: "Natürlich bieten kommerzielle Lösungen einen ausgefeilteren Schutz. Sie können etwa besser Drive-by-Downloads abwehren, also von gecrackten Webseiten untergeschobene Schädlinge." Stefan Wesche von Symantec erklärt, worum es sich dabei handelt: "Bei Drive-by-Down-loads reicht allein der Besuch einer von Hackern infizierten Seite aus, um sich diese Art von Schadcode auf den Rechner zu laden. Das Fatale ist: Es sind nicht unbedingt Schmuddelseiten oder potenziell gefährliche Seiten davon betroffen, sondern ganz normale und bekannte Websites. Der Surfer bekommt zudem überhaupt nicht mit, dass sein Computer gerade mit einem Schadcode infiziert wird."
Damit liegt eine weitere Schwäche von Freeware auf der Hand: Die Hersteller von Bezahlsoftware versprechen, mit ihrer Software auch auf aktuelle Bedrohungen reagieren zu können. Wenn eine neue Malware-Gefahr entstehen sollte, werden Kunden automatisch versorgt - eine Leistung, die bei Freeware natürlich fehlt, da sie sich in der Regel dediziert um eine Art von Problemen kümmert.
Axel Diekmann, Managing Director von Kaspersky: "Hinter einer guten Security-Lösung stehen zunächst technische Funktionen, die von einem großen Team teilweise über Jahre hinweg verbessert und weiterentwickelt werden. Diese Kosten schlagen sich natürlich auch im Preis der Software nieder. Weltweit haben wir ein Netz an Malware-Fallen, die unter anderem Spam-Mails, Viren und Trojaner sowie Hacker-Angriffe sammeln. Auch dieses Netzwerk muss gepflegt und ständig weiterentwickelt werden - denn die Gegenseite schläft ja nicht und verfeinert laufend die kriminellen Methoden."
Fakt 5: Ihr Kunde wird zum Beta-Tester
Einen interessanten Punkt liefert schließlich G-Datas deutscher Technik-Chef Chef Dirk Hochstrate: "Viele Lieferanten von Freeware testen ihre Software nicht, bevor sie sie auf den Markt werfen - das heißt, eigentlich testen sie schon, nur eben an den Nutzern. Qualitätssicherung findet nicht oder kaum statt." Das ist eine Aussage, die sich nur schwer überprüfen lässt. Doch wer kein Geld für etwas ausgibt, darf sicher nicht erwarten, dass alles bestens geprüft wurde und reibungslos funktioniert.
Natürlich wird auch in der Frage "Freeware vs Kaufware" viel gestritten. Uneinigkeit herrscht etwa in Sachen Qualität der einzelnen Tools: Während Experten wie Heiko Wohlgemuth von Virenschutz.info oder G Datas Dirk Hochstrate Aviras kostenlosen Virenschutz und viele andere Freeware-Tools für "ausgereift" halten, betonen die meisten Hersteller von Bezahlsoftware, dass viele Filter-Engines ebenfalls nur abgespeckt seien oder auf veraltete Techniken zurückgreifen.
Tjark Auerbach will das so nicht stehen lassen: "Sofern sie ihre eingesetzten Programme und das Betriebssystem regelmäßig mit allen Sicherheitsupdates versorgen, sind Privatanwender mit der Personal-Version von Avira zuverlässig vor den größten Bedrohungen im Netz geschützt. Dazu zählen gefährliche Viren, Würmer, Trojaner, Rootkits oder kostspielige Dialer. Das Herzstück des Virenschutzes, die Such-Engine, ist dieselbe wie in den kommerziellen Produkten von Avira."
Fakt 6: Schädlinge sind zunehmend kommerziell motiviert
Ein weiterer Punkt, über den kräftig diskutiert wird, ist, wie viel Schutz zu einem Paket überhaupt dazugehört: Braucht ein normaler Nutzer die Module Identitätsschutz und Back-Up-Funktionen, die mit vielen Antivirenpaketen gleich mitgeliefert werden, und sollte er dafür extra zahlen? Heiko Wohlgemut: "Was letztlich gebraucht wird, um User sinnvoll gegen Gefahren aus dem Internet zu schützen, kommt natürlich auf den Einzelfall und das jeweilige Surfverhalten der Nutzer an."
Dennoch sollte es hier einen Konsens geben, den Kaspersky-Chef Axel Diekman auf den Punkt bringt: "Wir sehen uns mehr und mehr mit kommerziell motivierten Schädlingen konfrontiert. Daher wird immer mehr Schadcode produziert - allein in den zurückliegenden zwölf Monaten mehr als in den vergangenen 15 Jahren zusammen -, und das immer professioneller. Dagegen effektiven Schutz zu bieten erfordert hochrangige Spezialisten in Forschung und Entwicklung. Im Falle von Security-Lösungen sind diese Kosten einfach moderat, verglichen mit den Kosten, die durch Malware-Schäden entstehen können, wenn der Schutz auf den PCs eben nicht ausreicht." (aro)