Mit Petra Jenner steht seit 2. Februar 2009 eine Frau an der Spitze von Microsoft Österreich. Im Interview mit pressetext stellt sich die erfolgreiche Managerin der Frage, warum der Frauenanteil in den Führungsetagen von Unternehmen immer noch gering ist und zeigt auf, was Microsoft in dieser Hinsicht besser macht. Darüber hinaus erklärt die gebürtige Deutsche, warum sie Fragen nach ihrer Herkunft irritieren und Österreich mehr Selbstbewusstsein gut täte.
Seit knapp einem Jahr fungieren Sie als Geschäftsführerin von Microsoft Österreich. Wie fällt Ihr erstes Resümee aus?
Jenner: Windows 7 ist fulminant gestartet. Wir konnten hierzulande fast das Doppelte vom Geplanten umsetzen und das Feedback von Konsumenten, KMUs, Großunternehmen sowie dem Retail-Bereich ist durchwegs positiv. Was meine Arbeit betrifft, war und ist es mein erklärtes Ziel, unsere Unternehmenskultur noch stärker an unseren Mitarbeitern und den Kunden und Partnern auszurichten. Das ist ein Prozess, der zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht abgeschlossen ist.
Microsoft wird durch seine Monopolstellung im Software-Bereich von vielen angefeindet. Wie nehmen Sie diese Kritik wahr?
Jenner: Durch unsere Marktposition werden wir häufig kritisch betrachtet, umso mehr müssen wir uns daher stärker auf unsere Kunden ausrichten. Was vielleicht nicht immer wahrgenommen wird, ist der Beitrag, den Microsoft auch lokal für die Wirtschaft und die Gesellschaft leistet. Allein in Österreich profitieren rund 5.000 Partner von Microsoft. Die Wertschöpfung, die direkt und indirekt durch Microsoft erzielt wird, beläuft sich in Österreich auf 2,3 Milliarden Euro. Darüber hinaus investieren wir in viele Bildungs- und Innovationsprojekte, ohne es allerdings an die große Glocke zu hängen.
Als Frau in Österreich
Sie zählen zu den wenigen Managerinnen in Führungsposition in Österreich, noch dazu in der Männerdomäne IT-Branche. Eine doppelte Besonderheit?
Jenner: Dass ich meinen Weg so eingeschlagen habe, verdanke ich unter anderem meinem Vater. Er hat mir vorgezeigt, was es heißt ein Manager zu sein und mir auch das nötige Selbstvertrauen mitgegeben. Dass es die IT-Branche geworden ist, war eher Zufall. Diese ist aber ebenfalls durchlässiger geworden. Denn technisches Fachwissen ist keine Grundvoraussetzung mehr, um als Führungskraft in der IT-Branche erfolgreich zu sein.
Dennoch schaffen es viele Frauen eben nicht in die Managementetagen. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Jenner: Frauen müssen im Unternehmen anders geführt werden als Männer. Sie arbeiten häufig sehr intensiv und konsensorientiert, zeigen aber im Gegensatz zu Männern nicht sofort auf, wenn sie Bedürfnisse haben. Viele männliche Führungspersonen erkennen deshalb die Bedürfnisse und Vorzüge ihrer weiblichen Nachwuchskräfte nicht, auch wenn diese genauso das Zeug zur Managerin haben wie die männlichen Kollegen.
Wie kann dieser Kreislauf durchbrochen werden?
Jenner: Das ist ein Evolutionsprozess, der eine Sensibilität hinsichtlich gewisser Verhaltensweisen bei den Führungskräften voraussetzt. Gleichzeitig müssen Frauen sich auch bewusst sein, auf was sie sich mit so einer Position einlassen. Denn abgesehen von den unbestreitbaren Möglichkeiten und der guten Bezahlung hat ein Management-Posten natürlich seinen Preis, etwa was die frei verfügbare Zeit betrifft. Das ist aber eine Entscheidung, die Männer im gleichen Maße betrifft.
Flexible Arbeitszeiten und transparente Gehaltsstrukturen
Welche Maßnahmen ergreift Microsoft, um Frauen im Unternehmen zu fördern?
Jenner: Bereits vor meinem Antritt ist Microsoft Österreich zweimal als bester Frauenarbeitgeber des Jahres ausgezeichnet worden. Konkret setzen wir auf flexible Arbeitszeiten und transparente Gehaltsstrukturen. Für Frauen in Karenz organisieren wir zudem sogenannte "Connection-Breakfasts" im Haus, damit unsere Mitarbeiterinnen in dieser Zeit nicht den Anschluss verlieren. Für Microsoft spricht auch, dass mit mir bereits drei Frauen in der Geschäftsleitung vertreten sind.
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Stichwort IT-Branche: Nach einem Gewinneinbruch im vierten Quartal 2008 musste Microsoft erstmals 5.000 Mitarbeiter weltweit entlassen. Ist die Krise nun ausgestanden?
Jenner: Die Anzeichen für eine weltweite Erholung des Marktes mehren sich. Ich gehe daher nicht davon aus, dass derzeit weitere Kostenmaßnahmen notwendig sind. Der österreichische Markt war von der Krise ohnehin weniger betroffen als der deutsche. Das hat damit zu tun, dass die internationalen Unternehmen dort in den vergangenen Jahren weitaus stärker investiert haben. Das rächt sich nun mit einigen großen Entlassungen, die dort noch anstehen.
Welche kulturellen Unterschiede erleben Sie als gebürtige Deutsche in ihrer Arbeit bei Microsoft Österreich? Wie spannend ist der kleine österreichische Markt überhaupt?
Jenner: Dass ich auf Fragen wie diese in Österreich so oft angesprochen werde, überrascht mich. Da täte den Österreichern mehr Selbstbewusstsein gut. Denn natürlich ist Österreich im Vergleich zu Deutschland ein kleines Land. Aber das macht ja gerade den Charme aus und kann auch als Marktvorteil verstanden werden.
Skandinavien als Testmarkt
Wissen die Skandinavier diesen Vorteil besser auszuspielen?
Jenner: Dort wird die Kleinheit des Marktes eher als Chance denn als Defizit begriffen. Man nutzt das eigene Land, um als Testmarkt für innovative Entwicklungen zu fungieren. Auch hierzulande gibt es viele kluge Köpfe, die was bewegen wollen. Gleichzeitig gibt es viele, die leider nicht über die Grenzen hinausdenken und das auch nicht wollen. Österreich hat eine tolle Geschichte, aber davon und vom Tourismus allein wird man nicht ewig leben können.
Gibt es etwas, das Sie an Österreich ganz besonders schätzen?
Jenner: Generell kann man sagen, dass Probleme hier anders diskutiert werden. Die Umgangsformen sind respektvoller, freundlicher und weniger direkt. Vieles wird bereits in Vorbesprechungen geklärt, der Konsens steht im Vordergrund. Das gefällt mir sehr gut.
Herzlichen Dank für das Gespräch. (pte/rw)