Menschliche Behandlung gefordert

Foxconn will mit aufbauenden Kundgebungen Suizidserie stoppen

19.08.2010
Statt der Selbstmordserie in den eigenen chinesischen Fabriken mit aufbauenden Kundgebungen beikommen zu wollen, sollte Foxconn die Arbeiter anständig bezahlen und sie menschlich behandeln, sagte ein Aktivist aus Hongkong.

Statt der Selbstmordserie in den eigenen chinesischen Fabriken mit aufbauenden Kundgebungen beikommen zu wollen, sollte Foxconn die Arbeiter anständig bezahlen und sie menschlich behandeln, sagte Geoffrey Crothall, Sprecher des China Labor Bulletin, einer Gruppe aus Hongkong, die sich für die Rechte der chinesischen Arbeiter stark macht.

Am vierten August 2010 hat sich wieder eine chinesische Fabrikarbeiterin von Foxconn von einem Wohnheimhochhaus in den Tod gestürzt. Unterschiedlichen Angaben zufolge war das der 11. oder 12. Fall seit Jahresbeginn.

Der weltgrößte Elektronikauftragsfertiger, unter anderem Produktionspartner von Apple, Sony, Dell, Nokia und HP, hat nach dem vorletzten Fall im Juni schon Lohnerhöhungen angekündigt und an den Farbik- und Wohnheimbauten Sicherheitsnetze anbringen lassen.

Um die Moral der Fabrikarbeiter zu heben, hat sich die Foxconn Technology Group (chinesisch: Fushikang Keji Jituan) nun noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen:

Mit Spruchbändern, auf denen prangt "Schätzt euer Leben, liebt eure Familie, sorgt zum Aufbau einer wunderbaren Zukunft füreinander" lässt die Tochter von Hon Hai Precision Industry (Hong Hai Jingmi), dem größten privaten Unternehmen Taiwans, auf den chinesischen Fabrikgeländen Kundgebungen abhalten. Dies wurde laut "Taipei Times" von Foxconns PR-Firma Burson Marsteller bestätigt.

Die größte Rally fand am 18. August 2010 in Foxconns Mammut-Industriepark in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen nahe Hongkong abgehalten, wo das Unternehmen 300.000 Menschen Arbeit und Unterkunft bietet und wo sich die meisten Selbstmorddramen abgespielt haben.

Louis Woo (Hu Guohui), dem persönlichen Assistenten von Hon-Hai-Gründer Terry Gou (Guo Taiming) zufolge, sei man möglicherweise lange Zeit von dem eigenen Erfolg geblendet gewesen, berichtet "Taipei Times". Die Selbstmordserie habe Foxconn gänzlich überrascht. Wie sehr man sich bemühe, sei es bei einer so großen Arbeitnehmerschaft nahezu unmöglich, völlig auszuschließen, dass sich solch eine Tragödie wiederholt.

Wie Woo ankündigte, plane Foxconn, in den kommenden Jahren 400.000 weitere chinesische Arbeitskräfte einzustellen, womit es dann 1,2 bis 1,3 Millionen sein sollen. Das Ziel habe man sich nach dem Umsatzplus von 50 Prozent im ersten Halbjahr gesteckt.

Arbeitsrechtaktivist Crothall kritisiert, dass die Kundgebungen von oben herab angeordnet wurden, statt zu erlauben, dass die chinesischen Arbeitnehmer von Foxconn sich selbst organisieren.

Erst am Montag hat Foxconn auf einem Fabrikgelände in Taiyuan, Provinz Shanxi, mit 60.000 Arbeitnehmern eine ähnlich aufbauende Kundgebung abgehalten und dafür die von den Arbeitern teilweise als provozierend gesehenen Sicherheitsnetze entfernt. Wie ein Fabrikmanager sagte, war das aber ein Einzelfall, in anderen Werken würden die Netze bestehen bleiben.

Gou hat nach dem vorletzten Selbstmordfall im Mai Maßnahmen angekündigt, um zu verhindern, dass sich die Serie fortsetzt. Unter anderem wurden auch Lohnerhöhungen in Aussicht gestellt. Weitere Maßnahmen waren die Einstellung von mehr Beratern und die Bildung von 50-Personenteams, die sich gegenseitig auf mögliche emotionale Unruhen beobachten sollen.

Die Lohnerhöhungen wurden in zwei Tranchen versprochen. Am Ende sollen Fabrikarbeiter in Shenzhen dann mit 2.000 Yuan (228,56 Euro) pro Monat mehr als das Doppelte verdienen. Wie "Digitimes" berichtet, müssen die Arbeiter bis zur zweiten Lohnerhöhung eine dreimonatige Prüfung über sich ergehen lassen.

Foxconn produziert unter anderem fast alle i-Produkte von Apple, so die iPods, iPhones und i-Pads. Für japanische Markenunternehmen fertigt der Riese auch immer mehr LCD-Fernseher. (kh)