"Es kommt immer wieder vor, dass sich Gläubiger an uns wenden, wenn sie vom Tod eines Schuldners erfahren haben. Natürlich passiert es auch, dass ein Schuldner im Laufe eines Inkassomandats verstirbt", berichtet Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, aus seinem Arbeitsalltag. Viele Gläubiger seien in so einem Fall zunächst ratlos - wollen aber auch nicht auf ihre Forderungen verzichten.
Folgende Tipps, wie man als Gläubiger im Falle des Ablebens eines Schuldners vorgehen kann, helfen, dass man trotz des Todesfalls noch an sein Geld kommt. Grundlage ist das Erbrecht, das der Gesetzgeber umfänglich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt hat.
Handelt es sich beim Verstorbenen wirklich um den Schuldner?
Unsicherheit darüber, ob es sich bei einem Verstorbenen tatsächlich um den Schuldner handelt, lässt sich durch Beantragung einer Auskunft beim Einwohnermeldeamt oder beim Standesamt beseitigen. Dort kann man eine Bestätigung einholen. Damit wird dann ausgeschlossen, dass es sich um eine Verwechslung handelt oder eine Namensgleichheit vorliegt.
Für solche Bestätigungen zuständig ist das Einwohnermeldeamt am letzten Wohnsitz des Schuldners. Nur wenn der Geburtsort bekannt ist, kann die Anfrage auch an das dortige Standesamt gerichtet werden. Aufgrund der Personenstandsverordnung (§ 60 PStV) wird im Fall des Ablebens auch das Standesamt benachrichtigt.
Fälligkeit und Verzug prüfen
Drumann empfiehlt zudem zu prüfen, ob die Forderung fällig ist oder sich der Verstorbene vielleicht sogar schon im Zahlungsverzug befunden hat. Liegt Fälligkeit, aber noch kein Verzug vor, kann man die Erben zur Zahlung mahnen, um so den Verzug herbeizuführen.
"Das Vorliegen eines Zahlungsverzuges wiederum ist Voraussetzung dafür, dass der Erbe gegebenenfalls auch für den Verzugsschaden wie Rechtsanwalts- oder Inkassokosten, Verzugszinsen, Mahngebühren etc. aufkommen muss", erklärt der Inkasso-Spezialist. Hektischer Aktionismus bringt jedoch auch hier nichts: Eine Mahnung vor Fälligkeit ist auch in diesem Fall unwirksam.
Fortsetzen einer Zwangsvollstreckung
Lief bereits zu Lebzeiten des Schuldners ein Verfahren zur Zwangsvollstreckung, kann dieses fortgesetzt werden. Die Schuldtitel müssen dann nicht auf die Erben umgeschrieben werden. In bestimmten Fällen ist aber ein Erbe oder ein vom Gericht bestellter Vertreter hinzuzuziehen. Wurde vor dem Tod des Schuldners lediglich eine Vollstreckungsmaßnahme begonnen, kann der Gläubiger weitere Maßnahmen auch später noch beantragen.
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Dass Regelungen zum Pfändungsschutz nach dem Tode nicht mehr gelten, erleichtert für Gläubiger das Vorgehen möglicherweise sogar: Denn Schuldner, die absolut nichts besitzen, gibt es kaum. Liegt ein Vollstreckungstitel gegen den Verstorbenen vor, ohne dass die Zwangsvollstreckung bereits begonnen wurde, ist dagegen die Umschreibung des Titels auf den oder die Erben erforderlich. Bis zur Annahme der Erbschaft kann sie nur auf die von einem Nachlasspfleger vertretenen unbekannten Erben erfolgen.
Prüfen, ob es Erben gibt
"Liegen die Voraussetzungen nicht vor, um sofort in den Nachlass zu vollstrecken, sollte die Erbenermittlung beginnen", empfiehlt Drumann, denn ein Erbe wird Rechtsnachfolger des verstorbenen Schuldners (Erblassers). Ein Weg dazu ist es, beim zuständigen Standesamt eine Kopie der Sterbeurkunde einzuholen. Mit dieser kann der Gläubiger dann beim Nachlassgericht weitere Erkundigungen einholen. Zuständig dafür ist eine Abteilung im Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen letzten Wohnsitz hatte.
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Diese Ermittlungen können mitunter jedoch langwierig und kompliziert sein, wie Drumann aus der Praxis weiß. Je nach Forderungsbetrag kann sich das jedoch lohnen, denn der Erbe haftet nicht nur mit dem Nachlass, sondern auch mit dem eigenen Vermögen für die Schulden des Verstorbenen.
Wurde die Erbschaft angenommen?
Die Haftung des Erben steht allerdings erst dann fest, wenn dieser die Erbschaft angenommen hat. Erst dann kann ein Anspruch auch gerichtlich gegen einen Erben geltend gemacht werden. Generell hat jeder Erbe das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen.
Als angenommen eine Erbschaft, wenn die Erbausschlagsfrist verstrichen ist. Normalerweise beträgt die sechs Wochen, nach dem Zeitpunkt, zu dem der Erbe Kenntnis von der Erbschaft erhalten hat. Die Annahme einer Erbschaft bedarf keiner bestimmten Form. "Die Erbausschlagung hingegen muss gegenüber dem Nachlassgericht fristgemäß und in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden", betont Drumann. "Dem fristgerechten Zugang der Erbausschlagung beim Nachlassgericht in korrekter Form kommt große Bedeutung zu."
Probleme mit listigen oder nicht auffindbaren Erben
"Wir haben es schon häufiger erlebt, dass alle Angehörigen die Erbschaft ausgeschlagen haben, weil man die Überschuldung des Nachlasses befürchtete. Dennoch verfügte der Schuldner noch über Vermögens- oder Wertgegenstände, die dann bei Angehörigen auftauchen, zum Beispiel ein Fahrzeug. Hier kann es sich durchaus lohnen, genauer hinzuschauen beziehungsweise hinschauen zu lassen, um sich den Zugriff auf diese Werte zu sichern", so Drumann.
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Sind zunächst keine Erben bekannt oder auffindbar, kann vom Gericht ein Nachlasspfleger bestellt werden. Der Gläubiger kann seine Forderung dann gegen diesen weiterverfolgen, soweit der Nachlass es hergibt.
Aber auch wenn keine Erben vorhanden sind oder alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, muss der Gläubiger nicht zwangsläufig auf sein Geld verzichten. "In solch einem Fall wird nämlich vom Nachlassgericht festgestellt, dass der Fiskus, also die Staatskasse, erbt. Das ist für Gläubiger dann von Interesse, wenn Vermögenswerte vorhanden sind oder man deren Vorhandensein vermutet", erklärt Drumann.
Dann ermittelt die zuständige Behörde, ob es Vermögenswerte gibt, die herangezogen werden können. Der Forderungseinzug kann gegebenenfalls also auch gegen den Fiskus als Erben fortgesetzt werden.