Verbraucherschützer warnen

Flut von Fake Reviews auf Amazon

18.04.2019 von Peter Marwan
Betroffen zu sein scheint vor allem der Bereich IT und Unterhaltungselektronik. Durch die zahllosen sehr positiven Bewertungen schaffen es unbekannte Marken auf Spitzenpositionen bei Suchbewertungen. Am erfolgreichsten sind die Betrüger bei Kopfhörern.

Die britische Verbraucherschutzorganisation Which hat vor einer wahren Flut gefälschter Bewertungen auf Amazon gewarnt. Sie begründet das mit den Ergebnissen einer Stichprobe in 14 Kategorien mit Technikprodukten, darunter Kameras, Wearables, Kopfhörer und Smartwatches. Dort sind gefälschte Rezensionen, die Produkte weitgehend unbekannter Marken in den höchsten Tönen loben, offenbar keine Seltenheit.

Fünf-Sterne-Bewertungen für Technikprodukte sind auf Amazon vielfach keine Gewähr mehr dafür, dass es sich tatsächlich um empfehlenswerte Produkte handelt.
Foto: Black Salmon - shutterstock.com

Am schlimmsten ist der Missbrauch demnach bei Kopfhörern. Bei einer Untersuchung der ersten Trefferseite von Amazon bei der Suche nach dem Begriff 'Headphones', sortiert nach den am besten bewerteten Produkten, fanden sich innerhalb weniger Stunden 10.000 Bewertungen unverifizierter Käufer für lediglich 24 Kopfhörer-Modelle. "Unter diesen Produkten sahen wir zahlreiche Fälle, bei denen Hunderte von unverifizierten Fünf-Sterne-Bewertungen für einen Artikel am selben Tag oder in einer sehr kurzen Zeitspanne erstellt wurden. Dabei kam es auch vor, dass Reviews einfach kopiert oder wiederholt wurden. Wir entdeckten in manchen Listings sogar mehrfach positive Bewertungen, in denen es um ganz andere Produkte ging", berichtet Which.

Hunderte Fünf-Sterne-Bewertungen an einem Tag

Nach Ansicht der britischen Verbraucherschützer hätte das für Amazon leicht zu bemerken sein sollen und werfe ein schlechtes Licht auf den Umgang des Konzerns mit betrügerischen Bewertungen. Zum Beispiel erhielt ein Kopfhörer-Modell der unbekannten Marke "Celebrat" an einem Tag 439 unverifizierte Fünf-Sterne-Bewertungen an einem Tag. Da einer im September 2018 durchgeführten Studie zufolge 97 Prozent der britischen Online-Käufer Bewertungen als Hilfe bei der Kaufentscheidung heranziehen, sei die aktuelle Flut an gefälschten Bewertungen ein ernsthaftes Problem.

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Die BBC hat den Bericht der Verbraucherschützer zum Anlass genommen, um mit Personen zu sprechen, die zugeben, gefälschte Bewertungen für Produkte und Dienstleistungen zu schreiben. Ein 44jähriger aus East Sussex berichtet, dass er gefälschte, verifizierte Bewertungen erstellt. Er bestellt dazu die Produkte, bezahlt sie und gilt damit bei Amazon als glaubwürdige Quelle. Für die Rezensionen erhält er jedoch Geld.

BBC gegenüber erklärte Amazon, automatisch nach gefälschten Rezensionen auf der eigenen Plattform zu suchen und erhebliche Investitionen getätigt zu haben, um das eigene Bewertungssystem vor Missbrauch zu schützen.

Fake-Rezensionen in Deutschland

In Deutschland beschäftigt sich das Marktwächter-Team, ein Angebot der Verbraucherzentrale, seit 2018 intensiv mit dem Problem gefälschter Online-Rezensionen. In ihrer Untersuchung haben die Marktwächter drei Instrumente identifiziert, die zu einer besseren Qualität der Rezensionen auf Bewertungsplattformen führen: Prüfung von Bewertungen durch Algorithmen, Missbrauchsmeldefunktion für Verbraucher und Prüfung von auffälligen Bewertungen durch Mitarbeiter. Eine Kombination dieser drei Instrumente biete den besten Schutz vor Manipulationen.

Update, 18. April 2019, 13 Uhr 10: Aktuell habe man in Deutschland kein vergleichbar stark erhöhtes Aufkommen gefälschter Rezensionen festgestellt, teilte eine Sprecherin auf Anfrage von ChannelPartner.de mit. Auch Beschwerden von Verbrauchern darüber hätten nicht merklich zugenommen. Vollkommen ausschließen könne man eine Zunahme deshalb jedoch nicht. Aufgrund begrenzter Ressourcen können die Verbraucherschützer nicht alle Tätigkeitsfelder jederzeit gleich intensiv im Auge behalten. Das im vergangenen Jahr durchgeführte Aufklärungsprojekt ist jedenfalls vorerst abgeschlossen.

Im Februar 2019 hatte die Stiftung Warentest Verbraucher gewarnt, dass Anbieter erheblichen Aufwand betreiben, damit gekaufte Kundenrezensionen authentisch wirken. Die als Schutz eingerichtete Kennzeichnung "verifizierter Kauf" hilft dabei nicht viel. Indem die Anbieter den betrügerischen Rezensenten den Kaufpreis erstatten - was oft auch schon die Bezahlung darstellt - wird der Schutzmechanismus einfach ausgehebelt. Auch die Warnung der Stiftung Warentest basierte auf einem Hinweis der Tester von Which. Sie hatten Facebook-Gruppen wie "Amazon Deals Group" und "Amazon UK Reviewers" entdeckt. In den Gruppen loben Anbieter Belohnungen für positive Nutzerbewertungen im Amazon-Marktplatz aus.

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