Unternehmen, die kaum über weibliche Führungskräfte verfügen, vergeuden leichtfertig bedeutende Kompetenz- und Wachstumschancen. Doch nicht nur die männliche Mehrheit ist an diesem Umstand schuld. Einer weltweiten Untersuchung der Wirtschaftsprüfer-Organisation Grant Thornton nach zählt auch die Bundesrepublik im weltweiten Vergleich mit Platz 32 von 36 zu den Schlusslichtern. Die besten Plätze innerhalb Europas erreichen hingegen Russland mit 42, Polen mit 32 und Finnland sowie Griechenland mit je 23 Prozent. Die Philippinen rangieren mit 47 Prozent weiblicher Führungskräfte auf Platz eins.
"Studien haben bewiesen, dass gemischte Führungsgremien mit internationaler Besetzung in den Unternehmen einen deutlich höheren Umsatz erwirtschaften. Im Vergleich zu Frankreich beispielsweise ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser organisiert. Aber auch alte Denkmuster machen es Frauen schwer", unterstreicht Katharina Beckmann, Pressereferentin beim Verband deutscher Unternehmerinnen. Die oft von Männern angeführte Kritik mangelnder Qualifikation von Frauen lässt Beckmann mit einem Blick auf die erreichten Ausbildungsabschlüsse nicht gelten.
Männer sind besser vernetzt
Diese Einschätzung bestätigt sich unter anderem darin, dass der Frauenanteil an Universitäten 2005 ungefähr auf gleichem Niveau wie der Männeranteil war und die Abschlussnoten in den meisten Fällen sogar besser als die der Männer sind. Obwohl die Verteilung der Geschlechter auf die Studienfächer nicht so ausgeglichen ausfällt, sind laut Beckmann weder die Wahl der Fächer noch die Qualität der Abschlüsse ein Grund, warum Frauen wenig Führungspositionen bekleiden. "Vor allem die bestehenden Karriere-Netzwerke von Männern bewirken, dass die Chancengleichheit von Frauen ab Mitte 30 kippt", erläutert Beckmann gegenüber pressetext.
Unternehmen, die jedoch weiter alte traditionelle Rekrutierungswege gehen und Frauen keine Management-Positionen zutrauen beziehungsweise diese bewusst dafür nicht vorsehen wollen, vergeuden auch angesichts des demographischen Wandels immenses Potenzial. Im Zuge des sich immer deutlicher abzeichnenden Fach- und Führungskräftemangels in Deutschland ein Appell für die Einstellung von Frauen. Dabei könnten einem Bericht der Financial Times Deutschland nach viele Unternehmen von der Problemlösungskompetenz weiblicher Managerinnen profitieren. So wollen Frauen Konflikte eher für sich lösen, anstatt sie wie viele Männer zu verdrängen.
Dennoch liegen die Gründe, warum Frauen so selten in Top-Positionen bei deutschen Firmen arbeiten, zum Teil auch an den Frauen selbst. Viele wollen keine berufliche Karriere machen, andere wiederum absolvieren ein langes intensives Studium, weisen aber Defizite in einer zu stark zurückhaltenden Persönlichkeit auf.
Bescheidenheit oder Zurückhaltung kann sich laut Experten dann sehr schnell als negatives Entscheidungskriterium zugunsten der männlichen Kollegen erweisen. Auch hinderlich ist, dass viele Frauen mit der Bildung von Netzwerken Probleme haben und darauf warten, von außen angesprochen und befördert zu werden. (pte) (bw)