Keine Vorwarnzeit mehr

Finanzamt darf spontan vorbeischauen

08.04.2014 von Renate Oettinger
Der Fiskus rüstet im Kampf gegen Steuerausfälle weiter auf. Finanzbehörden dürfen nun unangemeldet Lohn- und Gehaltsunterlagen in den Geschäftsräumen prüfen. Was Unternehmen beachten sollten und welche Vorkehrungen ratsam sind, sagt Jochen J. Muth.
Die Finanzbehörden werden zukünftig verstärkt Ad-hoc-Prüfungen durchführen: Wer bei einer Betriebsprüfung auf Zeit spielt, riskiert ein Verzögerungsgeld.
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Die Lohnsteuer ist eine zentrale Einnahmequelle des Staates, sie macht rund 25 Prozent des Steuervolumens aus. Durch Schwarzarbeit, Scheinarbeitsverhältnisse oder illegale Beschäftigungen gehen dem Fiskus immense Summen verloren. Um Steuerausfällen entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber jetzt ein neues Prüfinstrument eingeführt. Steuerprüfer dürfen im Rahmen der so genannten Lohnsteuer-Nachschau während der Geschäftszeiten unangekündigt im Betrieb vorbeischauen. Die Finanzbehörden werden zukünftig verstärkt Ad-hoc-Prüfungen durchführen, betont die Wirtschaftskanzlei DHPG. Unternehmen sollten ihre Rechte und Pflichten kennen.

In der Praxis wird die Lohnsteuer-Nachschau zunächst vorrangig zur Bekämpfung von Steuerbetrug eingesetzt. Mitarbeiter der Finanzverwaltung werden in der Regel gemeinsam mit dem Zoll, der für die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständig ist, die Einhaltung der lohnsteuerlichen Pflichten prüfen. Spontane Besuche der Steuerprüfer sind ein effizientes Instrument. Da es keine Vorwarnzeit gibt, können Unternehmen ihre Lohnunterlagen nicht mehr nachbessern.

Lohnsteuer-Nachschau

Die Lohnsteuer-Nachschau, als besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte, findet während der üblichen Geschäftszeiten statt. Prüfer dürfen unangemeldet die Grundstücke und Geschäftsräume von Unternehmen betreten. Die Steuerpflichtigen müssen auf Verlangen alle Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorlegen und Auskünfte erteilen. Allerdings darf der Prüfer den Betrieb nicht selbst durchsuchen. Er hat nur das Recht, Unterlagen vom Geschäftsführer oder autorisierten Mitarbeitern einzufordern. Kommt es zu einer Lohnsteuer-Nachschau, ist es für eine strafbefreiende Selbstanzeige eventuell schon zu spät. Doch eine Sperrwirkung erstreckt sich nur auf die betreffende Steuerart, so dass eine Selbstanzeige etwa im Bereich der Umsatzsteuer weiterhin möglich ist.

Lohnsteuer-Außenprüfung

Wenn der Prüfer genauer nachschauen möchte, kann er fließend in eine Lohnsteuer-Außenprüfung übergehen. Eine vorherige Prüfungsanordnung ist nicht erforderlich. Deshalb: Unternehmen sollten bei einer Lohnsteuer-Nachschau nicht auf Zeit spielen und Unterlagen verspätet herausgeben. Sie riskieren sonst nicht nur eine Lohnsteuer-Außenprüfung, sondern auch ein Verzögerungsgeld von mindestens 2.500 Euro. Grundsätzlich sollten Unternehmen im Falle einer Lohnsteuer-Nachschau umgehend ihren steuerlichen Berater kontaktieren. So können sich Unternehmen über ihre Rechte und Pflichten rückversichern.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Lohnsteuer-Nachschau – wie bereits die Umsatzsteuer-Nachschau – im täglichen Prüferalltag etabliert. Mittelfristig kann die Lohnsteuer-Nachschau dann jedes Unternehmen treffen. Deshalb sollten sich Firmen frühzeitig auf ungemeldete Besuche der Finanzbehörden einstellen.

Die immer strengeren Kontrollen des Fiskus sollten Unternehmen zum Anlass nehmen, die richtige Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer zu überprüfen. Das Lohnsteuerrecht ist sehr knifflig. Schnell kommt es zu Konstellationen, die der Fiskus als geldwerten Vorteil wertet. Es drohen hohe Steuernachzahlungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die richtigen Vorkehrungen treffen

Es muss keine betrügerische Absicht vorliegen. Aufgrund komplexer Bestimmungen stoßen eifrige Finanzbeamte in puncto Lohnsteuer schnell auf Ungereimtheiten. Unternehmen sollten pro-aktiv handeln, um steuerliche Nachzahlungen zu vermeiden.

1. Fallstricke erkennen

Es gibt viele Konstellationen, die lohnsteuerlich problematisch sein können. Oft haben Kleinigkeiten große steuerliche Auswirkungen. Unternehmen sollten prinzipiell Rücksprache mit ihrem steuerlichen Berater nehmen.

Beispiele: Aushilfslöhne, feste freie Mitarbeiter, Dienstwagenregelungen, Sonderzahlungen

2. Nachweise sammeln

Einige Fälle bieten Interpretationsspielraum. Mit plausiblen Belegen lassen sich viele kritische Nachfragen entkräften. Unternehmen sollten frühzeitig Nachweise sammeln und den Lohnunterlagen beifügen.

Beispiele: Protokolle, Korrespondenzen, Gesellschafterbeschlüsse, Gutachten

3. Aufbewahrung optimieren

Alle Lohn- und Gehaltsunterlagen sollten geordnet und nachvollziehbar aufbewahrt werden. Die fortschreitende Digitalisierung erfordert besondere Vorkehrungen. Daten aus Vorsystemen sollten Prüfern nicht automatisch überlassen werden.

Beispiele: Arbeitszeitfassung, Reisekostenabrechnung, Zeitwertkonten

Weitere Informationen: Jochen J. Muth ist Steuerberater der DHPG in Euskirchen. Er war früher als Hauptsachbearbeiter Betriebsprüfung in der Finanzverwaltung NRW tätig.
Sven Juchem ist Personalfachkaufmann bei der DHPG. www.dhpg.de

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