Für die meisten Anwender dürfte es in der Zwischenzeit wohl keine neue Nachricht mehr sein: Löschen ist nicht gleich Löschen! Wer Daten auf seinem PC löscht, der sieht sie zwar aus dem Windows-Explorer verschwinden, findet sie aber problemlos im Papierkorb seines Systems wieder.
Auch wer in einem nächsten Schritt den Papierkorb leert oder beim Löschen seiner Dateien und Ordner die Shift-Taste (Umschalttaste) gedrückt hält, bekommt zwar vom Betriebssystem gemeldet, dass seine Dateien endgültig gelöscht sind – kann aber ebenso sicher sein, dass diese immer noch physikalisch auf der Festplatte vorhanden sind. So haben beispielsweise auf Datenrettung spezialisierte Firmen wie Kroll Ontrack haben auch dann kein Problem, die Daten wiederherzustellen, wenn ein Teil der Platte physikalisch zerstört wurde.
Natürlich ist es für den normalen Anwender auch in Firmen nicht relevant, ob seine Daten mittels forensischen Methoden wiederhergestellt werden können – doch ob seine Daten auch mit einfachen Mitteln noch zu finden sind, wenn ein PC oder eine Festplatte verkauft beziehungsweise entsorgt werden, ist sicher wichtig.
Reicht es da aus, eine Festplatte "nur" zu formatieren? Den meisten Nutzern dürfte klar sein, dass die von Windows angebotene Option des "schnelle Formatierens" nicht ausreichen kann. So geben dann die Firmen, die sich mit Datenrettung befassen, auch an, dass sie die Daten auf solchen Platten in der Regel wiederherstellen können. Wer entgegen der allgemeinen Ratschläge immer noch Windows XP einsetzt, kann sich auch bei einer normalen Formatierung ohne den Zusatz "schnell" nicht sicher sein. Dieses Betriebssystem entfernt auch dann nur die entsprechenden Verweise. Ab dem Betriebssystem Vista hat Microsoft hier aber nachgebessert und bei der Formatierung wird eine sogenannte Mid-Level-Formatierung ausgeführt, bei der nach der Entfernung der Verweise zudem noch jedes Byte physisch mit einem Zeichen (in der Regel die "O") überschrieben wird. Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung im Jahr 2008 reicht das aus, damit die Daten auch mit Hilfe von forensischen Methoden nicht wiederhergestellt werden können. Der englischsprachige Bericht "Overwriting Hard Drive Data: The Great Wiping Controversy" ist hier als PDF-Datei zu finden.
Warum gibt es dann so viele Programme, die mit der Fähigkeit des mehrfachen Überschreibens beworben werden? Wir haben Olaf Kehrer, Geschäftsführer der Berliner Firma O&O Software GmbH, die mit SafeErase ein eben solches Programm anbietet, dazu befragt. "Die Studie sagt genau das aus, was wir auch sagen: eine Wiederherstellung von sicher gelöschten Daten ist nicht möglich. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) definiert das im IT-Grundschutz sehr deutlich: Das einfache Löschen mittels Kommandos des Betriebssystems ist nicht ausreichend, denn das Betriebssystem kann sich selbst nicht löschen. Zudem werden nicht Kopien oder Fragmente von Dateien berücksichtigt, die auf der Platte abgelegt werden, ebenfalls nicht mit berücksichtig. Das BSI empfiehlt ganz eindeutig den Einsatz von besonderen Löschwerkzeugen, die in der Lage sind, diese Daten ebenfalls sicher zu löschen", führte er daraufhin aus.
Wir haben uns deshalb aus der großen Auswahl von Programmen, die ein sicheres, endgültiges Löschen versprechen, zwei ganz unterschiedliche freie Programme und eine professionelle Lösung näher angeschaut.
Eraser im Test: Kostenlose Freeware mit vielen Möglichkeiten
Die erste Lösung stammt aus dem reichhaltigen Fundus der Free- und Shareware und trägt den bezeichnenden Namen „Eraser“. Diese Software steht zum kostenfreien Download auf der Webseite der Entwickler zur Verfügung. Allerdings ist an dieser Stelle gleich eine Warnung angebracht: Die Entwickler haben ihre Webseite mit zahlreichen Download-Links bestückt, die neben der „Eraser“-Software verschiedene unerwünschte Programme mit auf den Rechner bringen. Also achten Sie bitte genau darauf, welchen Download-Link Sie auf dieser Seite auswählen!
Bei unserem Test kam die aktuelle Version 6.2.0.2979 zum Einsatz, die mit einer ganzen Reihe von Vorteilen aufwarten kann:
Breite Unterstützung der Betriebssysteme– von Windows XP (SP3) bis hin zu Windows 10 und zum Server 2012 R2 werden alle gängigen Versionen auch in 64-Bit unterstützt. Für ältere Windows-Systeme wie Windows 98 oder Windows 2000 soll laut Web-Seite noch eine entsprechend ältere Version von Eraser (5.7) bereitstehen, die aber leider aktuell (Mitte 2016) auf der Seite nicht mehr zu finden war.
Kann mit allen Laufwerken arbeiten, die das Windows-System im Zugriff hat.
Ein Zeitplan erlaubt es, zu festgelegten Zeiten bestimmte Löschoperationen auszuführen.
13 integrierte Löschmethoden, die vom Anwender ergänzt und erweitert werden können.
Arbeitet sehr schnell und zuverlässig (eine Wiederherstellung war mit gängigen Tools nicht möglich).
Wie die aufgelisteten Features zeigen, konnte die Software in der praktischen Anwendung durchaus überzeugen. Allerdings sind uns im Test auch einige Nachteile und Ungereimtheiten nicht entgangen:
Software und Hilfedateien sind nur in Englisch sowie Polnisch und Italienisch erhältlich.
Die Bedienung ist stark gewöhnungsbedürftig: Wer zum ersten Mal die Software startet, wird in der Regel mit dem leeren Fenster wenig anfangen können (siehe Bilderstrecke).
Kann zwar mit SSD-Platten zusammenarbeiten, bietet aber keine speziellen Befehle/Möglichkeiten dafür.
Versuch, dem Nutzer beim Download unnötige Software unterzuschieben.
Hat man sich erst einmal an die Bedienung gewöhnt und ist das eigene Englisch ausreichend, dann ist dies sicher eine Lösung die ihre Aufgaben gut erfüllt. Eine Besonderheit muss an dieser Stelle noch erwähnt werden: Die Software bietet eine zusätzliche Möglichkeit, einen Löschvorgang zu verschleiern: Der Anwender kann den freigewordenen Platz auf der Platte jeweils automatisch mit einer Datei seiner Wahl überschreiben lassen. Trotzdem bleibt ein fader Nachgeschmack bei dieser Freeware: Der offensichtliche Versuch, den unbedarften Nutzer zum unbeabsichtigtem Download verschiedener - zwar nicht unbedingt schädlicher aber zumeist nutzloser - Software zu verleiten, hindert uns daran der aktuellen Version 6.2 der Software bei allen Vorteilen in der Anwendung eine uneingeschränkte Empfehlung auszusprechen.
SafeErase im Test: Gut bedienbares Profi-Tool mit Zusatznutzen
Eine ganze Reihe von Softwarefirmen bietet kommerzielle Lösungen an, die sich mit dem sicheren und zuverlässigen Löschen von Daten beschäftigen. Wir haben uns aus diesem Angebot das Programm SafeErase der Berliner Softwareschmiede O & O Software ausgesucht. Es stand uns als sogenannten „Professional Edition“ in der aktuellen Version 11.0 (Build 127) zur Verfügung.
Die Vorteile dieses Programms:
Als Entwicklung einer deutschen Firma kommt das Programm samt umfangreicher Online-Hilfe komplett in deutscher Sprache.
Analyse-Funktion: Durchsucht zunächst das komplette System nach unsicher gelöschten Dateien (mit erstaunlichen Ergebnissen – bei unserem Testsystem wurden beispielsweise Dateien im sechsstelligen Bereich gefunden).
Löschen des kompletten Rechners ohne separates Boot-Medium möglich.
Spezielle angepasste Löschmethode für SSDs (unter Ausnutzung des TRIM-Befehls).
Wiederkehrende Aufgaben können über sogenannte Löschlisten abgearbeitet werden.
Ungewöhnlich für eine derartige Software: Sie beinhaltet eine spezielle Funktion mit der Bezeichnung Internetdateien löschen, mit der ein Anwender auch alle Browser-Daten sicher löschen und überschreiben kann. Dabei erkannte die Software auch sofort den Edge-Browser unter Windows 10 korrekt.
Installation und Einsatz dieser Lösung stellen auch einen wenig erfahrenen Anwender kaum vor Probleme, da die Benutzerführung übersichtlich ist und die Hilfestellungen auf Deutsch fast jeden Vorgang erklären. Das Programm bietet zudem noch die Möglichkeit, die temporären Dateien, die sowohl von Browsern als auch vom Windows-Betriebssystem hinterlassen werden, ebenfalls sicher zu löschen.
Die Nachteile beim Einsatz dieses Programms:
Es handelt sich um eine kostenpflichtige Lösung. Zwar steht auch eine kostenlose Testversion zum Download bereit, doch sind dort die Funktionen „Komplettes Löschen“ und "Freien Speicherplatz löschen" nicht einsetzbar. Weiterhin können in der Testversion keine Sicherheitseinstellungen verändert werden.
Insgesamt stehen nur sechs verschiedene Löschmethoden zur Verfügung, die nicht erweitert oder ergänzt werden können.
Wer diese Arbeiten auf einem Server-Betriebssystem ausführen will, muss dazu eine spezielle Version von SafeErase erwerben, die alle Windows-Server ab der Version 2003 unterstützt.
DBAN im Test: Die Freeware, die alles sauber macht
Als dritte Lösung für unseren Ratgeber haben wir eine Software ausgewählt, die im Gegensatz zu den ersten beiden Programmen einen etwas anderen Ansatz verwendet: Es handelt sich dabei wieder um eine Freeware-Lösung, die den Namen DBAN (für Derik’s Boot and Nuke) trägt und direkt auf der Webseite des britischen Unternehmens "blancco technology group" angeboten wird. Die Firma bietet dort zudem unter dem Namen "Blanco Drive Eraser" auch eine kommerzielle Lösung zu Datenlöschung mit mit weiterreichenderen Möglichkeiten an.
Der Name des Programm sagt dabei eigentlich schon alles über dessen Funktion: Wer es von der Webseite herunterlädt, erhält eine ISO-Datei, die er dann auf eine CD/DVD oder einen USB-Stick kopieren kann. Auch die Erstellung einer Boot-fähigen Floppy-Disk ist möglich. Mit dieser wird dann der entsprechende PC hochgefahren (Boot) und sämtliche mit ihm verbundenen Festplatten und Datenträger werden sicher gelöscht (Nuke). Dabei soll der martialische Ausdruck „Nuke“, der für das Werfen einer Atombombe steht, andeuten, dass dies eine endgültige Maßnahme ist.
Die Vorteile dieser Software:
Es ist eine wirklich umfassende Lösung – wer beispielsweise einen PC entsorgen will, kann sicher sein, dass nach der Anwendung alle Daten auf allen Datenträgern komplett gelöscht sind.
Die Anwendung ist einfach: PC vom Boot-Medium starten und einmal den Vorgang bestätigen.
Keinerlei Installation auf dem System nötig.
Am Boot-Prompt stehen zusätzlich unterschiedliche Löschmethoden zur Auswahl.
Aber gerade die Endgültigkeit dieser Software macht ihren Einsatz kritisch, wobei sich im Praxis-Einsatz noch weitere Nachteile zeigten:
Dies ist absolut keine Software für unerfahrene Anwender oder auch Nutzer, die bisher nur Windows-Anwendungen kannten. Der Boot-Bildschirm (siehe Bildstrecke) der Software kann nur von Linux-erfahrenen Nutzern oder solchen, die noch die Gelegenheit hatten, mit MS-DOS zu arbeiten, als „gut zu bedienen“ bezeichnet werden.
Die rudimentäre Oberfläche in Zusammenhang mit den geringen Auswahlmöglichkeiten führt schnell zu Fehlbedienungen und damit zu unbeabsichtigtem Löschen.
Das Löschen einzelner Dateien, Verzeichnisse oder Medien ist nicht möglich – die Software ist damit nur für das endgültige Löschen eines ganzen PCs einsetzbar.
RAID-Systeme, wie sie heute schon in vielen Desktop-Systemen zu finden sind, werden von der Software oftmals nicht erkannt und müssen zunächst manuell in einen anderen Modus (JBOD – Just a Bunch of Disks) ohne Redundanz überführt werden, bevor sie mit dem Tool zuverlässig bearbeitet werden können.
Die Software kann leider keine SSD-Laufwerke entdecken und diese deshalb auch nicht löschen!
Die kommerzielle Lösung "Blanco Drive Eraser" des gleichen Anbieters kann hingegen viele dieser Nachteile ausgleichen, da sie nicht nur einen USB-Stick mit leichter zu bedienender Oberfläche erzeugt, sondern beispielsweise auch mit SSD-Laufwerken umgehen kann. Allerdings kann auch deren Oberfläche die Linux-Herkunft nicht verleugnen. Gegen Angabe einige Daten wie Name , Adresse und E-Mail können Nutzer eine Testversion dieser Software mit leicht eingeschränkten Möglichkeiten herunterladen und ausprobieren.
Fazit - Festplatten sicher löschen
Alle drei von uns getesteten Lösungen löschen die Festplatten sicher und sind in der Lage, die Daten so zu vernichten, dass sie höchstens noch mit aufwändigen forensischen Mitteln wiederhergestellt werden können. Wir konnten nach Einsatz einer der drei Lösungen mit keiner gängigen Software Daten finden oder wiederherstellen.
Wer wenig oder gar kein Geld ausgeben will, der ist mit der Freeware-Software Eraser gut bedient: Sie arbeitete in unseren Tests zuverlässig und schnell, ist auf dem aktuellen Stand (64-Bit-Unterstützung inklusive) und bietet sogar noch ein paar Extras. Dazu gehören das Einbinden zusätzlicher Löschmethoden oder das Überschreiben des frei gewordenen Speicherplatzes mit einer beliebigen anderen Datei.
Die Nachteile der kostenlosen Lösung sind ihre etwas gewöhnungsbedürftige Oberfläche sowie die Tatsache, dass die Software aktuell nicht in deutscher Sprache zur Verfügung steht. Weiterhin ist es immer eine Frage, ob man gewillt ist, sich bei einer so sicherheitsrelevanten Tätigkeit auf ein Freeware-Angebot zu verlassen ohne dabei zu wissen, wie lange und zuverlässig es weiterhin unterstützt werden wird.
Wer eine wirklich komfortable Lösung zum Löschen seiner Daten einsetzen möchte, kann bedenkenlos die Software SafeErase der Berliner Softwareschmiede O & O einsetzen: Neben einer komplett deutschen Oberfläche werden auch entsprechende Hilfedateien mitgeliefert, die den Einstieg in die Thematik deutlich erleichtern. Zudem bekommt der Anwender bei diesem Produkt, dass ebenso wie die Freeware-Version auch in einer 32- und einer 64-Bit-Version zur Verfügung steht, hier noch eine ganze Reihe weiterer „Lösch-Möglichkeiten“ mitgeliefert und kann mit der Software auch den Verlauf der Browser sowie weitere temporäre Windows-Dateien auf seinem Rechner entsorgen. Schließlich ist dieses Programm auch dazu in der Lage, moderne SSD-Platten mittels des TRIM-Kommandos richtig zu löschen.
Der „Nachteil“ dieser Software besteht sicher darin, dass sie nicht kostenlos erhältlich ist. Sie wird aber zu einem moderaten Preis von 29,90 Euro angeboten und kann beispielsweise von kleinen und mittelständischen Firmen auch in einer günstigeren Mehrplatzlizenz erworben werden.
Schließlich bleibt noch unser dritter Testkandidat „Boot and Nuke“, bei dem der Name ohne Zweifel Programm ist: Diese Freeware-Lösung arbeitet nur von einem Startmedium (Diskette, CD/DVD oder USB-Stick) und löscht dann radikal und ohne Rettungsmöglichkeit sämtliche Festplatten, die mit dem System verbunden sind. Auch hierbei bleibt dem Anwender die Wahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten. Ein Nachteil der Lösung besteht darin, dass sie mit den heute vielleicht auch in Desktop-PCs eingesetzten RAID-Systemen nicht zurechtkommt und die ebenfalls immer häufiger verwendeten SSD-Laufwerke nicht behandeln kann. Weiterhin ist die Lösung mit ihrer Linux- beziehungsweise DOS-Oberfläche nichts für unerfahrene Anwender.
Unser Tipp: Dies ist garantiert die richtige Lösung, wenn Sie einen alten PC (mitsamt Festplatten) in den Schrott geben oder verkaufen: „Nuken“ Sie dieses Gerät mit einem so erstellten Startmedium und Sie sind ziemlich sicher, dass kaum jemand noch Daten darauf findet. Eventuell installierte SSD-Laufwerke sollten sie dann jedoch aus dem Rechner entfernen. Für alle anderen „normalen“ Löschvorhaben würden wir vom Einsatz dieser Software jedoch abraten. Wer genug Linux-Erfahrung besitzt, kann zudem auch ein solches Betriebssystem von einer DVD oder einem USB-Stick starten und die Festplatten im System mittels des Unix-Befehls dd so löschen, das keinerlei Daten mehr darauf zurückbleiben.
Viele Fachleute weisen zudem nach wie vor darauf hin, dass ein endgültiges Löschen von SSD-Platten, bei dem wirklich keine wiederherstellbaren Daten auf diesen Medien zurückbleiben, schwierig bis unmöglich sei. Wer also absolut sichergehen will, dass seine Daten auf alten SSD-Medien nicht wiederherzustellen sind, sollte den „altbewährten Weg“ der manuellen Zerstörung dieser Medien mittels physischer Gewalt (wie etwa durch eine Schrottpresse) wählen. (fm)