Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen werden häufig Aufhebungsverträge geschlossen, die in der Regel die Zahlung einer Abfindung vorsehen. Beide Parteien versprechen sich davon eine unkomplizierte und schnelle Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Einschaltung des Arbeitsgerichts und oftmals auch ohne Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes. Die möglichen Folgen eines solchen Aufhebungsvertrages werden leider in den meisten Fällen nicht bedacht bzw. nicht erahnt, so dass es zu bösen Überraschungen kommen kann.
I. Rechtliche Bedeutung einer Abfindung
In meiner beruflichen Praxis begegnet mir immer wieder die Vorstellung der Mandanten, dass gleichsam mit Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung als soziale Abpufferung des Arbeitnehmers wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes beansprucht werden könne. Dies ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Eine Abfindung wird bei Einzelentlassungen vom Arbeitgeber nur dann angeboten, wenn er eine Kündigung ausspricht und gleichzeitig befürchten muss, dass der Arbeitnehmer diese Kündigung vor einem Arbeitsgericht im Wege der Kündigungsschutzklage erfolgreich angreift. Der Arbeitnehmer wird mit seiner Klage Erfolg haben, wenn die Kündigung unwirksam ist, weil es an einem Kündigungsgrund fehlt. In diesem Fall läuft der Arbeitgeber also Gefahr, den Arbeitnehmer mangels wirksamer Kündigung weiterbeschäftigen zu müssen. Kurz gesagt: Der Arbeitgeber zahlt nur, wenn er befürchten muß, die Kündigungsschutzklage zu verlieren; Von dieser Gefahr kauft er sich durch eine Abfindung frei. Wenn diese Gefahr gar nicht besteht, hat er auch in der Regel nicht die geringste Veranlassung, überhaupt eine Abfindung anzubieten oder sich auf ein solches Verlangen des Arbeitnehmers einzulassen. Hier ist in erster Linie an drei Fälle zu denken:
- Der Arbeitgeber hat einen "wasserfesten" Kündigungsgrund oder
- Der Arbeitnehmer genießt gegen eine Kündigung keinen Kündigungsschutz (er kann keine Klage erheben, weil es sich z.B. um einen Kleinstbetrieb handelt) oder
- Der Arbeitnehmer hat selbst gekündigt oder einen wirksamen Aufhebungsvertrag ohne Abfindung unterschrieben.
Für die Beurteilung, ob eine dieser Varianten vorliegt, bedient der Arbeitgeber sich am besten einer fachkundige Rechtsauskunft, denn die Beantwortung dieser Frage kann im Einzelfall sehr schwierig sein.
Liegt keine der oben genannten Varianten vor, kann der Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess dadurch vermeiden, dass er dem Arbeitnehmer bereits in der Kündigung eine Abfindung von 0,5 Brutto-Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr für den Fall anbietet, dass der Arbeitnehmer die Klagefrist ( drei Wochen ab Zustellung der Kündigung ) verstreichen lässt und Klage eben gerade nicht erhebt. In einem solchen Fall muss die Kündigung zusätzlich ausdrücklich den Hinweis erhalten, dass sie auf zwingende betriebliche Erfordernisses gestützt wird.
II. Aufhebungsvertrag und Abfindung ohne drohende Kündigung
Zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens werden in der Praxis häufig Aufhebungsverträge (auch Auflösungsverträge genannt) geschlossen. Anders als bei einer Kündigung, die eine einseitige Erklärung darstellt, wird das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen, also durch eine beiderseitige Erklärung beendet. Ganz gleich, ob dabei zusätzlich noch eine Abfindung ausgehandelt wird, hat ein solcher Vertrag für den Arbeitnehmer eine Sperrzeit im Hinblick auf den anschließenden Bezug von Arbeitslosengeld zur Folge ( § 144 SGB III). Die Sperrzeit beträgt in der Regel zwölf Wochen, in denen der Arbeitslose und seine mitversicherten Familienangehörigen nicht krankenversichert sind (der Arbeitslose muss die Beiträge in dieser Zeit selbst zahlen).
Zusätzlich mindert sich noch die Dauer seines Arbeitslosengeldbezuges um ein Viertel (§128 I 4 SGB III). Mit all diesen weit reichenden Konsequenzen will der Gesetzgeber den Arbeitslosen dafür sanktionieren, dass er wie bei einer Eigenkündigung bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages seine Arbeit aus freien Stücken aufgegeben hat.
Hat der Arbeitslose durch den Aufhebungsvertrag noch eine Abfindung erhalten, so ruht der Anspruch auf Arbeitslodengeld noch zusätzlich zur Sperrzeit, wenn im Aufhebungsvertrag der dort vorgesehene Beendigungszeitpunkt nicht mit der gesetzlichen Kündigungsfrist übereinstimmt. Da in der Regel beide Vertragsparteien derart negative Folgen für den Arbeitnehmer vermeiden wollen, tut man auch hier gut daran, den Vertrag vor Unterzeichnung rechtlich prüfen zu lassen.
III. Abwicklungsvertrag und Abfindung nach oder vor angedrohter Kündigung
Hat der Arbeitgeber gekündigt, so hat der Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, Klage dagegen zu erheben. Lässt er die Frist verstreichen, gilt die Kündigung als akzeptiert. Für eine Abfindungszahlung besteht dann keine Veranlassung mehr (s. o.).
In Ausnahmefällen ist diese Frist nicht zu wahren, so z.B. wenn die Kündigung schon deshalb unwirksam ist, weil sie gar nicht schriftlich erfolgte. In diesen Fällen kann auch noch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist geklagt werden.
Wird die Kündigungsschutzklage erhoben, einigen sich die Parteien in einer Vielzahl von Fällen vor Gericht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung (Abfindungsvergleich ). Mit einem für die Praxis bedeutsamen Urteil vom 17.10.2007 hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass im Falle eines gerichtlichen Vergleichs, der das Ende des Arbeitsverhältnis nicht vorverlegt, also die Kündigungsfrist wahrt, eine Sperrzeit nicht eintritt.
Es muss jedoch nicht immer zum gerichtlichen Prozess kommen, um hier Rechtssicherheit vor einer Sperrzeit zu erhalten: Offensichtlich in Anbetracht der o.g. Entscheidung des BSG hat die Bundesagentur für Arbeit mit Wirkung vom 24.10.07 eine Änderung der Dienstverordnung zur Sperrzeit veröffentlicht (www.arbeitsagentur.de zu § 144 SGB III), wonach künftig die Sachbearbeiter bei Aufhebungsverträgen keine Sperre zu verhängen haben, wenn
- die Abfindung 0,25 bis 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr beträgt,
- der Arbeitgeber betriebsbedingt zum gleichen Zeitpunkt unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt hätte (konkret drohende Kündigung),
- die maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten wurde und der Arbeitnehmer nicht unkündbar ist.
Will man zu dieser Thematik wirklich Rechtssicherheit erlangen, sollte man tunlichst fachkundigen Rat einholen. Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser! (oe)
Die Autorin Dr. Agnes Strehlau-Weise ist Rechtsanwältin und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (www.mittelstands-anwaelte.de).
Kontakt:
Rechtsanwältin Dr. Agnes Strehlau-Weise, c/o Anwaltskanzlei Sichtermann & Partner, Hafenstraße 12, 26603 Aurich, Tel.: 04941 4181, E-Mail: info@sichtermannpp.de, Internet: www.sichtermannpp.de