Der jüngste Nahfeldfunker namens TransferJet wurde maßgeblich von Sony und Toshiba entwickelt, sagte Tsukasa Matoba, Senior Fellow bei Toshiba Semiconductor Tokio, im Gespräch mit unserer Schwesterpublikation Computerwoche. Daneben nennt der Industrieverband mit Namen TransferJet Consortium auch Japan Radio, Olympus Imaging und Seiko Epson als "Promoters" der neuen Nahfunktechnik. Zu den "Adopters" gehören Fujitsu, Pioneer, Ricoh, Samsung, Sharp und weitere. Einige dieser Firmen produzieren Laptops, Tablets, Smartphones, Kameras oder Unterhaltungselektronik, was auch das Einsatzgebiet von TransferJet umreißt.
Die ersten TransferJet-Adapter von Toshiba sollen im Dezember 2014 in Form von USB-Funk-Sticks für knapp 60 Euro in den deutschen Handel kommen, sagte Armin Derpmanns, General Manager bei Toshiba Electronics Europe.
Doch was verbirgt sich eigentlich hinter TransferJet, wie funktioniert es, was ist damit konkret alles möglich?
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Wie schnell funkt TransferJet?
Die Brutto-Datentransferrate des neuen Nahfeld-Turbo-Funkers liegt laut Derpmanns bei 560 Mbit/s, die tatsächliche Nettonutzrate bei maximal 375 Mbit/s. Damit könnten Anwender ihre Musiksammlungen, Fotos in hoher Auflösung oder Videos zwischen zwei Geräten innerhalb eines Wimpernschlages übertragen, sagt der Manager. Ein menschlicher Wimpernschlag dauere etwa 100 bis 400 Millisekunden. Die maximale TransferJet-Datenrate von 375 Mbit/s entspreche 4,7 MByte in 100 Millisekunden.
Falls diese Datenraten stimmen, wäre TransferJet viel schneller als NFC und Bluetooth, aber grob gesagt nur halb so schnell wie 3x3-MIMO-WLAN-11ac in der 1300-Gigabit-Version. Toshiba formuliert es anders, nämlich "bis zu zehn Mal schneller als Wi-Fi". Das ist korrekt, solange man TransferJet nur mit den 54 Megabit des betagten WLAN-802.11g-Standards vergleicht - und das jüngste WLAN-11ac ganz außer Betracht lässt.
Wie weit funkt TransferJet?
Zwei TransferJet-Geräte, zum Beispiel zwei Smartphones, funken in einer Distanz von null bis drei Zentimetern mit dem vollen Speed. Bei größerem Abstand soll die Kommunikation schnell versiegen, und zwar mit voller Absicht. Eine derart kurze Reichweite kann auch als Sicherheitsvorteil gesehen werden: Im Gegensatz dazu strahlt das altbekannte WLAN oft viele Meter durch Fenster und Wände aus dem Gebäude hinaus, bis auf die Straße oder auf den Parkplatz. Je größer die Funkreichweite, desto leichter ein Angriff durch hausexterne WLAN-Hacker.
Auch der Stromverbrauch von TransferJet soll dank der kurzen Distanz sehr gering sein. Außerdem soll jedes TransferJet-Gerät erkennen, sobald ein anderes TransferJet-Gerät in das Nahfeld kommt. Erst dann fahre es die Sendeleistung kurzfristig auf das nötige Maß herauf. Auch dadurch werde im Vergleich zu anderen Funktechniken viel Strom gespart.
Auf welcher Frequenz funkt TransferJet?
Laut Konsortium funkt TransferJet in einer Bandbreite von 560 MHz rund um die mittlere Frequenz von 4,48 GHz. Die Wahl dieses relativ sauberen Spektrums, gepaart mit der extrem geringen Sendeleistung, ermögliche einen lizenzfreien Betrieb in Japan, Europa, USA und weiteren Regulierungszonen.
Gegenseitige Funkstörungen, also Interferenzen, wie man sie etwa zwischen Bluetooth, WLAN und Mikrowellenherden im 2,4-GHz-Band kennt, soll es bei TransferJet nicht geben, zumal der Funkradius nur wenige Zentimeter misst. Wo sich nichts gegenseitig stört, muss auch nichts entstört werden: Das spart komplexe Filter, Equalizer und OFDM-Techniken, was wiederum die Herstellungskosten und den Stromverbrauch der TransferJet-Funkmodule niedrig hält.
Wo liegt die Hauptanwendung von TransferJet?
Zwei TransferJet-fähige Geräte können Daten, Musik, Fotos oder Videos auf drei Zentimetern Distanz austauschen. Zum Beispiel können zwei Android-Smartphones eine Musiksammlung übertragen, nachdem sie sich kurz berührt und verkoppelt haben.
Laut Hersteller können auch Laptops, PCs, Drucker, Digitalkameras, Camcorder, Fernseher oder Spielekonsolen TransferJet-fähig gemacht werden. Die zur Transfersteuerung nötige Application-Software soll zunächst für Windows und Android auf den Markt kommen.
Kann man TransferJet nachrüsten?
Solange es noch keine Geräte mit fest eingebautem Embedded-TransferJet-Funk gibt, kann man die neue Technik sowieso nur nachrüsten. Die ersten ansteckbaren TransferJet-Adapter sollen im vierten Quartal 2014 mit kleinen Micro-USB-Steckern für Android-Smartphones und -Tablets kommen, ebenso mit normal großen USB-Steckern für Windows-Rechner: zwei Dongles für 59 Euro (UVP).
Die Hersteller der TransferJet-Elektronik hoffen aber, dass die neue Nahfunktechnik bald genauso selbstverständlich in Smartphones, Tablets und weitere Geräte Einzug halten wird, wie das bisher schon mit WLAN, Bluetooth und NFC gelungen ist. Zum Beispiel laufen gerade Verhandlungen mit allen Smartphone-Herstellern, sagte Tsukasa Matoba, Senior Fellow bei Toshiba Semiconductor Tokio, im Gespräch mit der Computerwoche.
Wie läuft das Pairing bei TransferJet?
In den vergangenen 15 Jahren sind schon viele Anwender am Pairing von Bluetooth-Geräten verzweifelt. TransferJet will das Pairing radikal vereinfachen: Zwei TransferJet-Geräte müssen sich nur kurz berühren, dann startet eine Android- oder Windows-Anwendung, die dem Anwender einen Datentransfer anbietet. Dass zu diesem Zweck im Hintergrund bereits ein komplexes Pairing mit Search, Discovery, Selection, Authentication und Connection stattfand, soll und muss der Anwender gar nicht mitkriegen.
Der "Wireless Touch" soll für den User mindestens genau so einfach sein wie das Einstecken eines USB-Steckers in eine USB-Buchse. Laut TransferJet Consortium dauert das Pairing bei WiFi Direct mehr als zehn Sekunden und bei TransferJet nur 0,1 Sekunden. (cvi)