Keine Belehrungspflicht des Versicherers

Falsche Angaben und Arglist des Versicherungsnehmers

25.08.2014 von Renate Oettinger
Wer die Fragen nach Krankheiten und Beschwerden unvollständig und die nach psychotherapeutischen Behandlungen nicht beantwortet, riskiert, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktritt.

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Versicherer, selbst wenn er über die möglichen Folgen von Falschangaben nicht ausreichend belehrt hat, zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer oder der für ihn handelnde Makler arglistig falsche Angaben im Antrag gemacht hat.

Wer einen Versicherungsvertrag abschließen will, sollte auf jeden Fall mögliche Vorerkrankungen angeben.
Foto: Minerva Studio - Fotolia.com

Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12.3.2014 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az.: IV ZR 306/13.

Der Fall: Der Kläger, der zuvor mit einem Versicherungsvermittler einen Maklervertrag geschlossen hatte, stellte im Jahr 2010 bei dem beklagten Versicherer einen Antrag auf Abschluss einer Kranken- und Pflegeversicherung. Dort waren die Fragen nach Krankheiten und Beschwerden unvollständig und die nach psychotherapeutischen Behandlungen nicht beantwortet. In der Folge erhielt die Beklagte ein weiteres Antragsformular, in dem diese Fragen mit "nein" beantwortet wurden. Die Beklagte stellte hierauf einen Versicherungsschein aus.

Anfechtung der Vertragserklärung

Mit Schreiben vom 22. September 2011 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag, weil der Kläger ihr verschiedene erhebliche Erkrankungen verschwiegen hatte. Später erklärte sie noch die Anfechtung ihrer Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung. Die auf Feststellung gerichtete Klage, dass der Vertrag weder durch Rücktritt noch durch Anfechtung beendet ist, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte wirksam vom Vertrag zurückgetreten.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, so Kroll, dass der Versicherer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist.

Keine Schutzwürdigkeit

Der arglistig handelnde Versicherungsnehmer kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Pflicht des Versicherers, ihn über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zu belehren, berufen. Der Versicherer kann im Falle einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer mithin auch dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er den Versicherungsnehmer im Antragsformular entgegen den Anforderungen des § 19 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz nicht oder nicht ausreichend belehrt hat. Entscheidend hierfür ist, dass die Belehrungspflichten zum Schutz des Versicherungsnehmers angeordnet sind, der arglistig handelnde Versicherungsnehmer aber nicht gleichermaßen schutzwürdig ist.

Der Versicherungsnehmer kann sich ferner auch nicht darauf berufen, er habe gegenüber dem von ihm eingeschalteten Versicherungsmakler wahrheitsgemäße Angaben gemacht. Vielmehr muss er sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats grundsätzlich das arglistige Verhalten des Maklers zurechnen lassen. Einer der Ausnahmefälle, in denen eine derartige Zurechnung nicht in Betracht kommt, lag im Streitfall nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.

Kroll rät, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. - www.mittelstands-anwaelte.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Matthias W. Kroll, LL.M., Rechtsanwalt, Master of Insurance Law, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Leiter des Fachausschusses XIV "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., c/o. Dr. Nietsch & Kroll Rechtsanwälte, Osterbekstraße 90b, 22083 Hamburg, Tel.: 040-238569-0, E-Mail: kroll@nkr-hamburg.de, Internet: www.nkr-hamburg.de

Meldungen zum Thema "Steuern & Finanzen"
Löschung einer britischen Limited
Das Bundesfinanzministerium hat sich zu den steuerlichen Folgen der Löschung einer britischen Limited aus dem britischen Handelsregister geäußert.
Reisekostenreform – doppelte Haushaltsführung
Die Änderungen bei den Vorschriften zur doppelten Haushaltsführung fallen teilweise zugunsten und teilweise zulasten der Steuerzahler aus. Die Steuerexperten von WW + KN nennen Einzelheiten.<br>
Häusliches Arbeitszimmer – Einspruch einlegen
Der Bundesfinanzhof lässt den Großen Senat entscheiden, ob die Kosten für ein auch teilweise privat genutztes Arbeitszimmer anteilig steuerlich abziehbar sind.<br>
Schäden beim Abschleppen – wer haftet?
Der BGH hat seine Beurteilung der Frage geändert, ob eine Straßenverkehrsbehörde für Schäden beim Abschleppen eines Fahrzeugs aufkommen muss.<br>
BFH-Urteile zum häuslichen Arbeitszimmer
Der BFH musste in zwei Rechtsfällen über Pool- und Telearbeitsplätze entscheiden. Grundlegende Fragen zum Steuerabzug häuslicher Arbeitszimmer blieben dabei jedoch unbeantwortet. Werner Kurzlechner berichtet.<br>
Wann darf der Versicherungsnehmer kündigen?
Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages für einen volljährigen Mitversicherten<br>
Berechnung einer Betriebsrente
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die unterschiedliche Behandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten zulässig sein.
Anfechtung von Lohnzahlungen
Die Insolvenzordnung gibt dem Insolvenzverwalter mit den Anfechtungstatbeständen in §§ 129 ff. InsO eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene, ungerechtfertigte Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen.
Bank darf Vertriebsvergütung behalten
Der Bundesgerichtshof hat über die Wirksamkeit einer klauselmäßigen Behaltensvereinbarung für Vertriebsvergütungen entschieden.
Solaranlage auf Privathaus – kein Kostenabzug
Ein Teilabzug privater Gebäudekosten durch eine auf dem Hausdach installierte Fotovoltaikanlage ist nicht möglich.
Die neuen Rentenregeln
Ab Juni 2014 sollen neue Rentenregeln das abschlagsfreie Altersruhegeld mit 63 ermöglichen. Hier das Wichtigste im Überblick. <br>
Angehörigenverträge und Fremdvergleich
Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Vertragsbedingungen sind in bestimmten Fällen großzügigere Maßstäbe anzulegen.<br>
Umsatzsteuer und Rechnungserstellung
Zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung in der Rechnung kann auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen werden, ohne dass diese Unterlagen der Rechnung beigefügt sein müssen.<br>
Wer zahlt das Privatgutachten?
Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Kosten eines Sachverständigen zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel einer Kaufsache erstattungsfähig.<br>
Sturmschäden – wer zahlt was?
Grundsätzlich werden durch Sturm verursache Schäden von den Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen abgedeckt. Die Arag-Experten nennen Einzelheiten.<br>
Wann haftet die Bank?
Der Bundesgerichtshof hat über Schadensersatzklagen wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit offenen Immobilienfonds entschieden. Im Mittelpunkt standen die Beratungsgespräche.
Kleine Ziffer, große Wirkung - Firmen müssen Umsätze neu berechnen
Die Idee klingt plausibel. Von 2017 an sollen die Umsätze nach dem Rechnungslegungsstandard IFRS 15 möglichst einheitlich ermittelt werden. Doch einige Branchen stellen die neuen Regeln vor eine große Herausforderung. Telekomfirmen rechnen mit Kosten in Milliardenhöhe.
Mehr Gestaltungsspielraum für Betriebsfeiern
Die aktuelle Rechtsprechung erweitert die Möglichkeiten für steuerfreie Betriebsveranstaltungen. Unternehmen sollten bei Planung und Durchführung von Festivitäten die Neuerungen im Blick behalten, sagt Stefan Rattay von der WWS.
Geld sparen mit Ausgaben fürs Personal
Um Mitarbeiter zu motivieren, muss es nicht immer eine Gehaltserhöhung sein. Oft könnte man ihnen das eine oder andere Extra gewähren. Welche Leistungen Unternehmer ihren Mitarbeitern steuerfrei oder pauschal versteuert gewähren können, wissen Alexander Littich und Mathias Paintner von ECOVIS.