In Krisenzeiten suchen Unternehmen und Behörden verstärkt nach Einsparpotenzialen im IT-Sektor. Der Kauf "gebrauchter" Computerprogramme bietet Einsparpotentiale, ist jedoch gleichzeitig mit zahlreichen juristischen Fragen behaftet.
Gebrauchtsoftware ist die Bezeichnung für Programme, die nicht direkt vom Hersteller oder einem offiziellen Distributor erworben werden, sondern zwischenzeitlich bei einem Unternehmen oder einem Verbraucher in Betrieb waren. Der Begriff ist irritierend, denn im Gegensatz zu Hardware, einer Maschinen oder einem Motor zeigt ein Programm auch nach langem und intensivem Gebrauch keine Abnutzungserscheinungen. Lediglich die technische Entwicklung schreitet voran, die Software dagegen ist digital und daher auch in vielen Jahren noch genau so einsetzbar, wie am ersten Tag. Im Vergleich zu neuen Softwarelizenzen ist Gebrauchtsoftware zu einem wesentlich günstigeren Preis zu haben und macht in einigen Bereichen den neuen Programmversionen Konkurrenz. Daher ist dieses Vertriebsmodell vielen Softwareherstellern ein Dorn im Auge und oft Gegenstand juristischer Streitigkeiten.
Erschöpfungsgrundsatz
Dem Softwarehersteller steht nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) das Verbreitungsrecht gem. § 69c Nr. 3 S. 1 UrhG zu. Er darf daher bestimmen, ob und wie ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms an die Öffentlichkeit gelangt. Daraus folgt jedoch kein Recht, den gesamten Vertriebsweg eines Programms zu kontrollieren und den Weiterverkauf zu unterbinden. Denn ist ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms einmal rechtmäßig in den Verkehr gelangt, greift der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz, § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG.
Dieser besagt, dass ein Werkstück frei weiterveräußert werden darf, da den wirtschaftlichen Interessen des Herstellers bereits dadurch genügt ist, dass dieser beim Erstverkauf die Möglichkeit hatte, ein Entgelt zu verlangen. Der Käufer der "Second-Hand-Software" darf dann auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Herstellers das Programm installieren und gebrauchen, da ihm das Urheberrechtsgesetz ein Nutzungsrecht von Gesetzes wegen einräumt, § 69d Abs. 1 UrhG. Der Verkäufer des Programms darf dieses dann natürlich nicht mehr benutzen und muss es von seinem Computer entfernen.
Aktivierungszwang
Seit mehreren Jahren verlangen einige Softwarehersteller, dass nach jeder Programminstallation eine Online-Aktivierung durchgeführt werden muss. Versäumt der Nutzer dies, kann er das Programm nach wenigen Tagen nicht mehr starten. Die Hersteller argumentieren, dass solche "Zwangsaktivierungen" nötig seien, um Raubkopierern das Handwerk zu legen. Allerdings ist ebenso gut vorstellbar, dass solche Aktivierungspflichten auch dazu benutzt werden, um den Weiterverkauf von Software technisch zu verhindern oder ihn unattraktiver zu machen. Weigert sich ein Hersteller jedoch tatsächlich einmal, das Programm gegenüber einem rechtmäßigen Zweiterwerber zu aktivieren, würde dies gegen den Erschöpfungsgrundsatz verstoßen und wären eindeutig rechtswidrig.
Weiterverkauf von heruntergeladenen Programmen
Während der Weiterverkauf von Computerprogrammen auf Original-CD-ROMs oder DVDs aufgrund der Erschöpfungswirkung möglich ist, bereitet aktuell der Weiterverkauf von legal heruntergeladenen Programmen Probleme. Viele Unternehmen haben mittlerweile Online-Shops, in denen Computerprogramme gekauft und auch gleich heruntergeladen werden können. Einen Datenträger bekommt der Käufer dann meist nicht.
Da der Erschöpfungsgrundsatz aber nur greift, wenn ein "Vervielfältigungsstück" in Verkehr gebracht worden ist, argumentieren zahlreiche Softwarehersteller nun, dass der Weiterverkauf von heruntergeladener Software verboten sei, weil nur der Original-Datenträger Vervielfältigungsstück sei, ein solcher aber bei Download-Software nicht existiere. Dieser Sichtweise haben sich auch einige Gerichte angeschlossen (z.B. OLG München, Urt. v. 3.8.2006, Az. 6 U 1818/06; LG München, Urt. v. 15.3.2007, Az. 7 O 7061/06).
Es gibt aber auch gute Argumente, die für ein Weiterverkaufsrecht heruntergeladener Software sprechen. Teilweise wird argumentiert, dass es hinsichtlich der Erschöpfungswirkung allein darauf ankommen könne, ob der Erstkäufer eine Programmkopie legal erworben hat, unabhängig davon, ob dies eine vom Hersteller produzierte CD betrifft oder durch einen autorisierten Download erfolgt ist. Der Hersteller habe schon deshalb kein schützenswertes Interesse daran, Download-Programme von Weiterverkauf auszuschließen, weil die Gefahr von Raubkopien nicht größer sei, als bei auf Datenträgern vertriebenen Programmen. In diese Richtung ging auch die Argumentation des Landgerichts Hamburg (Urt. v. 29.6.2006, Az. 315 O 343/06), das den Weiterverkauf von heruntergeladenen Programmen für legal erachtet hat. (OE)
Thomas Feil ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Lehrbeauftragter an der FH Hannover, Tel.: 0511 473906-01, E-Mail: feil@recht-freundlich.de, Internet: www.recht-freundlich.de
Dipl.-Jur. Alexander Fiedler ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik der Uni Hannover, E-Mail: fiedler@iri.uni-hannover.de, Internet: www.iri.uni-hannover.de