Erwartungen der Wirtschaft

Fachwissen wichtig aber Softskills gehen vor

21.02.2008 von Gabi Nehls
Die Wirtschaft ächzt unter dem Fachkräftemangel in Deutschland. Dennoch stellen die Unternehmen hohe Anforderungen an Hochschulabsolventen.

Hochschulabsolventen, die sich allein auf ihren Abschluss verlassen, um einen guten Job zu bekommen, könnten sich trotz Fachkräftemangel verrechnet haben. Denn die Unternehmen haben genaue Vorstellungen von den Fähigkeiten, die ihr akademischer Nachwuchs haben sollte. Für Unternehmen sind vor allem die so genannten Soft-Skills von Bedeutung. Teamfähigkeit ist dabei die wichtigste Kompetenz die Arbeitgeber von Hochschulabsolventen erwarten. Gleich danach folgen selbstständiges Arbeiten, Engagement und Kommunikationsfähigkeit. "Konkret bedeutet dies: Wenn sich zwei fachlich gleich gute Absolventen in einem Unternehmen bewerben, bekommt der den Zuschlag, der mehr Soft Skills besitzt. Persönlichkeit ist also das Salz in der Suppe", erklärt Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).

Wirtschaft vermisst Praxisbezug an Hochschulen

Fachwissen, wie es im Studium vermittelt wird, rangiert dabei erst an fünfter Stelle der Wunschliste. Soweit es sich dabei allerdings um reines theoretisches Wissen handelt, nutzt dies den Absolventen gar nichts, denn die Wirtschaft erwartet die Fähigkeit, Fachwissen praxisorientiert einzusetzen. Dies bedeutet, dass absolvierte Praktika ein zentrales Kriterium erfolgreicher Bewerbungen sind. "Arbeitsprozesse in Betrieben finden überwiegend im Team statt. Denn Innovationen und neue Ideen kommen dadurch zustande, dass Fachleute unterschiedlicher Disziplinen zusammenarbeiten. Deswegen brauchen wir junge Leute, die damit von Anfang an zurechtkommen", so Braun.

Die Unternehmen wissen, dass der Praxisbezug an den Hochschulen bislang nur unzureichend vermittelt wird. Diese Praxisferne ist laut DIHK auch der Hauptgrund dafür, wenn sich Unternehmen nach der Probezeit wieder von neu eingestellten Hochschulabsolventen trennen. Deshalb sind auch Bewerber, die von Berufsakademien oder Fachhochschulen kommen, bei Unternehmen beliebt. Noch beliebter sind Absolventen dualer Studiengänge, die eine Kombination aus wissenschaftlicher Ausbildung mit der praktischen Arbeit in Unternehmen kombinieren. Interessanterweise legt die Wirtschaft nur wenig Wert auf Führungskompetenzen bei Hochschulabsolventen und dies obwohl die meisten für leitende Positionen vorgesehen sind. Insgesamt wird erwartet, dass ein frisch gebackener Bachelor oder Master bereits beim Berufseinstieg mindestens acht der gefragten Kompetenzen mitbringt.

Ein Drittel der Stellen seit zwei Jahren unbesetzt

Diese hohen Erwartungen wirken sich auf die Erfolgsquote aus, die bei der Besetzung von ausgeschriebenen Stellen erreicht wird. Nur etwas mehr als ein Drittel konnten die Unternehmen im Laufe der vergangenen zwei Jahre besetzen. Die größten Probleme, geeignete Kandidaten zu finden, hatten Unternehmen aus der IT- und der Medienbranche. Als Gründe für die Nichtbesetzung gaben die Verantwortlichen unzureichende fachliche Qualifikationen der Bewerber an. An zweiter und dritter Stelle standen überzogene Gehaltsvorstellungen und die fehlende praktische Erfahrung.

Rund 38 Prozent der Unternehmen haben sich bereits nach der Probezeit wieder von ihrem akademischen Neuzugang getrennt. Gründe hierfür waren neben der Unfähigkeit das Wissen in der Praxis umzusetzen, bei vielen Absolventen schlichtweg Selbstüberschätzung oder fehlendes Sozialverhalten. Die Ergebnisse stammen aus einer bundesweiten Umfrage, die der DIHK im Oktober 2007 bei 2.135 Unternehmen aller Branchen und Größen vorgenommen hat. Weitere Informationen und ein Download der kompletten Studie unter: www.dihk.de (gn)