Seit gefühlten 20 Jahren "steht der Videokonferenz-Markt vor dem Durchbruch", 2012 scheint es aber nun wirklich zu klappen, der Erfolg von Skype & Co. sowie die breitbandige Anbindung vieler Unternehmens- und Privat-Kunden machen es möglich. Das glaubt auch der AV-Spezialdistributor Vitec und beruft sich dabei auf die jüngsten Schätzungen des Marktforschers IDC, wonach sich ich der weltweite Umsatz mit Videokonferenzsystemen bei Unternehmenskunden 2011 auf 2,7 Milliarden Dollar belief. Das wären damit laut IDC 20,5 Prozent mehr als 2010, und dieses Wachstum soll auch noch 2012 und in den kommenden Jahren anhalten.
Als wichtigsten Grund für dieses Wachstum benennt IDC die Schubkraft durch UCC (Unified Communication und Collaboration), hier steigt die entsprechende Installationsbasis stetig an. Hinzu kommt die zunehmende Video-Nutzung auch in kleineren Arbeitsgruppen, am Desktop und auf mobilen Systemen (Notebooks, Tablet-PCs und Smartphones).
Für den Fachhandel ist das nach Einschätzung des AV-Spezialdistributors Vitec eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, dass sich mit der Videokonferenz künftig ordentlich Geschäft machen lässt. Die schlechte Nachricht ist, dass nur der ordentliches Geschäft macht, der sich dabei richtig anstellt. "Der Handel tut gut daran, sich vertrieblich nach oben, in die Chefetagen, zu orientieren. Er tut ebenfalls gut daran, sich rasch in Richtung IT zu bewegen", glaubt Vitec-Chef Wilhelm Mettner.
Laut IDC ließen sich 2011 einige Branchen ausmachen, in denen die Nachfrage nach Videokonferenz-Systemen besonders spürbar war. Genannt werden Gesundheitswesen, Hochschulen und Behörden, Banken und Versicherungen, industrielle Fertigung und der Einzelhandel.
Das Wachstum bei Video-Infrastruktur-Equipment (plus 22,5 Prozent) war gegenüber 2010 noch größer als das bei Videokonferenz-Systemen, immerhin war dieses Marktsegment 2011 für einen weltweiten Umsatz von 716 Millionen Dollar verantwortlich.
Das lässt sich laut Vitec dadurch erklären, dass die Videokonferenz immer weniger Insellösung ist und dafür immer mehr in unternehmensweite Gruppenarbeit- und Vernetzungskonzepte einbezogen wird.
Videokonferenz in der Cloud
Ein anderes Trend-Thema 2011, Cloud-Computing, hat auch das Marktsegment Videokonferenz erfasst. Hier ziehen dieselben Argumente, wie in anderen Bereichen (Server, Security, Software, Storage und Telekommunikation): In der Cloud muss der Kunde nicht erst großartig investieren, er zahlt nur für das, was er nutzt, und er kann bei Bedarf jederzeit rasch und flexibel aufstocken.
Auf diese Entwicklung auch der TK-Markt bereits reagiert, so Vitec, seit Kurzem mehren sich die Ankündigungen und Angebote, wie BT Conferencing, die Ericsson-Polycom-Allianz, Connexus oder zum Beispiel der "Video-Meet-Service" der Deutschen Telekom. "Cloud-basierte Videokonferenz-Systeme, hätten natürlich das Potenzial, herkömmliche Geschäftsfelder der visuellen Telekommunikation zu kannibalisieren, meint Vitec-Chef Mettner.
Seiner Erfahrung nach revolutioniere Cloud Computing derzeit die Geschäftswelt, es schaffe neue Anwendungen und Einsatzfelder für Videokonferenz, UC und Collaboration, schmälere unter Umständen aber auch das Geschäft in traditionellen Segmenten.
"Der Handel müsse sich künftig beim Videokonferenzvertrieb stärker auf die Firmenchefs fokussieren, weil die Abteilungsebene als Absatzplattform für Videokonferenzen künftig möglicherweise kannibalisiert werde und wegfalle. Die Chefs wollen auch weiter ihre Live-Meetings haben und nicht vor einem PC sitzen, wenn sie mit ihren Vorstandskollegen konferieren", so Mettner weiter. Deshalb rät er dem Fachhandel, den Vertriebshebel oben anzusetzen und die Geschäftsleitungs- und Vorstandsebenen von Unternehmen ins Visier zu nehmen.
Partnerschaften mit IT-Spezialisten
Zudem empfiehlt Mettner TK-Resellern, sich in Richtung IT zu orientieren, IT-Wissen aufzubauen oder es sich über loyale Partner zu verschaffen. Im Zuge der Konvergenz von Telekommunikation und IT sei absehbar, dass IT-Firmen künftig den Markt für audiovisuelle Kommunikation (AV) immer stärker dominieren werden. "Die AV-Händler, die heute weder IT-Kompetenz noch Partner dafür haben und nichts daran ändern, sind in drei Jahren geschäftlich tot", so bringt es der Vitec-Chef Mettner auf den Punkt.
Hier sieht er künftig Vorteile für sich und andere Anbieter, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken und dem Fachhandel das unterschiedliche Know-how aus Bereichen wie AV, IT, TK, Security und Consulting anbietet, das er braucht. "Tolle Shop-Systeme, Broadline-Angebote und die Logistik eines Distributors reichen da künftig allein nicht mehr aus." (rw)