"Vielleicht haben wir uns zu sehr in Sicherheit gewiegt", mit diesem Eingeständnis versuchte Expert-Einzelhandels-Vorstand Christoph Komor zu begründen, warum die Verbundgruppe in der ersten Jahreshälfte mit einem um 1,3 Prozent rückläufigen Außenumsatz schlechter als der direkte Wettbewerb agierte. Komor spielte damit auf eine Verkaufsaktion an, die Expert in diesem Jahr ausgelassen und damit entsprechend Umsatz verloren habe. Doch die Einschätzung, die das Vorstandsmitglied bei der Pressekonferenz am Rande der Expert Hauptversammlung 2024 äußerte, könnte auch für die Gesamtsituation stehen, in der sich die Verbundgruppe derzeit befindet. Nachdem Expert im zurückliegenden Geschäftsjahr unerwartet kein positives Konzernergebnis erzielte, hat sich die Verbundgruppe ein strenges Restrukturierungsprogramm verordnet. Nicht nur in der Zentrale und bei der bislang dezentralen Verwaltung der Expert-eigenen Fachmärkte wird gespart - auch die Expert-Gesellschafter erhielten in diesem Jahr erstmalig keine Dividende.
"In der Hauptversammlung wurde diese Maßnahme von unseren Gesellschaftern angenommen", berichtete Expert-Vorstandssprecher Stefan Müller und zeigte sich erleichtert, dass der Sparkurs von den Mitgliedern der Verbundgruppe mitgetragen wird. Die in den letzten Jahren erfolgsverwöhnte CE-Kooperation muss sich derzeit mit einigen Neuerungen arrangieren. Während das Netz der von der Expert-Zentrale geführten Regiebetriebe in den letzten Jahren stetig gewachsen ist, schlossen nun im September 2024 die Fachmärkte in Detmold und Calw. Wie Einzelhandels-Vorstand Komor erklärte, habe es dafür zwar jeweils externe Gründe gegebene, doch machte er auch klar: "Für die Neueröffnung von Regiebetrieben aus eigener Kraft haben wir aktuell und auch 2025 kein Geld."
Expert will sich behaupten - bald auch auf eBay
Während die Verbundgruppen-Wettbewerber EP und Euronics beim Umsatz in den letzten Jahren zurückgefallen sind, gefiel sich Expert in der Rolle des wachstumsstarken Akteurs, der sein Marktgewicht auch gegenüber der Industrie in die Waagschale werfen konnte, um sich attraktive Einkaufskonditionen zu sichern. Nun stottert der Wachstumsmotor der Verbundgruppe. Zwar konnte man sich im Umfeld der Fußball-EM und dank der beliebten Werbeaktion mit Rudi Völler um drei Prozent steigern, doch für das Gesamtjahr erwartet die Expert-Führung ein stagnierendes Geschäft. Gleichzeitig drängen neue Wettbewerber auf den Markt. Expert-Vorstandssprecher Müller nannte hier explizit den Schweizer Online-Primus Galaxus, der seine mit hohen Kosten behaftete Deutschlandexpansion gerade bis 2029 gesichert hat, sowie den niederländischen Omnichannel-Händler Coolblue, der angekündigt hat, in Deutschland 36 Stores eröffnen zu wollen. "Wenn solche Unternehmen mit Vehemenz in den deutschen Markt drängen, sind alle davon betroffen. Es wird in das Preisniveau investiert und somit die Gewinnspanne vermindert - davon kann man sich nicht freimachen", erklärte Müller.
Expert steht unter Druck, sich zu behaupten und vielleicht ist auch das ein Grund, warum die Verbundgruppe im Sommer angekündigt hat, auch auf Online-Marktplätzen zu verkaufen. Zwar wählte man zum Einstieg nur die eher kleine Online-Plattform von Kaufland, doch innerhalb von Expert gab es an dieser Strategie dennoch bereits Kritik. Selbst im Marktplatzgeschäft aktive Expert-Mitglieder wie der Onlinehändler Deltatecc befürchten, dass es der Verbundgruppe an der für das Plattform-Business nötigen Erfahrung fehle und dass es durch die Marktplatzangebote der Zentrale zu Konkurrenz innerhalb der Verbundgruppe komme. Auch auf der Expert-Hauptversammlung hat der Vorstand der Verbundgruppe seine Marktplatzstrategie verteidigt und angekündigt, dass möglichst bald mit eBay die zweite, wesentlich größere Plattform angeschlossen werden soll. "Bis zur Hauptversammlung haben wir das leider nicht geschafft, wir hoffen, dass wir aber noch diese Jahr auf eBay starten", erklärte Stefan Müller. Was die Kritik aus den eigenen Reihe betrifft, gab sich der Expert-Vorstandschef gelassen: "Ähnliche Kritik gab es auch als wir unseren zentralen Onlineshop gestartet haben. Doch dann haben wir allen gezeigt, dass wir das gut machen können. Auch bei den Marktplätzen gilt, dass wir unseren eigenen Mitgliedern keinen Wettbewerb machen wollen und jedes Geschäft weiterhin seine Preisstruktur festlegt." Die ersten Monate auf dem Kaufland-Marktplatz hätten bereits gute Erfahrungen geliefert: "Wir erzielen auf dem Marktplatz ein höheres Preisniveau als im Onlineshop. Auch deshalb denken wir, dass Marktplätze eine gute Erweiterung für unsere Aktivitäten sind."
Neue Ideen im Messebereich
Wie üblich war die Expert-Hauptversammlung sowohl von der traditionellen Abendveranstaltung mit Ehrung von verdienten Mitgliedern und Industriepartnern begleitet, wie auch von einer Handelsmesse in der Göttinger Lokhalle. Hier präsentierte Expert in diesem Jahr einige Neuigkeiten, die vor allem das Angebot in den stationären Märkten bereichern sollen. So bietet Expert nun auch einige Küchenmodelle an, die von den Händlern nicht nur zur Präsentation von Geräten genutzt werden können, sondern im Erfolgsfall auch Expert den Einstieg in das Küchensegment ermöglichen sollen. Außerdem widmete die Verbundgruppe einen Teil der Ausstellungsfläche dem Aufbau eines Muster-Fachmarkts, um so zu demonstrieren, welche neuen Impulse die Zentrale für den Point of Sale entwickelt hat. "Das Konzept ist bei Gesellschaftern und Industrie auf gute Resonanz gestoßen und so werden wir es wohl künftig weiter ausbauen - auch um den Ausstellern so kurz nach der IFA eine weniger aufwändige Beteiligung zu ermöglichen", erklärte Expert-Vorstandschef Müller.