Die Folie mit der Standortentwicklung der "Technical Superstores" ist ein echter Klassiker bei jeder Medienveranstaltung von Expert. Kein Wunder, denn für die Verbundgruppe gibt es beim Vergleich mit den stationären Wettbewerbern seit Jahren nur eine Bewegungsrichtung: nach oben. Bei der Expert Frühjahrstagung am Rande der Kooperationsmesse KOOP in Berlin zeigte sich, dass die Verbundgruppe in den vergangenen zwölf Monaten ganze 14 Fachmärkte hinzugewinnen konnte.
Im gleichen Zeitraum zog sich MediaMarktSaturn von sechs deutschen Standorten zurück, gab Euronics acht Fachmärkte ab (darunter alle sechs Alphatecc-Filialen an Expert) und ging die Zahl der zu EP gehörenden Medimax-Märkte um zwölf zurück (auch hier gingen acht Standorte an Expert). In Summe steht Expert damit bei 295 Flächenmärkten und ist damit zur führenden Retail-Marke geworden. Zum Vergleich: MediaMarkt betreibt in Deutschland 269 Filialen, Saturn 131 Märkte, zu Euronics gehören 106 Fachmärkte und zu EP/Medimax 73 Standorte. Dabei ist Expert mit seinem Expansionsdrang noch lange nicht am Ende: Für 2023/24 sind bereits zwei weitere neue Fachmärkte vorgesehen.
"Wir gehen in die Richtung von 300 Fachmärkten", erklärte der Expert-Vorstandvorsitzende Stefan Müller bei dem Pressegespräch stolz. Anders als bei den Verbundgruppen-Wettbewerbern wird diese Entwicklung auch von der Expert-Zentrale kräftig vorangetrieben. 71 Standorte werden inzwischen von Expert als sogenannte Regiebetriebe geführt und stehen damit mittlerweile für rund 30 Prozent des Einkaufsvolumens der Verbundgruppe. "Alle Regiebetriebe sind profitabel", stellte Frank Harder, Vorstand für Vertrieb, Marketing und E-Commerce, klar. Hätte die Verbundgruppe die Regiebetriebe nicht übernommen, wären diese Standorte verlorengegangen.
Dass die Verbundgruppe nun auch selbst ein Standbein im operativen Endkundengeschäft hat, sieht Harder positiv: "Damit sind wir näher am Einzelhandel dran und machen wichtige Erfahrungen für die Weiterentwicklung unseres Geschäfts." Trotzdem seien die Regiebetriebe immer nur die zweitbeste Lösung und strebe die Verbundgruppe an, Standorte an Gesellschafter zu übergeben. "Ein guter Gesellschafter kann einen Standort immer ein bisschen besser führen als wir das in der Zentrale können", so Harder.
Konsumzurückhaltung trifft auch Expert
Das gewachsene Gewicht von Expert im Retail schlug sich nicht automatisch in der Umsatzentwicklung nieder - zu stark ist die Auswirkung von Kostensteigerungen und Inflation auf das Konsumentenverhalten. In den bisherigen neun Monaten des Geschäftsjahres 2022/23 (Beginn: 1.4.) ging der Gesamtumsatz von Expert um rund zwei Prozent zurück. Im Handelsgeschäft ist der negative Trend mit einem Minus von vier Prozent noch etwas deutlicher ausgeprägt.
Trost fand die Führung der Verbundgruppe in der Tatsache, dass die Umsatzeinbußen bei den stationären Wettbewerbern zum Teil noch wesentlich stärker ausgefallen sind. Vor allem in den Bereichen Unterhaltungselektronik und Telekommunikation habe Expert deutlich stärker agiert als der gesamte Retail-Markt und auch als die direkte stationäre Peer Group, erklärte Frank Harder.
Dennoch steht auch Expert vor der Frage, wie es mit der Kauffreude der Konsumenten weitergeht und welche Geschäftsentwicklung deshalb im weiteren Verlauf des Jahres zu erwarten ist. "Dass die Konsumenten durch die politischen und wirtschaftlichen Randbedingungen nicht so in Kauflaune sind, ist nicht so, wie wir es uns wünschen", sagte dazu Expert-Chef Stefan Müller.
Es gebe Anhaltspunkte, dass der Konsum sich wieder auf vernünftiges Niveau zurückbewege. "Doch das wird sich nicht kurzfristig lösen", so Müller. "Mit Blick auf die vergangenen drei Jahre wären wir schon froh, wenn 2023 nichts Zusätzliches passiert, was die Bedingungen für den Handel weiter erschwert." Wichtig ist Expert allerdings, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Es sei jetzt keine Blütezeit für Pessimismus, stellte Vorstand Frank Harder fest. "Besser angebracht ist ein vorsichtig gesunder Optimismus."
Rückschritte im Online-Geschäft
Bei der Präsentation der Zahlen für den bisherigen Verlauf des aktuellen Expert-Geschäftsjahres stach neben dem Gesamtumsatz ein weiterer Wert heraus: Die Verbundgruppe kam im Kalenderjahr 2022 auf einen Online-Umsatz von 158 Millionen Euro. Das ist höher als das Vor-Corona-Niveau, aber auch deutlich weniger als der Peak zu Lockdown-Zeiten, als Expert auf Online-Umsätze von deutlich über 200 Millionen Euro kam. Anders als ein MediaMarktSaturn, aber auch als der Verbundgruppen-Wettbewerber Euronics, setzt Expert keine Priorität darauf, das während der Pandemie hinzugewonnene Online-Volumen aufrechtzuerhalten. Das sei bewusst so, erklärte Stefan Müller.
Denn bei den gegenwärtigen Online-Umsätzen handele es sich im Unterschied zur Corona-Zeit ausschließlich um wertige Umsätze. Damit hat der Expert-Chef aus einer kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise sicher recht. Ausgeblendet wird dabei allerdings die Frage, inwiefern die Übernahme von Standorten, an denen Wettbewerber bereits gescheitert sind, als alleinige Wachstumsstrategie taugt. Aber die Aufgabe, die Mitglieder der Verbundgruppe im E-Commerce-Geschäft voranzutreiben, steht auf der Expert-Prioritätenliste sichtlich nicht besonders weit oben.
Stattdessen setzt die Verbundgruppe - durchaus zu Recht - auf klassische Schwerpunkte: Über Best-Practice-Beispiele sollen Gesellschafter ihre Erfolgsrezepte teilen, die Mitarbeiter-Qualifizierung wird weitergetrieben und mit dem "Expert Performance Cup" hat die Kooperation sogar ein Format, mit dem der Wettbewerb unter den Gesellschafter angeheizt werden soll.
Über die Messung von Kennzahlen, die für die Customer Journey der Kunden besonders relevant sind - wie Bearbeitungszeit von Online-Reservierungen, Cross-Selling und Kundendatenerfassung - können sich Expert-Händler freiwillig mit ihren Kollegen vergleichen. Den am besten performenden Betrieben winken Incentives für die Teams. Aktuell nehmen an dem Format bereits mehr als 200 Expert-Partner teil - wieder einmal ein toller Erfolg für die Verbundgruppe in ihrer Retail-Kerndomäne.
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