In einem Blog-Beitrag schrieb Greene, Thomas Kurian (51) werde nach 22 Jahren bei Oracle - zuletzt war er als President für die Produktentwicklung verantwortlich - am 26. November 2018 bei Google einsteigen. Greene wolle ihn einarbeiten, so dass er Anfang nächsten Jahres neuer CEO von Googles Cloud-Division werden könne. Die Gespräche mit Kurian habe sie gemeinsam mit Google-Chef Sundar Pichai und dem für technische Infrastruktur verantwortlichen Senior Vice President Urs Hölzle geführt.
Greene blickt als eine der Gründerinnen von VMware bereits auf eine lange Geschichte in der IT-Branche zurück. Im Google-Verwaltungsrat sitzt sie seit 2012, drei Jahre später erhielt sie die Verantwortung für Googles Cloud-Business. "Als ich im Dezember 2015 das Cloud-Geschäft von Google übernahm und Vollzeit ins Unternehmen eintrat, hatte ich meiner Familie und meinen Freunden versprochen, diesen Job für zwei Jahre zu machen. Jetzt, nach unglaublich stimulierenden und produktiven drei Jahren, ist es an der Zeit, dass ich mich um meine eigentliche Passion kümmere: Ausbildung und Mentoring."
Google ist nur die Nummer vier im Cloud-Geschäft
Tatsache ist allerdings auch, dass Greene spektakuläre Cloud-Deals für Google einfädelte - unter anderem mit Spotify und Snap. Letztendlich konnte sie aber den Abstand zu den Marktführern Amazon Web Services und Microsoft kaum verringern. Laut Synergy Research Group beherrscht Amazon den Cloud-Infrastruktur-Markt (IaaS, PaaS, Hosted Private Cloud) zu 34 Prozent. Microsoft als Nummer zwei (15 Prozent) gelang es zuletzt, den Abstand zu AWS ein wenig zu verkürzen. IBM, Google und Alibaba folgen mit jeweils einstelligen Prozentanteilen auf den Plätzen.
Wie der Nachrichtendienst "CNBC" berichtet, soll das Alphabet-Management anlässlich der Präsentation der letzten Quartalszahlen eher wortkarg auf die Cloud-Fortschritte eingegangen sein. CEO Pichai sagte, er sehe "starke Indikatoren" dafür, dass sich die großen Investitionen auszahlen würden. Der Konzern werde nun nach und nach größere Deals abschließen. Tatsächlich gab es aber keine Zahlen und Fakten zum bisherigen Geschäftsverlauf, was einige Analysten als "wenig ermutigendes Zeichen" interpretierten.
Fokus auf künstliche Intelligenz
Unter der Führung von Greene wurde die Google Cloud Platform stark auf innovative Technologien rund um Artificial Intelligence (AI) und Machine Learning ausgerichtet. Etliche Kunden goutieren zwar diesen Fokus auf technisch fortgeschrittene Lösungen, aber das große Geld wurde im Markt zuletzt eher mit Basisaufgaben wie der Lift-and-Shift-Verlagerung von Kerninfrastrukturen in die Public Cloud gemacht - und davon haben vor allem AWS und Microsoft mit der Azure-Cloud profitiert.
Mit der Benennung des langjährigen Oracle-Managers Thomas Kurian geht Google durchaus ein Risiko ein. Google ist eine ingenieursgetriebene Company mit einem langjährigen Fokus auf dem Consumer-Geschäft. Oracle indes war immer auf Business-Kunden konzentriert, der Softwareriese hatte nicht nur einen starken Fokus auf Entwicklung, sondern vor allem auch auf Marketing und Sales. Eine besser geölte Verkaufsmaschine als Oracle ist im ITK-Markt kaum zu finden.
Für Kurian gilt es also, das Enterprise-Business von Google neu aufzustellen, professionellere Vertriebsstrukturen zu schaffen und dabei die Cloud-Geschäfte breiter aufzustellen. Will der Manager aber Oracle-Methoden bei Google einführen, muss er mit Bedacht vorgehen: Google-Mitarbeiter sind bekannt dafür, einen eigenen Kopf zu haben.
Google-Ingenieure akzeptieren keine Militäraufträge
Als Greene das US-Militär mit AI-Tools für die Analyse von Drohnen-Bildern beliefern wollte, gab es einen Aufstand unter den Google-Ingenieuren. Die Managerin musste einen Rückzieher machen, die Google-Mitarbeiter formulierten einen Ethikkatalog, der es dem Konzern nun verbietet, künstliche Intelligenz für militärische Zwecke oder die Waffenproduktion bereitzustellen. Google hat sich auch von der Ausschreibung für einen zehn Milliarden Dollar schweren militärischen Cloud-Computing-Vertrag zurückgezogen und als Grund dafür das angebliche Fehlen von Zertifizierungen für den Umgang mit sensiblen Daten vorgeschoben.
Aus Kurians Auszeit bei Oracle wurde ein Abschied
Kurian hatte am 5. September 2018 überraschend eine "Auszeit" bei Oracle angekündigt, nachdem er sich einem Bericht von "Bloomberg" zufolge mit Konzerngründer Larry Ellison (74) über den Kurs der Software-Company gestritten haben soll. Es ging dabei offenbar darum, wie weit sich Oracle öffnen und seine Software auch auf den Cloud-Infrastrukturen von Wettbewerbern wie AWS und Microsoft bereitstellen solle. Kurian, der das Infrastruktur-Business und damit auch die IaaS-Angebote verantwortete, sah im proprietären Kurs von Ellison keine Zukunft mehr. (siehe auch: Oracle stellt neue Cloud-Generation vor)
Wie wichtig Kurian für Oracle war, ist auch daran zu erkennen, dass er direkt an Gründer und Chief Technology Officer (CTO) Ellison berichten durfte, während die CEOs Mark Hurd und Safra Catz an den von Ellison beaufsichtigten Verwaltungsrat berichteten. Die Infrastruktur-Einheit von Oracle wird Insiderberichten zufolge nun wieder direkt von Ellison geführt - was eine Abkehr vom proprietären Kurs unwahrscheinlich macht.