Der Reigen der Jahresanfangsveranstaltungen der Elektronik-Verbundgruppen begann 2019 auffallend verhalten: Expert meldete nach einem missglückten Führungswechsel ein Umsatzminus von 1,4 Prozent und bei Electronic Partner (EP) sanken die Umsätze nach der geplatzten Fusion von Medimax und Notebooksbilliger.de sogar um 2,1 Prozent. Umso spannender war im Vorfeld des traditionellen Euronics Kongress in der Messe Leipzig, wie sich die dritte große CE-Verbundgruppe präsentieren würde.
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Vorstandssprecher Benedict Kober stellte sichtlich zufrieden ein Jahresergebnis vor, das zwar nicht glanzvoll ausfiel, sich aber immerhin durch das Fehlen von Turbulenzen und Negativzahlen von EP und Expert absetzte. Mit einem Zentralumsatz von 1,47 Milliarden Euro und einem Außenumsatz von 3,4 Milliarden Euro konnte Euronics im Geschäftsjahr 2017/18 exakt die Zahlen von 2016/2017 bestätigen.
Die Zahl der Euronics-Mitglieder bzw. -Standorte sank im Geschäftsjahr 2017/2018 weiter von 1.361 auf 1.316 bzw. von 1.498 auf 1.466, so dass unter dem Strich auf der vergleichbaren Fläche ein leichtes Wachstum erzielt worden sein dürfte. Dass dieses Ergebnis von der Euronics-Führung derart selbstbewusst präsentiert wurde, liegt aber im erster Linie am schlechten Branchenumfeld. In einem guten Jahr hätte Euronics sich nicht mit einer stagnierenden Entwicklung brüsten können. Und wenn man den Blick auf Wachstumsfelder im Elektronikhandel wie den Telekommunikations- oder E-Commerce-Bereich richtet, wirkt die Selbstzufriedenheit von Euronics schon heute ziemlich deplatziert.
Paradebeispiel Online-Strategie
Am besten zeigt sich das im Online-Bereich: Euronics verfolgt seit 2015 sein Cross-Channel-Retail-Konzept (CCR), das mit einem internen Online-Marktplatz die dezentralen Händlersortimente zum zentralen Shop-Angebot von euronics.de vereint. Die große Komplexität der E-Commerce-Lösung hat Euronics inzwischen gut gemeistert, die Verbundgruppe setzt ihre Online-Strategie - anders als zuletzt EP und Expert - kontinuierlich um und fürchtet sich auch nicht davor, sich mit ihren Online-Angeboten dem Wettbewerb auf Preisvergleichsseiten zu stellen. Doch Euronics fährt im E-Commerce bewusst mit angezogener Handbremse.
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Im gleichen Atemzug, in dem Vorstandssprecher Kober beim Euronics Kongress eine Steigerung der Online-Umsätze im Geschäftsjahr 2017/2018 um 75 Prozent bekanntgibt, versichert er, dass die "stationäre Zuführung immer wichtiger als der Online-Umsatz" bleibe. Das reicht, um im Verbundgruppen-Kontext eine Vorreiterrolle einzunehmen, taugt im Online-Vergleich jedoch nur für "unter ferner liefen".
Die Teilnahme am Cross-Channel-Konzept von Euronics ist freiwillig und 2018 wurde die Zahl der angeschlossenen Händler um 25 auf rund 300 gesteigert. Das ist aber weniger als ein Viertel der Verbundgruppenmitglieder. Wenn Euronics-Chef Kober in Leipzig nun davon sprach, dass der Online-Umsatz von Euronics sich inzwischen an den Branchendurchschnitt (ohne Pure Player) von zehn Prozent annähere, dürfte das nur zutreffen, wenn man auch im Online-Handel tätige Mitglieder der Verbundgruppe wie den Elektronikversender Comtech dazuzählt.
Intern ist Euronics mit seiner E-Commerce-Entwicklung dennoch so zufrieden, dass der für die Konzeption der Strategie verantwortliche Marketing-Chef Jochen Mauch seit letztem Herbst als Chief Digital Officer (CDO) in den Vorstand aufgerückt ist. Am Rande des Euronics Kongresses kündigte Mauch nun an, nach dem E-Commerce-Konzept CCR ein eine neue CRM-Plattform für die Verbundgruppe aufzubauen. "Wir wollen damit genauso erfolgreich sein wie mit unserem CCR und beim Einsatz von CRM zu Marketingzwecken eine Vorreiterrolle unter den Verbundgruppen einnehmen", erklärte Mauch.
Spitze gegen EP
Dass Euronics derzeit im Verbundgruppenumfeld einen guten Lauf hat, zeigt auch eine Reihe von Zugängen: So übernahm die Euronics-Zentrale 2016 die umsatzstarken Berlet-Fachmärkte im Westen Deutschlands, warb Mitte 2018 den bisherigen Expert-Manager Thomas Jacob an und Ende 2018 wechselte ein Medimax-Franchisenehmer im Rheinland mit seinen vier Elektromärkten zu der Verbundgruppe. Vorstandschef Kober sprach in diesem Zusammenhang vom "Wechsel der ersten Medimax-Filialen" zu Euronics. "Wir würden uns sehr freuen, wenn weitere Händler zu uns wechseln. Wir sind gesprächsbereit für jeden, der sich für eine Mitgliedschaft in Deutschlands bester Verbundgruppe interessiert", formulierte Kober diplomatisch seine Kampfansage an Expert und EP.
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Daneben standen beim Euronics Kongress 2019 viele Optimierungsthemen im Mittelpunkt. So soll das TK-Geschäft, das bei der Verbundgruppe 2017/18 um acht Prozent zulegte, weiter forciert werden. Smartphones seien schon jetzt die Frequenzbringer Nummer Eins in den Länden und taugten gut dazu, korrespondierende Produkt wie digitalen Content und Vertragsangebote mitzuverkaufen.
Daneben sollen Warenbereiche wie Premium-TV-Geräte, Audio und das vernetzte Zuhause bei den Euronics-Händlern zu den Schwerpunkten zählen. Gutes Potenzial verspricht sich die Verbundgruppe auch von einer neuen Partnerschaft mit Apple. Euronics sei europaweit der erste Partner im neuen Authorized-Retailer-Programm von Apple. "Das ist ein enormer Kompetenzgewinn", so Euronics-Chef Kober stolz.
Für wichtige Impulse 2019 soll schließlich die Kampagne zum 50-jährigen Jubiläum der Verbundgruppe sorgen. Die Sonderbeilage in der ersten Kalenderwoche habe Euronics an 11 Millionen Haushalte verteilt und dabei Zusatzumsätze von mehr als fünf Millionen Euro in den Länden sowie über zwei Millionen auf euronics.de erzielt. Mit sogenannten "Jubi-Sellern" - ausgewählten Produkten zum Jubiläumspreis von 50 Euro - will die Verbundgruppe den guten Auftakt nun über das gesamte Jahr 2019 am Laufen halten.