Man kennt es aus dem Fußball: Auf einmal erstrahlen Spieler in hellsten Glanz, die sich zuvor bei unbekannten Clubs in unbedeutenden Ligen durchgeschlagen haben, bei großen Clubs als Bankdrücker verkümmerten oder aufgrund des Umfelds nie ihre Stärken ausspielen konnten. Manchmal ist für das plötzliche Aufblühen ein Trainerwechsel verantwortlich, manchmal bietet sich durch die Schwäche der Konkurrenten eine Chance, zu zeigen was man kann.
Der "Trainerwechsel" scheidet bei Eset als Faktor aus. Deutschland-Chef Holger Suhl ist schon seit 2018 bei dem Unternehmen, Channel-Chef Peter Neumeier seit 2020 und der frühere Channel-Chef Maik Wetzel ist dem Unternehmen treu geblieben und kümmert sich um das strategische Business Development - und vertritt es in zahlreichen Gremien und bei zahlreichen Veranstaltungen.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Die "Verletzung eines Mitspielers" kommt da schon eher in Frage. Eset profitierte enorm von der durch die Warnung des BSI vor Kaspersky-Software entstandenen Verunsicherung bei Kunden und Partnern. Dass sowohl Suhl als auch Neumeier vor ihrer Zeit bei Eset bei Kaspersky waren, mag einige Türen geöffnet haben. Aber auch ein grundsätzlich ähnlicher Ansatz bei Produktentwicklung und Vertrieb, der sich von dem der großen US-Anbieter unterscheidet, mag geholfen haben.
Aber auch die Tatsache, dass andere Firmen (von Symantec über McAfee und den alten Eset-Erzrivalen AVG beziehungsweise Avast bis zu Norton und Bitdefender) eben zum richtigen Zeitpunkt nicht am richtigen Ort oder nicht in Topform waren und die sich bietende Gelegenheit nicht in vollem Umfang ergreifen konnten, half dem slowakischen Anbieter.
Wie im Fußball gilt aber auch bei IT-Security: Wenn man die Gelegenheit hat, sich zu zeigen, muss man die auch nutzen. Wenn dann nichts kommt, ist das kleine Zeitfenster vorbei und Chance vertan. Eset hat seine Chancen genutzt, seinen Umsatz gesteigert, sein Partnernetzwerk ausgebaut und auch mit bestehenden Partnern mehr Umsatz gemacht, indem die es geschafft haben, mehr der umfassenderen Produktpakete zu verkaufen als früher. Das lag nicht nur an den Kaspersky-Migrationen, aber auch an ihnen
Nicht auf den Lorbeeren ausruhen
So schön diese Erfolge auch sind: Bei Eset ist man sich sehr wohl bewusst, dass es sich dabei um Einmaleffekte gehandelt hat, die man zwar erfreut mitnehmen kann, auf denen man sich jedoch nicht ausruhen darf.
Maik Wetzel sieht etwa durch NIS2 die Möglichkeit, dass ähnlich wie bei der DSGVO, als die externen Datenschutzbeauftragten auf einmal gefragt waren, durch NIS2 ein Bedarf an externen Security-Beauftragten entsteht - dass Unternehmen also vermehrt erkennen, dass sie IT-Sicherheit nicht alleine bewältigen können und strukturierter angehen müssen.
Allerdings werden das gerade im Mittelstand auch die IT-Dienstleister selbst nicht immer leisten können. Ihnen empfiehlt Wetzel daher, schnell nach Partnerschaften und Allianzen Ausschau zu halten - entweder untereinander oder mi t Herstellern, die sie mit Services unterstützen können.
Hier wird Eset sein Angebot schon bald um Managed Detection and Response (MDR) erweitern - "damit Firmen mit EDR auch etwas anfangen können", wie Wetzel sagt. Trotz der zuletzt recht guten Erfolge im Enterprise-Bereich und dem dadurch bedingten Ausbau des Enterprise-Teams von Eset wird das MDR-Angebot ganz bewusst so gestaltet, dass es auch für kleinere Partner nutzbar ist, die den KMU-Markt bedienen.
Gute voran kommt Eset auch bei seinen Bemühungen um MSPs. Die basierten 2023 auf dem zuvor neu gestalteten Partnerprogramm und erwiesen sich als erfolgreich: Rund 300 neue MSP-Partner konnte der Hersteller 2023 unter Vertrag nehmen.
"Upselling statt Renewal" wird 2024 ein weitere Fokusthema für Eset sein. Entsprechende Bemühungen liefen schon 2023 gut an, das Potenzial ist aber immer noch enorm. Denn während Eset seine Produkte in den vergangenen Jahren kontinuierlich erweitert hat und immer wieder ein noch umfassenderes Produkt-Bundle oben draufgelegt hat, nutzen viele Kunden weiterhin Entry-Level-Produkte. Dass sie die dort nicht enthaltenen Elemente - etwa Verschlüsselung und MFA - über Drittanbieter abdecken, ist zwar möglich, aber nicht gewiss.
In beiden Fällen sieht Eset für seine Partner die Chance, mehr Umsatz zu machen und höherwertige Produkte zu platzieren. Zum einen sei das wegen des immer häufiger geforderten "Stand der Technik" gut zu verargumentieren, zum anderen auch wegen der bevorstehenden Deadline für NIS2 m 17. Oktober 2024. Und drittens gehe der Trend durchaus dahin, die Zahl der Security-Anbieter im Unternehmen zu reduzieren und sich auf breiter aufgestellte Hersteller zu konzentrieren.
Damit Eset da dazu gehört, wird im Laufe des Jahres 2024 an vielen Stellschrauben gedreht. Schwerpunktmäßig geht es dabei um Vulnerability & Patch-Management, Verschlüsselung und Firewall-Funktionen. Diese Aspekte sollen im Lauf des Jahres in zahlreichen Eset-Bundles und -Produkten eingeführt oder aufgerüstet werden. Dem Upsell-Gedanken trägt auch Rechnung, dass ab dem zweiten Quartal die Firewall in ersten Produkten erstmals bei Eset als lizenzbasierte Funktion erhältlich sein wird - sie kann also einfach zugeschaltet werden, wenn sich der Kunde dafür entscheidet.
Außerdem kündigte Alexander Opel, Product Technology & Education Manager bei Eset, auf der Partnerkonferenz für das zweite Halbjahr eine Cloud-Version von "Eset Secure Authentication2 an. Ebenfalls kommen wird dann mit dem "Eset Protect Hub" eine neue Plattform für das Lizenz- und Kundenmanagement. Sie ersetzt die bisherigen Tools "Eset Business Account" und "Eset MSP Administrator" und wird zentralen Zugriff auf alle Eset-Cloud-Lösungen bieten.
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