Bundesfinanzhof vollzieht Kehrtwende

Erstattungszinsen sind steuerpflichtig

15.12.2014 von Renate Oettinger
Vom Finanzamt gezahlte Erstattungszinsen sind ab sofort wieder bei jeder Einkommensteuererklärung als Einkünfte anzugeben. Arnd Lackner nennt Details.

Mit Urteil vom 15. Juni 2010, VIII R33/07 hatte der BFH noch entschieden, dass vom Finanzamt geleistete Zinsen auf Einkommensteuererstattungen nicht zu versteuern sind. Deshalb bestand die Notwendigkeit , bei noch offenen Veranlagungen oder Steuerbescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, unter Hinweis auf die Änderung der Rechtsprechung Einspruch einzulegen oder einen Änderungsantrag zu stellen bzw. bei zukünftigen Steuererklärungen Erstattungszinsen des Finanzamtes nicht mehr als Einkünfte anzugeben.

Zinsen, die das Finanzamt aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen), unterliegen der Einkommensteuer.
Foto: styleuneed - Fotolia.com

Mit einem am 12. Februar 2014 veröffentlichten Urteil vollzieht der Bundesfinanzhof hierzu vor dem Hintergrund des Jahresteuergesetzes 2010 jetzt wieder eine gänzliche Kehrtwende:

Steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen

Erstattungszinsen nach § 233a AO sind steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 verstößt - auch im Hinblick auf ihre rückwirkende Geltung - nicht gegen die Verfassung Erstattungszinsen sind keine außerordentlichen Einkünfte im Sinne von § 34 EStG (Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. November 2013 - VIII R 36/10; veröffentlicht am 12. Februar 2014).

In einer hierzu vom Bundesfinanzhof am 12. Februar 2014 veröffentlichten Pressemitteilung heißt es:

"Zinsen, die das Finanzamt aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen), unterliegen der Einkommensteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. November 2013 VIII R 36/10 entschieden. Die Besonderheit: Mit Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 hat der BFH dies noch anders gesehen. Daraufhin hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 eine Regelung in das Einkommensteuergesetz (EStG) aufgenommen, wonach Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte steuerbar sind. Der BFH hatte nunmehr erstmals zu der neuen Gesetzeslage zu entscheiden.

Neue Gesetzeslage bestätigt

Der BFH hat die neue Gesetzeslage bestätigt. Mit der ausdrücklichen Normierung der Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 hat der Gesetzgeber seinen Willen, die Erstattungszinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar ausgedrückt. Für eine Behandlung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar, bleibt damit kein Raum mehr. Den von den Klägern dagegen vorgebrachten systematischen und verfassungsrechtlichen Einwänden ist der BFH nicht gefolgt. Er hat auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung der neuen gesetzlichen Regelung erkannt, weil sich im Streitfall kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichtsteuerbarkeit der Zinsen bilden konnte."

Fazit

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Der Gesetzgeber hat durch das Jahressteuergesetz 2010 die für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung des Bundesfinanzhof über Bord geworfen und die neue Gesetzeslage rückwirkend bestätigt. Vom Finanzamt gezahlte Erstattungszinsen sind damit ab sofort wieder bei jeder Einkommensteuererklärung als Einkünfte anzugeben.

Weitere Infos: Arnd Lackner ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt: Arnd Lackner, c/o Wagner Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681-958282-0, 4, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de

Meldungen zum Thema "Steuern & Finanzen"
Löschung einer britischen Limited
Das Bundesfinanzministerium hat sich zu den steuerlichen Folgen der Löschung einer britischen Limited aus dem britischen Handelsregister geäußert.
Reisekostenreform – doppelte Haushaltsführung
Die Änderungen bei den Vorschriften zur doppelten Haushaltsführung fallen teilweise zugunsten und teilweise zulasten der Steuerzahler aus. Die Steuerexperten von WW + KN nennen Einzelheiten.<br>
Häusliches Arbeitszimmer – Einspruch einlegen
Der Bundesfinanzhof lässt den Großen Senat entscheiden, ob die Kosten für ein auch teilweise privat genutztes Arbeitszimmer anteilig steuerlich abziehbar sind.<br>
Schäden beim Abschleppen – wer haftet?
Der BGH hat seine Beurteilung der Frage geändert, ob eine Straßenverkehrsbehörde für Schäden beim Abschleppen eines Fahrzeugs aufkommen muss.<br>
BFH-Urteile zum häuslichen Arbeitszimmer
Der BFH musste in zwei Rechtsfällen über Pool- und Telearbeitsplätze entscheiden. Grundlegende Fragen zum Steuerabzug häuslicher Arbeitszimmer blieben dabei jedoch unbeantwortet. Werner Kurzlechner berichtet.<br>
Wann darf der Versicherungsnehmer kündigen?
Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit der Kündigung eines Krankheitskostenversicherungsvertrages für einen volljährigen Mitversicherten<br>
Berechnung einer Betriebsrente
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die unterschiedliche Behandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten zulässig sein.
Anfechtung von Lohnzahlungen
Die Insolvenzordnung gibt dem Insolvenzverwalter mit den Anfechtungstatbeständen in §§ 129 ff. InsO eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene, ungerechtfertigte Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen.
Bank darf Vertriebsvergütung behalten
Der Bundesgerichtshof hat über die Wirksamkeit einer klauselmäßigen Behaltensvereinbarung für Vertriebsvergütungen entschieden.
Solaranlage auf Privathaus – kein Kostenabzug
Ein Teilabzug privater Gebäudekosten durch eine auf dem Hausdach installierte Fotovoltaikanlage ist nicht möglich.
Die neuen Rentenregeln
Ab Juni 2014 sollen neue Rentenregeln das abschlagsfreie Altersruhegeld mit 63 ermöglichen. Hier das Wichtigste im Überblick. <br>
Angehörigenverträge und Fremdvergleich
Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Vertragsbedingungen sind in bestimmten Fällen großzügigere Maßstäbe anzulegen.<br>
Umsatzsteuer und Rechnungserstellung
Zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung in der Rechnung kann auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen werden, ohne dass diese Unterlagen der Rechnung beigefügt sein müssen.<br>
Wer zahlt das Privatgutachten?
Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Kosten eines Sachverständigen zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel einer Kaufsache erstattungsfähig.<br>
Sturmschäden – wer zahlt was?
Grundsätzlich werden durch Sturm verursache Schäden von den Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen abgedeckt. Die Arag-Experten nennen Einzelheiten.<br>
Wann haftet die Bank?
Der Bundesgerichtshof hat über Schadensersatzklagen wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit offenen Immobilienfonds entschieden. Im Mittelpunkt standen die Beratungsgespräche.
Kleine Ziffer, große Wirkung - Firmen müssen Umsätze neu berechnen
Die Idee klingt plausibel. Von 2017 an sollen die Umsätze nach dem Rechnungslegungsstandard IFRS 15 möglichst einheitlich ermittelt werden. Doch einige Branchen stellen die neuen Regeln vor eine große Herausforderung. Telekomfirmen rechnen mit Kosten in Milliardenhöhe.
Mehr Gestaltungsspielraum für Betriebsfeiern
Die aktuelle Rechtsprechung erweitert die Möglichkeiten für steuerfreie Betriebsveranstaltungen. Unternehmen sollten bei Planung und Durchführung von Festivitäten die Neuerungen im Blick behalten, sagt Stefan Rattay von der WWS.
Geld sparen mit Ausgaben fürs Personal
Um Mitarbeiter zu motivieren, muss es nicht immer eine Gehaltserhöhung sein. Oft könnte man ihnen das eine oder andere Extra gewähren. Welche Leistungen Unternehmer ihren Mitarbeitern steuerfrei oder pauschal versteuert gewähren können, wissen Alexander Littich und Mathias Paintner von ECOVIS.