Ein unterschiedliches Dienstalter kann grundsätzlich auch bei gleicher Arbeit Entgeltunterschiede rechtfertigen und stellt insbesondere keine Diskriminierung von Frauen dar. Ein höheres Dienstalter geht regelmäßig mit mehr Berufserfahrung und besseren Leistungen einher. Arbeitgeber müssen daher nicht besonders darlegen, dass der Rückgriff auf das Kriterium Dienstalter zur Erreichung eines legitimen Ziels geeignet ist, es sei denn, ein Arbeitnehmer liefert Anhaltspunkte, die geeignet sind, ernstliche Zweifel in dieser Hinsicht aufkommen zu lassen.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist britische Staatsangehörige und bei einer Behörde beschäftigt. Sie wandte sich mit ihrer Klage dagegen, dass vier männliche Kollegen mit demselben Aufgabenbereich und derselben Entgeltgruppe aufgrund ihres höheren Dienstalters deutlich mehr verdienen würden als sie. Hierin liege eine Verletzung des Artikels 141 EG, wonach Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ein gleich hohes Gehalt beanspruchen könnten. Das Kriterium des Dienstalters als Entgelt bestimmender Faktor benachteilige Frauen, weil diese im Durchschnitt ein deutlich geringeres Dienstalter aufweisen würden als Männer.
Das mit der Sache befasste britische Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob dieses an seiner Rechtsprechung festhalte, dass Arbeitgeber den Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters als Entgelt bestimmenden Faktor nicht besonders zu rechtfertigen bräuchten.
Der Europäische Gerichtshof hat dies bejaht und dazu ausgeführt, dass der Grundsatz "gleiches Entgelt für gleiche Arbeit" gemäß Artikel 141 EG Arbeitgeber regelmäßig nicht verpflichtet, den Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters als Entgelt bestimmenden Faktor besonders zu rechtfertigen. Dies gilt auch, wenn die Anwendung dieses Faktors Ungleichheiten bei der Vergütung von männlichen und weiblichen Beschäftigten zur Folge hat.
Es stellt ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik dar, die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten. Insoweit stellt das Dienstalter regelmäßig ein geeignetes Kriterium dar, um dieses Ziel zu erreichen, da ein höheres Dienstalter mit einem Plus an Berufserfahrung verbunden ist und die Arbeitnehmer häufig befähigt, ihre Aufgaben besser zu erfüllen als weniger erfahrene Kollegen.
Etwas anderes gilt allerdings, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, dass im konkreten Fall ernstliche Zweifel daran bestehen, dass das höhere Dienstalter mit einer größeren Berufserfahrung einhergeht oder diesen Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
In diesem Fall muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die allgemeine Regel auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz zutrifft. (Rechtsanwalt Stefan Engelhardt/mf)