Sich zu vernetzen, neue Business-Kontakte zu knüpfen und davon zu profitieren, fällt einigen schwer. Doch Networking ist oft der Schlüssel zum Erfolg: Vom Kita-Platz bis zur offenen Stelle läuft so ziemlich alles über Kontakte. Gut, dass die Netzwerk-Expertin und Buch-Autorin Monika Scheddin ihre besten Tipps verrät, wie man erfolgreich Kontakte knüpft – und sie auch hält.
Frau Scheddin, warum ist Netzwerken so wichtig?
Monika Scheddin: Netzwerken ist die einzige Lebensversicherung, die wir haben. Das gilt für Einzelpersonen genauso wie für Unternehmen. Wenn ich heute netzwerke, dann habe ich die erste Beute in zwei Jahren – es dauert einfach. Auch Firmen müssen in der Lage sein, zwei Jahre im Voraus zu denken und branchenübergreifend zu verstehen, was auf einen zukommt.
Warum braucht man denn zwei Jahre?
Scheddin: Als Faustformel gilt: Man braucht sieben Kontakte oder Begegnungen und etwa zwei Jahre Beziehungsarbeit, bis Beziehungen belastbar sind. Aber das ist das größte Problem: Vielen fehlt beim Netzwerken das Ziel vor Augen. Für Privatpersonen kann das sein: Wo will ich hin und wer kann mich dabei unterstützen? Für Firmen wäre das: Wir wollen eine neue Software etablieren – was macht die Konkurrenz? Wo können wir eigene Fehler vermeiden?
Ich habe ein Ziel vor Augen – und nun?
Scheddin: Jetzt kommt das Schwierige: Sobald ich netzwerke, muss ich das Ziel vergessen. Ich muss die Person mir gegenüber wertschätzen und mit einer sogenannten absichtslosen Absicht herangehen. Niemand wird gern als Beutetier gejagt!
Das ist sicherlich schwierig.
Scheddin: Natürlich! Wir alle haben eine Absicht, aber die muss man zuerst zurückstellen. Man sollte sehen, was einen mit dem Gegenüber verbindet, welches Thema man gemeinsam hat. So arbeitet man sich beim Smalltalk von leicht zu schwer, von oberflächlich zu persönlich durch. Ein guter Gesprächsstoff bietet immer ein Programmpunkt bei einer Veranstaltung. So kann man sich an den anderen rantasten. Gemeinsames finden, Trennendes freundlich ignorieren.
Gerade dieser Smalltalk fällt vielen schwer.
Scheddin: Dafür gibt es mehrere Gründe. Wir Deutschen haben einfach keine Smalltalk-Kultur. Ein guter Smalltalker ist jemand, der aktiv zuhört und der echtes Interesse am Thema und am Gegenüber hat. Gleichzeitig haben zu wenige Firmen echte Ziele. Wie sollen die Führungskräfte gut netzwerken, wenn das Unternehmen nur vage Absichtserklärungen vorgibt? Da schwimmen die Mitarbeiter oft. Hinzu kommt: Wir haben alle genug zu tun, jeder ist im Stress. Vielen fällt Netzwerken schwer, weil sie das Gefühl haben, dass sie beim Herumstehen und Plaudern nichts leisten. Aber Netzwerken ist Arbeit. Wer sich richtig engagiert, der investiert sehr viel Zeit hinein.
Was man beim Vernetzen falsch machen kann
Oft heißt es, dass Netzwerken auf Golfplatz gut funktioniert oder bei Seminaren. Stimmt das?
Scheddin: Das tut es auch. Vor allem Männer sind darin sehr gut. Man kann aber auch fachlich sehr gut netzwerken, indem man zum Beispiel im Fachverband der eigenen Branche ein Amt übernimmt. Und vor allem eines ist wichtig: Visitenkarten sind kein Netzwerk.
Aber sind nicht mehr Kontakte besser als weniger?
Scheddin: Die Masse an Kontakten ist uninteressant, wenn ich über keine Qualitätskontakte verfüge. Nehmen wir als Beispiel Xing: In diesem Netzwerk kann man Hunderte Kontakte haben, aber man sollte sich fragen, ob sie auch zu seinem persönlichen Ziel passen. Ich persönlich bestätige nur Menschen, die ich einmal vorher getroffen habe. Wenn ich eine standardisierte Anfrage ohne Anrede von jemandem bekomme, der 1.500 Kontakte hat – dann fühle ich mich nicht gemeint.
Was kann man denn beim Netzwerken alles falsch machen?
Scheddin: Viele unterschätzen Leute aufgrund des Äußeren. Zum Beispiel kenne ich eine Geschichte von einer Messe, wo ein etwas abgerissen wirkender Mann sich an einem Stand nach Maschinen erkundigte. Er wurde kaltschnäuzig behandelt. Später stellte sich heraus, dass er der Inhaber einer großen Bekleidungsfabrik war. So ging ein riesiger Auftrag durch die Lappen. Aber das Wichtigste ist: Wenn ich in Erinnerung bleiben will, muss ich mich positionieren.
Was genau bedeutet das?
Scheddin: Man muss einen Eindruck hinterlassen. 80 Prozent der Menschen bleiben einfach nicht in Erinnerung. Warum? Weil sie kompetent in Erinnerung bleiben wollen. Aber das funktioniert nicht. Man muss etwas anderes machen, sich interessant machen, nur so klappt es. Selbst, wenn man dabei vermeintlich peinlich auffällt. Mir ist so etwas mal passiert. Bei einem Vorstellungsgespräch traf ich mich mit meinen beiden (späteren) Chefs. Auf dem Weg zum Restaurant gab das Kölner Kopfsteinpflaster meinem Stiefel schnell den Rest: Kaum war ich ein paar Schritte gegangen, brach mit ein Absatz ab. Innerlich war mir das unglaublich peinlich. Aber ich bat die beiden darum, mir dabei zu helfen, den anderen Absatz auch noch zu entfernen. Später bekam ich dann den Job, weil ich als nachweislich krisenerprobt galt. So bin ich den Vorgesetzten in Erinnerung geblieben.
Wie kann man denn ohne eine Extremsituation wie der Ihrigen in Erinnerung bleiben?
Scheddin: Am besten funktioniert das mit einem einzigen Satz. Zum Beispiel können sich die wenigsten Leute in einem Satz vorstellen. Denken Sie an den berühmten Elevator-Pitch! So können Sie sich vorstellen mit "Ich habe für die Firma ein CRM-System eingeführt und dafür haben wir einen Preis bekommen".
Wirkt das nicht arrogant?
Scheddin: Nun, es gibt Angeben und "Angeben". Wenn ich mich wirklich darüber freue, diese Freude zeige, dann wirkt man nicht arrogant, sondern sympathisch und zielgerichtet. Freude ist die beste Form der Positionierung.
Warum Vernetzten ein absolutes Muss ist
Ich netzwerke und netzwerke – und nichts kommt dabei rum. Was mache ich falsch?
Scheddin: Vielleicht fehlt das Ziel. In anderen Fällen ist man als Person nicht spürbar. Wer nichts von sich preisgibt und sich als Maschine verkauft, bei dem können Leute nicht andocken. Oder: Man hat nicht die richtigen Formate, die zu einem passen. Ob man zu den Toastmasters, zu den Wirtschaftsjunioren geht oder zum Elephantsclub muss man wissen.
Sollte man sich innerhalb einer Firma mit im Rang unter einem stehenden vernetzen?
Scheddin: Das kann schwierig sein, schließlich wird man am Umgang gemessen. Wenn ich Menschen mit Kanten mag, darf ich sie dann auch offiziell mögen? Das muss man beachten. Aber wenn ich mich als gestandener Manager mit Jüngeren vernetze, bringt das Anerkennung. Über sie finde ich vielleicht gute neue Mitarbeiter, bekomme frische Impulse und gute Fragen. Ich halte es so: Ich vernetze mich mit denjenigen, die sehr viel jünger sind als ich und mit denen, die sehr viel älter sind.
Aber wenn ich erfolgreich bin, muss ich mich dann wirklich noch vernetzen?
Scheddin: Das ist ein absolutes Muss! Will ich die Stelle wechseln, fragt sich das neue Unternehmen, welche Kontakte man mitbringt – Netzwerken ist also ein Verkaufsvorteil. Ich kann zum Beispiel Mitglied in Business-Netzwerken sein oder in Branchennetzwerken. Heutzutage sieht das Berufsleben so aus: sieben Jobs in zwei Branchen. In diesen Zeiten ist Networking also ein Verkaufsvorteil. Man sollte daran denken: Ich muss mir ein Netzwerk aufbauen, bevor ich es brauche, damit ich es bei Bedarf rasch abrufen kann.
Möchten Sie uns noch ein Geheimnis verraten?
Scheddin: Die besten Kontakte habe ich geknüpft, als ich um Unterstützung gebeten habe. Das ist natürlich unangenehm. Eine befreundete Managerin hatte ich gebeten, an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen. Das war nicht nur an einem Samstag, sondern auch noch an ihrem Geburtstag. Wir sind heute noch vernetzt. Man sollte immer bedenken: Menschen netzwerken nicht für die Sache, sondern für dich. Produkte und Dienstleistungen sind austauschbar – aber Menschen nicht.
Wann hat man denn die Netzwerkperfektion erreicht?
Scheddin: Wenn man nur noch reagieren muss. Einerseits kann man bienchenfleißig sein und anrufen oder schreiben. Oder man hat seine Anziehungskraft so erhöht, dass die Leute von selbst auf einen zukommen. Man kann sich auch firmenintern als Experte für eine bestimmte Sache etablieren. Hat man einmal eine bestimmte Sichtbarkeit erreicht, kommen die Vorgesetzten ganz allein auf einen zu. Das braucht zwar mehr Zeit, bis man sich ein solches Netz aufgebaut hat – ist aber deutlich angenehmer. (tö)