Das jüngste Erdbeben in der japanischen Hauptprovinz Honshu hat in einem der LCD-Glassubstrat-Werke von Corning in Shizuoka zum Produktionsstopp geführt, wie die amerikanische Nummer eins auf dem Weltmarkt Mitte August 2009 bestätigte. Die ohnehin bestehende Glas-Knappheit könnte sich damit noch verstärken.
"Wir sind erleichtert, dass laut ersten Meldungen keine Corning-Mitarbeiter verletzt wurden", wird CFO und Vice President James B Flaws von "Digitimes" zitiert.
Die Produktion von Glassubstraten (Muttergläsern für LCD-Panels) in Shizuoka wurde ihm zufolge aber voraussichtlich auf längere Sicht eingestellt.
Das Unternehmen wolle sich aber bemühen, die Nachfrage der Kunden zu befriedigen, indem man den Neustart von vorübergehend stillgelegten Glasschmelzöfen in anderen Fabriken beschleunige.
Weiter sagte Cornings Finanzchef, dass das Glas-Produktionsvolumen im dritten Quartal niedriger ausfallen wird als ursprünglich geplant. Für das vierte Quartal seien aber nach aktueller Einschätzung der zu erwartenden Marktlage keine wesentlichen Lieferschwierigkeiten zu befürchten.
Von dem Erdbeben in Honshu nicht betroffen war ein weiteres japanisches Werk, die Produktion in dem japanisch-amerikanischen Joint-Venture Samsung Corning Precision Glass in Südkorea ebenso wenig. Darüber hinaus hat das Unternehmen noch weitere Fabriken.
Ausreichend Glassubstrat für 2008 und 2009 erwartet (Juni 2008)
AUO baut Panel-Fabrik der elften Generation (Plan Q3/08)
Wie Paul Butler, Analyst bei der europäischen DisplaySearch-Schwester Meko aus Großbritannien, erklärte, dauert so ein Prozess normalerweise drei Monate. Denn nicht nur die Schmelzöfen müssen gereinigt und wieder betriebsklar gemacht werden. Gleiches gilt auch für die Wasserbecken, in denen die extrem dünnen und großen Gläser schwimmend gehalten werden müssen.
Nach Ausbruch der Weltfinanzkrise ist die Nachfrage nach LCD-Panels im vierten Quartal 2008 stark eingebrochen. Hinzu kam eine künstliche Verknappung zur Stützung der erodierenden Preise. Das wiederum hat die Mutterglaslieferanten wie Corning und Asahi bewogen, ihre Produktion herunterzufahren und sogar ganze Werksanlagen abzuschalten.
Mit immer größer werdenden LCD-TVs wächst auch die Nachfrage nach immer größeren Muttergläsern. Sharp war der erste Hersteller mit einer laufenden 8G-Produktion (G für Generation) zur Verarbeitung von 5,3 qm großen Muttergläsern und hat ursprünglich schon für 2009 die Inbetriebnahme eines 10G-Werkes für 8,7 qm große Muttergläser angekündigt.
Selbst von 11G- und 12G-Fabriken ist schon die Rede. Dort müssten 10,8 qm respektive 13,2 qm große Gläser verarbeitet werden, diese kann aber noch niemand liefern, Corning nicht und Asahi auch nicht. Letzterer hat übrigens die Ethylen-Tetrafluorethylen- (ETFE-) Folienkissen für Münchens Allianz Arena geliefert (siehe Bild). Der Schritt von Generation zu Generation ist sehr aufwändig und anfangs stets mit viel Ausschuss verbunden, weil die Gläser gleichzeitig immer dünner werden.
Als die LCD-Nachfrage im zweiten Quartal 2009 wieder anzog, kam es folglich zu Glas-Lieferengpässen, welche die Panel-Preise und teilweise auch die für Geräte (Monitore, Notebooks und TVs) nach oben gezogen haben.
Der kleine taiwanesische Panel-Hersteller Chunghwa Picture Tubes (CPT) mit Taiwans Elektronikriesen Tatung als größten Anteilseigner hat gerade berichtet, dass die Glas-Knappheit die 4.5G-Produktion für das vierte Quartal gefährde. Meko-Analyst Butler dürfte daher Recht haben, dass die Glasengpässe noch einige Zeit anhalten, auch wenn Asahi aus Japan Anfang Juli 2009 erklärt hat, dass in Kürze wieder alle Produktionskapazitäten zur Verfügung stehen.
Den Analysten von DisplaySearch zufolge ist der Bedarf an Muttergläsern im zweiten Quartal 2009 um 26 Prozent gestiegen, wobei die aktuell verfügbaren Produktionskapazitäten voll ausgeschöpft wurden. Corning hat in den drei Monaten stark zugelegt und Produktionsziele hoch gesetzt. Der Ausfall der Fabrik in Japan macht letzterem nun einen Strich durch die Rechnung. (kh)